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Der Preis ist die Menschheit: 63. UN-Generaldebatte in New York

german.china.org.cn          Datum: 27. 09. 2008

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Die Einhaltung der Millenniumsentwicklungsziele bis 2015, der Umweltschutz, eine neue Finanzordnung und die Reform des Sicherheitsrates: Das waren laut Ban Ki-moon die wesentlichen Themen der 63. UN-Generaldebatte, die heute in New York endet. Während die Staatschefs einiger reicher Industrieländer kaum bereit sind, ihre gegebenen Versprechen von 2005 zu halten, werden sie von wenigen anderen übererfüllt. 900 Millionen Hungernde weltweit blicken erwartungsvoll nach New York. Der Preis ist die Menschheit.

Die 63. UN-Vollversammlung fällt in eine bedeutungsvolle Zeit. Die derzeitige globale Nahrungsmittelkrise aufgrund drastisch gesteigerter Preise führt zu Hunger in vielen Ländern. Die Klimaerwärmung sorgt für Naturkatastrophen und beunruhigt insbesondere die Bewohner kleiner Inselstaaten. Afrikanische Politiker fragen sich, ob die großen Volkswirtschaften angesichts der Bankenkrise an den Millenniumszielen zur Bekämpfung von Armut, Krankheiten und Analphabetismus festhalten wollen und festhalten können.

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon warnte in seiner Auftaktrede angesichts der Kreditkrise und der Explosion bei Energie- und Lebensmittelpreisen vor einem weltweiten Notstand. Er mahnte eine neue Wertorientierung im Finanzsektor an: "Ein neues Verständnis von Ethik und Verantwortung in der Wirtschaft ist notwendig, mit mehr Mitgefühl und weniger unkritischem Glauben an die 'Magie' des Marktes“. Ban erläuterte die Ironie der Situation: „Die reichen Länder befürchten eine Rezession, während den Ärmsten der Armen das Geld für Essen fehlt“.

Die krisenhafte Entwicklung stellt den Willen und die Fähigkeit der Welt zur Zusammenarbeit auf die Probe. "Wie sehen heute neue Schwerpunkte der Macht und der Führung – in Asien, Lateinamerika und auch in der neu entwickelten Welt. In dieser neuen Welt heißt unser aller Herausforderung Zusammenarbeit, nicht Konfrontation“. Ban warnte vor einem Mangel an globaler Führung und einer Konzentration auf nationalstaatliche Alleingänge. Die Krise erfordere "gemeinsames Handeln", sagte er. "Ich sehe die Gefahr, dass sich Nationen mehr nach innen wenden statt nach außen in Richtung einer gemeinsamen Zukunft." Ausdrücklich kritisierte Ban dabei das Scheitern der Doha-Runde über ein neues Welthandelsabkommen. Die globalen Herausforderungen sind klar: eine gesunde wirtschaftliche Entwicklung und gleiche Chancen für alle, die Beendigung von Hunger und Armut, Schutz und Wiederaufbau der Umwelt und Frieden zwischen den Völkern. Die Lösungsversuche sind oft so verschieden wie die nationalen Interessen.

Brasilien: Neuordnung des Internationalen Währungsfonds. Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva sprach sich für eine Einschränkung von Finanzspekulationen aus. Dafür müssten weltweite Finanzorganisationen wie der Internationale Währungsfonds (IWF) neu geordnet werden, denen er eine tief greifende Vertrauenskrise diagnostizierte. Die Institutionen hätten derzeit "weder die Autorität noch die Instrumente, um die Anarchie des Spekulantentums zu stoppen“, sagte Lula. Außerdem, so Lula, fühlten sich Schwellenländer wie China und Indien in diesen Institutionen unterrepräsentiert. Auch für den Sicherheitsrat mahnte Brasiliens Präsident eine rasche Neuordnung an. Die derzeitige Zusammensetzung des Rats sei ein "Hindernis für die multilaterale Welt", sagte Lula in New York. "Die heutige Struktur ist 60 Jahre alt und den Problemen der heutigen Welt nicht mehr angemessen."

Frankreich: "Regulierten Kapitalismus" wieder aufbauen. Frankreichs Präsident Sarkozy schlug in seiner UN-Rede einen Krisengipfel für den November vor, wo man über die Konsequenzen der Finanzkrise beraten solle. Staats- und Regierungschefs sollten "gemeinsam darüber nachdenken, welche Lehren wir aus der schwersten Finanzkrise seit den 1930er Jahren ziehen", sagte Sarkozy. Ziel des Treffens solle sein, "einen regulierten Kapitalismus wiederaufzubauen, in dem die Banken ihren eigentlichen Job erfüllen, nämlich Finanzen für die wirtschaftliche Entwicklung bereitzustellen anstatt sich auf Spekulationen einzulassen“, sagte Sarkozy. Der Gipfel könne im Rahmen der G-8-Länder stattfinden und "anderen großen Volkswirtschaften offen stehen“.

Sarkozy sagte auch, die Welt des 21. Jahrhunderts könne nicht mit den Institutionen des 20. Jahrhunderts regiert werden. Sein Lösungsvorschlag besteht in einer Vergrößerung des Sicherheitsrats und der G8-Runde.

