Einflüsse der Steigerung der Ölpreise auf China


Nach dem 16 Monate andauernden Verfall der Ölpreise ist seit März 1999 eine ständige Preissteigerung auf dem internationalen Erdölmarkt zu verzeichnen. Mit 35-36 US-Dollar pro Barrel hatten die Ölpreise ihren höchsten Stand erreicht. Mittlerweile liegen sie bei 33-34 US-Dollar pro Barrel. Die Preissteigerung wie der Preisverfall bringen die Erdölindustrie und den internationalen Erdölmarkt wieder einmal in Bedrängnis. Das China Internet Informationscenter (kurz: CIIC, mit der Webadresse: www.china.org.cn) befragte dazu Song Wucheng, Forschungsrat des makroökonomischen Forschungsinstituts bei der Staatlichen Kommission für Planung und Entwicklung.

CIIC: Was ist der wirkliche Grund für die jetzt wieder ständig steigenden Ölpreise auf dem internationalen Markt? Welche neue Veränderungen bringt das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Erdölmarkt mit sich?

Song: Die Frage hinsichtlich der Ölpreise ist nach wie vor sehr kompliziert. Es handelt sich hier um viele Faktoren. Die diesmalige Steigerung der Ölpreise ist auf den Widerspruch zwischen den Öllieferanten und den -verbrauchern zurückzuführen und spiegelt einen heftigen Kampf zwischen den beiden Seiten für ihre jeweiligen Interessen wider.

Im März 1999 trafen die OPEC-Staaten eine Vereinbarung über die Beschränkung der Erdöl-Fördermengen, nach der die Ölpreise auf einem rationalen Stand von 18-22 US-Dollar pro Barrel gehalten werden soll. Auch weitere wichtige Ölproduzenten außer der OPEC wie Rußland, Norwegen, Oman und Mexiko nahmen an der Beschränkung der Fördermengen teil, was in der internationalen Gemeinschaft Bestürzung hervorgerufen und zur Steigerung der Ölpreise geführt hat. Auf der OPEC-Konferenz im März 2000 wurde ein Mechanismus für die Aufrechterhaltung eines rationellen Standes der Ölpreise ausgearbeitet, nach dem ein Ölpreis von 22-28 US-Dollar pro Barrel festgelegt wurde. Wenn der Ölpreis unter 22 US-Dollar pro Barrel fällt, sollten die OPEC-Staaten ihre Tagesförderung automatisch um 500 000 Barrel reduzieren, um so einen Preissturz zu vermeiden. Wenn der Ölpreis 28 US-Dollar übertrifft, sollten die OPEC-Staaten ihre Tagesförderung um 500 000 Barrel erhöhen, um so den Ölpreis pro Barrel unter 28 US-Dollar zu halten. Am 14. August 2000 forderte Hugo Chavez, OPEC-Präsident und zugleich Präsident Venezuelas, während seiner Besuche in den 10 OPEC-Staaten diese dazu auf, eins zu werden und ihre Bemühungen zu verdoppeln, um dem Druck einiger Großmächte auf die OPEC standzuhalten, an der Unabhängigkeit festzuhalten, die eigenen Interessen zu schützen und den Ölpreis auf einem Stand von 30 US-Dollar pro Barrel zu halten.

Darauf reagierten die Erdölverbraucher heftig. Am 27. Juli 2000 verabschiedete eine Anti-Trust-Organisation im US-Senat eine Resolution, die den Präsidenten ermächtigt, Sanktionen gegen die OPEC-Staaten zu erlassen, wenn der Ölpreis pro Barrel die 28 US-Dollar-Grenze überschreitet. Als der Ölpreis auf dem Londoner Markt am 8. September 2000 auf 34 US-Dollar pro Barrel stieg, gab die Konferenz der Finanzminister von 15 EU-Staaten sofort eine Erklärung ab, die die OPEC-Staaten aufforderte, ihre Produktion zu steigern. Am 10. September 2000 erließen die Finanzminister von 21 APEC-Staaten auf einer Konferenz einstimmig eine Resolution, mit der Aufforderung, daß die OPEC zur Stabilisierung des internationalen Marktes beitragen sollte. Am selben Tag rief die OPEC auf Druck der Erdölverbraucher in Wien eine Konferenz ein und billigte, ihr Angebot gegenüber dem internationalen Markt ab dem 1. Oktober 2000 täglich um 500 000 Barrel zu erweitern.

