In der Gemeinde Fuyong in Shenzhen kennt man bei den Firmen eine
Steuerbeamtin, die alle nur „Tante Lian“ nennen. Sie ist mit ihren
sechzehn Kollegen für mehr als 2.600 Steuerzahler zuständig. Allein
im Jahr 1997 haben sie 96 Millionen Yuan an Steuergeldern kassiert,
wodurch sie den zweiten Platz im reichen Verwaltungsgebiet von
Baoan belegen.
„Tante Lian“ heißt mit vollem Namen Zhu Lilian, ist 48 Jahre alt
und arbeitet seit über 20 Jahren bei der Steuerbehörde, obwohl es
eigentlich heißt, bei der Steuerbehörde arbeite man nicht lange. Um
sich an die veränderte Situation anzupassen, geht Zhu Lilian seit
einigen Jahren drei, viermal in der Woche zur Abendschule. Ihr
Ehrgeiz hat alle jungen Mitarbeiter zur fachlichen Weiterbildung
angespornt. Deshalb schneiden die Beamten der Steuerbehörde Fuyong
bei der Steuerfacharbeiterprüfung stets überdurchschnittlich ab. In
der Behörde Fuyong gibt es eine sehr strenge Arbeitsregelung, und
zwar die „3 Gebote“: 1. Zeitliche Flexibilität beim Einsatz, 2.
Schnelle Aktenbeschaffung, 3. Rasche Abgabe der Steuerbilanz.
Außerdem gibt es die „3 Verbote“: 1. Kein Aktenverlust, 2. Keine
Steuerminderung, 3. Keine Fehlbilanz. Schließlich die „3
Prüfungen“: 1. Prüfung der Vorlagen, 2. Prüfung der Buchhaltung, 3.
Prüfung der Steuererklärungen. Dies verfolgt das Ziel der
jährlichen Steigerung der Steuereinnahmen. Die Steuerbehörde Fuyong
unter der Verwaltung des Bezirks Baoan der Grundsteuerbehörde der
Stadt Shenzhen ist seit diesem Jahr Versuchsstelle für ein offenes
System der Grundsteuer mit festen Beträgen, damit der Steuerzahler
und die Gesellschaft Einblick in die Steuerbehörde gewinnen können.
Dieses Projekt gilt als Vorzeigeprojekt der Regierung. Die
Steuerbehörde von Zhu Lilian ist seit 10 Jahren vorbildliche
Einheit der Regionalregierung und der Steuerbehörden der Provinz
und des Staates.
Zhu Lilian vergleicht ihre Arbeit mit einem Spaziergang am Ufer,
denn es gibt viel zu viele Versuchungen. Einmal haben Zhu Lilian
und ihre Mitarbeiter bei einer Baufirma eine Steuerhinterziehung
von über 1,1 Millionen Yuan aufgedeckt und forderten den Betrag
sowie eine Geldbuße ein. Kurz bevor sie von der Arbeit nach Hause
ging, kam eine schick gekleidete Dame in ihr Büro, es war die
Finanzmanagerin jener Firma. Sie legte einen dicken Briefumschlag
auf Zhu Lilians Schreibtisch und sagte leise: „Hier ist ein kleines
Präsent unserer Firma!“ Zhu Lilian jedoch schob den Briefumschlag
von sich weg und rief voller Strenge im Namen der Gerechtigkeit:
„Ich bin nicht käuflich!“ Als die Dame sah, daß Zhu Lilian nicht in
Versuchung zu führen war, gab sie auf.
Die einfache Zhu Lilian sagt: „Bei der Steuerfahndung habe ich
schon Verwandten, Chefs und manchen meiner eigenen Vorgesetzten,
die etwas durch Korruption erreichen wollten, den Marsch geblasen.
Ich bin stets fest überzeugt, daß es die Pflicht einer
Steuerbeamtin ist, die Würde des Steuergesetzes des Staates zu
schützen. Ich darf die Prinzipien und mein Gewissen nicht
verraten.“
Es
war der Gerechtigkeitssinn Zhu Lilians für Partei und Volk, der ihr
gesellschaftliche Anerkennung zu teil werden ließ. Kürzlich wurde
sie zur Delegierten für den 16. Parteitag der Kommunistischen
Partei Chinas gewählt.
(CIIC/9. November 2002)
|