Großbritannien: Ende des "Zeitalters der Unverantwortlichkeit". Der britische Premier Gordon Brown schlug den Aufbau einer internationalen Bankenaufsicht vor. Dafür sollten die 30 größten Finanzinstitutionen der Welt bis Ende des Jahres einen Vertreter benennen. "Weil die Banken global arbeiten und die Finanzflüsse sowie die von ihnen verursachten Risiken global geworden sind, kann die Aufsicht nicht mehr national sein, sie muss global sein“, sagte Brown. "Dies war das Zeitalter der globalen Hochkonjunktur. Es war auch ein Zeitalter der globalen Turbulenzen. Und dort wo es unverantwortlich zuging, müssen wir nun deutlich sagen, dass das Zeitalter der Unverantwortlichkeit ein für alle Mal beendet werden muss.“ Brown forderte eine neue Weltordnung, die auf Transparenz statt Undurchsichtigkeit basiere. Auf einer Pressekonferenz würdigte er das “geschichtemachende Gipfeltreffen”, bei dem weitere 16 Milliarden Dollar für die Millennium-Entwicklungsziele (MDG) bewilligt wurden. “Dies hat der Welt gezeigt, dass wir angesichts der wirtschaftlichen Herausforderungen mehr und nicht weniger tun müssen, um den Ärmsten der Welt zu helfen“, sagte Brown. Die Geberländer Kanada, Frankreich und Italien haben beschlossen, ihre 2000 gemachten Hilfszusagen von 0,7 Prozent ihres jährlichen nationalen Einkommens nicht einzuhalten.

Deutschland: Reformierter Sicherheitsrat und Abrüstung. Der deutsche Bundesaußenminister und Kanzlerkandidat Steinmeier sagte am Dienstag bei einem Treffen mit afrikanischen Außenministern in New York, Fortschritte bei der Reform des Sicherheitsrats seien unverzichtbar. "Bedrohungen von morgen werden wir nur begegnen können, wenn auch der Weltsicherheitsrat die Welt adäquat widerspiegelt“, betonte Steinmeier. Er habe den Eindruck, "dass wir mit dem 21. Jahrhundert wahrscheinlich das erste Jahrhundert haben, in dem die aktuellen Probleme nur noch gemeinsam zu lösen sind“, sagt er am Mittwoch in einer Diskussion mit Henry Kissinger. In seiner Rede am Freitagabend sprach der deutsche Außenminister über "vorausschauende Außenpolitik" und Abrüstung und forderte gemeinsames Handeln ein. Zur Finanzkrise sagte Steinmeier, gemeinsam müsse man jetzt daran gehen, die längst überfällige Transparenz, Stabilität und Kontrolle auf den Weltfinanzmärkten zu schaffen. "Leichtsinn, Gier und Unvernunft bei den Akteuren haben uns um Jahre zurückgeworfen."

US-Präsident wirbt um Vertrauen. US-Präsident George W. Bush warb um Vertrauen in das Krisenmanagement seiner Regierung angesichts der Finanzturbulenzen. "Ich kann Ihnen versichern,“ hatte er in seiner letzten Rede vor einem UN-Gremium gesagt, „dass meine Regierung und unser Kongress zusammenarbeiten“, sagte er. Im US-Kongress zeichnet sich zunächst noch kein Konsens ab über das geplante Rettungspaket für den US-Finanzsektor, das einen Umfang von bis zu 700 Milliarden Dollar haben soll.

Bush griff Syrien und den Iran scharf an. Beide Länder, so Bush, förderten nach wie vor den Terrorismus. Es genüge nicht, wenn die Vereinten Nationen Terrorakte im Nachhinein verdammten. Bush rief die Staatengemeinschaft auf, gemeinsam gegen Extremismus und Terrorismus vorzugehen. Nach Angaben von Reuters erwähnte Bush in seiner letzten UN-Rede als US-Präsident wesentliche Themen wie den Klimawandel oder die globale Erwärmung gar nicht, während das Wort Terrorismus mehr als dreißig Mal fiel.

Iran fordert weltweite atomare Entwaffnung. Irans Präsident Ahmadinedschad überraschte vor der UN-Generalversammlung: Er forderte die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) auf, einen Bericht über die Waffenarsenale der Atommächte vorzubereiten. So könne die IAEA ihrem eigentlichen Auftrag gerecht werden, auf eine globale nukleare Entwaffnung hinzuarbeiten. Er wies darauf hin, dass bestimmte Großmächte neue Raketenschilde installierten und Massenvernichtungswaffen lagerten, was dem Frieden nicht förderlich sei. Ahmadinedschad meinte, dass eine internationale Organisation alle Atomprogramme weltweit überwachen solle. Er mahnte die IAEA an, geeignete Vorschläge zu machen und sprach sich für die Schaffung eines Entwaffnungskomittees aus, das aus unabhängigen Staaten bestehen und die weltweite nukleare Entwaffnung kontrollieren müsse. Den UN-Sicherheitsrates hält der iranische Präsident für wenig handlungsfähig. Er erleichtere Menschenrechtsverletzungen wie etwa in Palästina und dem Irak, ist sich Ahmadinedschad sicher.