Der Ölpreisstreit zwischen den Erdölproduzenten und den -verbrauchern ist in jüngster Zeit immer heftiger geworden. Die andauernde Steigerung der Ölpreise hat dazu geführt, daß die Beziehungen zwischen Konsumenten und Regierungen in einigen Ländern gespannt sind. Die Konsumenten in Großbritannien und in Frankreich gingen zur Demonstration auf die Straße oder belagerten Ölraffinerien und Tankstellen. Außer dem Widerspruch zwischen Angebot und Nachfrage haben irreführende Berichte einiger Medien zu psychologischen Unruhen der Konsumenten geführt, so daß es in einigen Ländern zu einem Ölkaufansturm gekommen ist, was nicht nur die Spannung auf dem Markt gesteigert, sondern auch zu einem weiteren Anstieg der Ölpreise geführt hat.

CIIC: Wie lautet Ihr Kommentar zur jüngsten Lage der Ölpreise auf dem internationalen Markt? Bis wann wird die Tendenz zum Anstieg der Ölpreise andauern?

Song: Von der gegenwärtigen Lage aus betrachtet, werden die Rohölpreise auf dem internationalen Markt vom vierten Quartal dieses Jahres bis zum ersten Quartal des kommenden Jahres weiter mit bis zu über 25 US-Dollar pro Barrel auf ihrem hohen Stand bleiben, sie werden zwischen 22 und 28 US-Dollar pro Barrel schwanken. Dies ist eine Maßnahme der OPEC, um den Preisverfall durch Drosselung der Förderung zu vermeiden. Wenn der Ölpreis pro Barrel die 28 US-Dollar-Grenze überschreitet, wird die internationale Gemeinschaft eine gemeinsame Aktion gegen die OPEC starten. Prognosen des Internationalen Währungsfonds (IMF) zufolge wird der Durchschnittspreis für Öl im Jahr 2000 24,5 US-Dollar pro Barrel betragen, während der Durchschnittspreis des OPEC-Öls 25 US-Dollar pro Barrel erreichen wird. US-Präsident Bill Clinton forderte jedoch die OPEC-Staaten auf, die Rohölpreise auf 20-25 US-Dollar pro Barrel festzulegen. Bis zum Jahr 2001 werden die Ölpreise bei 18-25 US-Dollar pro Barrel liegen. Im zweiten Quartal werden die Ölpreise möglicherweise zurückgehen.

CIIC: Welche Einflüsse hat der Anstieg der Ölpreise auf China gehabt?

Song: Zweimalige beträchtliche Preisänderungen auf dem internationalen Erdölmarkt seit 1998 haben China ungünstig beeinflußt. Ein wichtiger Grund lag darin, daß sich die Erdölindustrie Chinas noch nicht gründlich von der planwirtschaftlichen Steuerung gelöst hat.

Beim Preisverfall auf dem internationalen Ölmarkt im Jahr 1998 erlitt China einen großen Verlust, wobei der Gesamtgewinn der beiden größten staatlichen Erdölunternehmen -- der Erdölgesellschaft und der Petrochemiegesellschaft-- um mehr als 10 Milliarden Yuan und der der Off-shore-Bohrungsunternehmen um mehr als 4 Milliarden Yuan reduziert wurden. Während des Verfalls der Ölpreise sollte man mehr Öl importieren als exportieren. Statt dessen wurde Chinas Ölimport im Jahre 1998 in großem Maße reduziert. Während der Erhöhung der Ölpreise in diesem Jahr sollte man mehr Öl exportieren als importieren. Statt dessen wurde der Ölexport Chinas in der ersten Hälfte 2000 reduziert (nur 3 Millionen t), während das importierte Öl 32,41 Millionen t erreichte, 29,8 Millionen t mehr als im gleichen Zeitraum 1999. Der Durchschnittspreis des importierten Öls betrug 1999 101 US-Dollar/t. Dieser Preis ist in der ersten Hälfte dieses Jahres auf 192 US-Dollar/t gestiegen. Das heißt, daß die Ausgaben Chinas für den Import von Öl in der ersten Hälfte dieses Jahres 3 Milliarden US-Dollar höher waren als im gleichen Zeitraum 1999. Schätzungen zufolge werden die Ausgaben Chinas für den Import von Rohöl im Jahr 2000 40 Milliarden Yuan höher als 1999 sein. Dies beweist, daß Chinas Wirtschaftsmechnismus den Marktveränderungen noch nicht gerecht wird. Im Gegensatz dazu nutzten die USA 1998 die Gelegenheit des Preisverfalls auf dem internationalen Erdölmarkt aus, mehr als 100 Millionen t Erdöl mehr als ursprünglich vorgesehen importiert zu haben, wodurch sie einen Gewinn in Höhe von 5 Milliarden US-Dollar erwirtschaftet haben. Daher müssen wir den Schritt zur Vermarktung von Grund auf beschleunigen. Insbesondere nach dem Beitritt Chinas zur WTO muß der Staat die Steuerungsweise für den Ölpreis verbessern und die Rolle des Marktmechnismus voll zur Geltung bringen, damit die Unternehmen die wirklichen Hauptträger auf dem Markt werden.

