Von der "Fabrik der Welt" zum Hightech-Produktionsstandort

22.04.2015

Nach England, Deutschland, Hongkong, Taiwan, Japan und den USA muss sich nun auch das chinesische Festland verändern und mit seiner Wirtschaft im Zeitalter der Globalisierung 2.0. ankommen. Grundlage dafür sind die "vier Säulen" des modernen Wohlstands: die Steigerung des Verbrauchs und der Ausgaben im Inland, die Erhöhung des prozentualen Anteils der Dienstleistungsindustrie (Finanzen, Versicherungen, Immobilien medizinische Versorgung), die Durchsetzung der Strategie des "Ins-Ausland-Gehens" sowie der Übergang von einer "schmutzigen" und kostengünstigen zu einer sauberen Produktion mit hohem Mehrwert.

Der Plan für die ersten beiden Veränderungen, deren Bedeutung in den vergangenen fünf Jahren zugenommen hat, wurde im 12. Fünfjahresplan (2011-2015) klar umrissen.

Die dritte Veränderung, die Durchsetzung der Strategie des "Ins-Ausland-Gehens" (China Going Global), ist ebenso auf einem guten Wege. In diesem Jahr war China erstmals Nettoexporteur von ausländischen Direktinvestitionen; chinesische Unternehmen, Banken, Investoren und Geschäftsleute haben sich auf der ganzen Welt einen Namen gemacht.

Das bringt uns zur vierten Veränderung: dem Wandel der industriellen Produktion.

Die USA, Deutschland und Japan besitzen gesunde Verbrauchermärkte, es sind extrem moderne Dienstleistungsgesellschaften, deren Investitionen, Waren und Dienstleistungen weltweit präsent sind. Gleichzeitig sind sie entgegen der öffentlichen Wahrnehmung auch wichtige Produktionsstandorte. USA, Deutschland, Japan und China sind die vier wichtigsten Fertigungsländer der Welt.

Die USA, Deutschland und Japan zeichnet dieselbe Art von Erfolg aus: Länder und Volkswirtschaften, die langfristig erfolgreich sind und das Entwicklungsplateau bzw. die "Mittlere-Einkommensfalle" überwinden, sind jene, die sich modernen Produktionsmethoden zuwenden, Hightech-Prozesse voll ausschöpfen und Waren mit hohem Mehrwert produzieren. Länder, die vollständig auf eine eigene Produktion verzichten oder sich nicht von "schmutzigen" Massenprodukten und -technologien von niedrigem Mehrwert verabschieden, werden dagegen von den anderen abgehängt.

Ein Beispiel dafür. China produziert zurzeit mehr Schuhe für den Massenmarkt als jedes andere Land der Welt. Diese Schuhe entstehen durch eine Kombination von Handarbeit und Hightech-Maschinenfertigung. In der Vergangenheit konnte China die Branche durch günstige Arbeitskräfte und den Kauf der zur Schuhherstellung erforderlichen Hightech-Maschinen aus Deutschland und Japan dominieren.

Mit steigendem Wohlstand werden aber auch in China die Arbeitskräfte teurer, ein Land wie Indonesien könnte daher bald zum wichtigsten Schuhhersteller der Welt werden. China könnte sich nun durch eine veränderte Produktion weiterentwickeln und selber Hightech-Maschinen an indonesische Schuhfabriken verkaufen. Das Reich der Mitte wird auch weiterhin Schuhe produzieren, sich dabei aber auf das gehobene und das Luxussegment beschränken, auf Schuhe, die von hoch qualifizierten und hoch bezahlten Handwerkern gefertigt werden.

Seit einigen Jahren stellen nicht nur Experten fest, dass das Zeitalter von Chinas Vorherrschaft in der Produktion vorbei ist. In derselben Zeit habe ich meinen Kunden, meinen Lesern und meinem Publikum bei Vorträgen aber immer wieder gesagt, dass China in absehbarer Zeit dennoch weiter zu den Top 5 der produzierenden Länder gehören wird, weil es sich anpassen und seine Produkte und Herstellungsmethoden verändern wird.

Ich habe außerdem wiederholt darauf hingewiesen, dass es kein Land und keine Staatengruppe gibt, die die Größe, Manpower, Infrastruktur und Erfahrung besitzen, um nennenswerte Anteile von der chinesischen Produktion zu absorbieren. Da China mittlerweile der zweitgrößte Verbrauchermarkt der Welt ist, werden die von aus- und inländischen Unternehmen für den chinesischen Markt hergestellten Waren werden auch weiterhin in China hergestellt.

Meine Vorhersagen und mein Standpunkt sind nun durch die Initiative "Made in China 2025" bestätigt worden.

Am 25. März bewilligte der Staatsrat diese Initiative, die dazu beitragen soll, den Bedarf des Landes nach mehr Highend-Produktionstechnologien und mehr technologisch ausgereiften Produkten von hohem Mehrwert zu erfüllen.

Zum Plan gehören zahlreiche Anreizprogramme und der Abbau regulatorischer Hindernisse, um Privatinvestitionen in die Herstellung hochwertiger Produkte zu fördern.

Auch wenn mit Sicherheit das Zeitalter des chinesischen "Superverbrauchers" angebrochen ist, wie ich in meinem gleichnamigen Buch beschrieben habe, leben wir immer noch in der "Made-in-China"-Welt, die vorteilhafte Beziehungen zwischen westlichen Unternehmen, globalen Verbrauchern und Chinas Wirtschaft sicherstellt.

Der Autor ist Vizepräsident beim internationalen Beratungsunternehmen Tompkins International und Autor des Buches "China's Super Consumers".

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Quelle: Beijing Rundschau

Schlagworte: Made in China 2025