China: Millenniumsziele einhalten und die Finanzkrise gemeinsam meistern. "Es bleiben uns nur noch sieben Jahre, um die Zahl der Menschen zu halbieren, die von weniger als einem Dollar pro Tag leben müssen“, hatte Wen Jiabao vor der UN-Versammlung gewarnt, "ich kann nur hoffen, dass wir als Staatsmänner Hand in Hand arbeiten, um größerere Verantwortungen zu schultern, und den armen Regionen und Menschen der Welt mehr Aufmerksamkeit und Mitgefühl zukommen lassen“. Wen betonte, alle Regierungen sollten zusammenarbeiten, um die fianzielle Krise zu meistern und ihre Hauptpriorität auf die wirtschaftliche Entwicklung der ganzen Welt legen. Allen Ländern solle man das Recht zugestehen, ihren eigenen Weg der Entwicklung zu beschreiten, der ihren nationalen Bedingungen entspräche. Bei der internationalen Hilfe zur Verringerung der Armut stünden die entwickelten Ländern besonders in der Verantwortung, sagte Wen. "Hilfe soll selbstlos und ohne Hintergedanken geleistet werden, insbesondere für die am wenigsten entwickelten Länder und Regionen", mahnte Wen. Er schlug den Geberländern vor, die Mittel für das Welternährungsprogramm in den nächsten fünf Jahren zu verdoppeln. Die internationale Gemeinschaft müsse noch mehr tun, um die Schulden der am wenigsten entwickelten Länder abzubauen oder ganz zu erlassen. Die Exportprodukte dieser Ländern sollten nicht mit Einfuhrsteuern belegt werden.

Die Millenniumsentwicklungsziele. Im Jahr 2000 verpflichteten sich die auf dem UN-Millenniumsgipfel zusammengekommenen 189 Staats- und Regierungschefs, die extreme Armut bis zum Jahr 2015 zu halbieren sowie weitere Ziele zur Förderung sozialer und ökologisch nachhaltiger Entwicklung zu verfolgen. Die aus der Millenniumserklärung abgeleiteten acht UN-Millenniumsentwicklungsziele (MDG) lauten:

• 1: Beseitigung der extremen Armut und des Hungers

• 2: Verwirklichung der allgemeinen Primärschulbildung

• 3: Förderung der Geschlechtergleichheit und Stärkung der Rolle der Frau

• 4: Senkung der Kindersterblichkeit

• 5: Verbesserung der Gesundheit von Müttern

• 6: Bekämpfung von HIV/AIDS, Malaria und anderen Krankheiten

• 7: Sicherung der ökologischen Nachhaltigkeit

• 8: Aufbau einer weltweiten Entwicklungspartnerschaft

Neben den acht Hauptzielen wurden 18 Unterziele sowie 48 Indikatoren festgelegt, an denen sich die Umsetzung der MDG messen lassen soll. Obwohl die Hälfte der Zeit bereits abgelaufen ist, sind einige Ziele noch in weiter Ferne. Die drei reichen Länder Frankreich, Kanada und Italien hatten versprochen, 0,7 Prozent ihres nationalen Einkommens zu verwenden, um die globale Armut bis 2015 zu halbieren. Die Regierungen dieser Länder haben ihre Versprechen und finanziellen Zusagen bisher nicht eingehalten, während Länder wie Dänemark, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen und Schweden ihre Versprechen übererfüllen.

China und die Millenniumsentwicklungsziele. "Die Schwerpunkte der UN-Milleniumsentwicklungsziele (MDG) sind denen des chinesischen xiaokang ähnlich,“ sagte am Donnerstag in New York Khalid Malik, Koordinator der Vereinigten Nationen in China. “Xiaokang” oder bescheidener Wohlstand wurde 2002 entsprechend der acht Ziele des Millenniumsgipfels von 2000 angepasst. Es wurden klare Ziele definiert und Indikatoren zu deren Erreichung eingeführt. Die Ähnlichkeit und teilweise Deckungsgleichheit des xiaokang mit den MDG hat China als Nation und den Vereinten Nationen als Vertreterin der Völker der Welt gleichermaßen geholfen, der Erreichung der MDG näher zu kommen.

Die chinesische Regierung hat am Mittwoch in New York den Vereinten Nationen den aktuellen Bericht (Version 2008) über den gegenwärtigen Stand der Umsetzung der UN-Millenniumsentwicklungsziele im Reich der Mitte übergeben. Der stellvertretende chinesische Außenminister, He Yafei, hatte dabei erklärt, China habe die MDG in seine sozioökonomische Entwicklung integriert, so dass für die chinesische Bevölkerung die Reduzierung der Armut als auch die Bekämpfung des Analphabetismus vorzeitig erreicht worden seien. Bis ins Jahr 2015 will China alle UN-Entwicklungsziele umgesetzt haben.

Quelle: german.china.org.cn

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