CIIC: Welche Maßnahmen wird China angesichts der Erhöhung der Ölpreise ergreifen?

Song: Meiner Meinung nach sollte China die folgenden Maßnahmen ergreifen:

1. Eine nationale Erdölbörse muß eingerichtet werden. Nach dem Beitritt Chinas zur WTO sollten Unternehmen wirklich die Hauptträger auf dem Markt werden, in die die Regierung sich nicht mehr einmischen soll. Daher ist es notwendig, im Inland eine Erdölbörse zu errichten. 1995 gab es in China einige Erdölbörsen. Aufgrund der mangelhaften Verwaltung gerieten diese jedoch außer Kontrolle und wurden schließlich von der Regierung geschlossen. In der gegenwärtigen Lage ist es notwendig, eine Erdölbörse wiederherzustellen, um so internationale Erdölressourcen und ausländisches Kapital anzuziehen und dazu beizutragen, einen offenen, fairen und gerechten Handel zu treiben, Schmuggel und Spekulationsgeschäfte in Schranken zu halten und den Schritt Chinas zum Anschluß am internationalen Erdölmarkt zu beschleunigen.

2. Das Problem hinsichtlich der Erdöl-Reservensicherheit ist so schnell wie möglich zu lösen. Der Staat hat begonnen, diesem Problem Aufmerksamkeit zu schenken, und es in seinen 10. Fünfjahresplan aufgenommen. China plant, während des 10. Fünfjahresplans seine Erdöl-Reservenkapazität auf 5 Millionen t zu steigern. Ich finde, daß wir in diesem Bereich den Schritt beschleunigen sollen. Was die Finanzen anbelangt, sollte diese Frage durch die Emmission von Staatsobligationen oder von der Regierung und Unternehmen gemeinsam gelöst werden. Hinsichtlich dieses Problems gibt es momentan in der Welt drei Lösungen. In den USA werden alle Kosten für den Aufbau der Erdöl-Reservenkapazität von der Regierung getragen, in Frankreich werden sie laut Gesetz von Unternehmen getragen, während in Japan die Regierung und Unternehmen die Kosten in diesem Bereich teilen. Von den Gegebenheiten Chinas aus gesehen, kann es Japans Methode als Beispiel heranziehen. Außerdem sollte der Staat entsprechende politische Maßnahmen ausarbeiten, um so die Erdölunternehmen zu ermutigen, Kapital zur Lösung ihres jeweiligen Reservenproblems aufzubringen. Wenn alle Erdölunternehmen ihre eigenen Reservenprobleme gelöst haben werden, wird die Sicherheit der Öllieferung des Staates gewährleistet sein.

3. Der Erforschung der richtigen Strategie für den Ölimport ist Priorität einzuräumen. Der Import von Erdöl soll nach der inländischen und der internationalen Lage und deren zukünftigen Entwicklung festgelegt werden.

4. Die Strategie der niedrigen Selbstkosten ist nach wie vor das Ziel von Erdölunternehmen. Der internationale Wettbewerb ist in der Tat ein Wettbewerb zwischen Preisen und Selbstkosten und der zwischen Produkten. Selbst wenn Unternehmen von der Steigerung der Ölpreise profitiert haben, wollen sie weiter an der Strategie der niedrigen Selbstkosten festhalten.

5. Das Prinzip „Aufschwung der Erdölindustrie durch Wissenschaft und Technik“ muß unverändert bleiben. Es gilt, der Entwicklung der Wissenschaft und Technologie große Aufmerksamkeit zu schenken und mehr petrochemische Produkte mit hohem wissenschaftlich-technologischem Gehalt und hohem Zusatzwert zu produzieren.

6. Die zuständigen Abteilungen der Regierung sollten verdoppelte Anstrengungen unternehmen, um so in den internationalen Angelegenheiten einen rationalen Stand der Ölpreise aufrechtzuerhalten und den internationalen Erdölmarkt zu stabilisieren.

(CIIC vom 1. November 2000)


Nachrichten
Inland
International
Wirtschaft
Reise
Gesellschaf
Autoritative Meinungen
Politische Maßnahmen
Investition
in China
Leben in China
Sprachkurs


Copyright © 2003 China Internet Information Center (CIIC). All Rights Reserved.
E-mail: webmaster@china.org.cn Tel: 86-10-68326688 Fax: 86-10-68997662