„Beziehungen zu Deutschland spielen weiterhin führende Rolle in Chinas Beziehungen zur EU“
Enge Kooperation in der Fertigungsindustrie
Das deutsche Projekt „Industrie 4.0“ ist weltweit ein Vorbild für die Industrialisierung und übt großen Einfluss auf die globale Fertigungsindustrie aus. Bei ihrem China-Besuch im Oktober 2015 etablierte Bundeskanzlerin Merkel gemeinsam mit der chinesischen Regierung eine Zusammenarbeit im Rahmen des deutschen Projekts „Industrie 4.0“ und des chinesischen Plans „Made in China 2025“.
Zur künftigen engen Zusammenarbeit in diesem Bereich sagte Shi Mingde: „Unsere beiden Länder haben einen Arbeitsmechanismus auf Vizeminister-Ebene eingerichtet. Das deutsche Bundeswirtschaftsministerium und das chinesische Ministerium für Industrie und Informationstechnologie beraten gerade über eine Zusammenarbeit in Schwerpunktbereichen und wichtigen Industriezweigen. Das Ergebnis dieser Konsultation wird bald vorliegen. Bereiche, die für eine derartige Zusammenarbeit in Frage kämen, sind etwa Maschinenbau, Elektroautos, Energieeinsparung und Umweltschutz. Die Unternehmen beider Länder haben großes Interesse an einer verstärkten Kooperation in diesen Feldern.“
Zur zukünftigen Weiterentwicklung der chinesisch-deutschen Kooperationsbeziehungen sagte der Botschafter, Deutschland weise vor allem für die Zusammenarbeit in einigen neuen Bereichen, die beispielsweise im 13. Fünfjahresplan sowie im Plan „Made in China 2025“ genannt seien, entscheidende Stärken auf. „Zu betonen sind hier insbesondere die Bereiche Umweltschutz, Energieeinsparung oder die Zusammenarbeit mit Drittländern. Darüber hinaus spielt auch der kulturelle Austausch eine wichtige Rolle“, betonte Shi.
Der Botschafter sagte weiter: „In der Fertigungsindustrie verfügen unsere beiden Länder über die größte reale Stärke. China und Deutschland sind die Länder, die weltweit die größte Fertigungsindustrien vorweisen können. Deutschland hat sich dabei auf die High-End-Fertigung spezialisiert, während die chinesische Fertigungsindustrie bisher eher auf einem mittleren Level beziehungsweise dem Low-End-Level angesiedelt ist. Aus diesem Abstand ergibt sich ein großer Handlungsspielraum für die Zusammenarbeit.“
China besitze ein großes Entwicklungspotential und verfüge über einen riesigen Markt, so der Botschafter. „Deshalb konzentriert Deutschland sein Augenmerk auf den chinesischen Markt. Ohne diesen Markt hätten zum Beispiel die drei großen deutschen Autobauer in den letzten Jahren keine so gute Entwicklung erfahren können. Das Unternehmen VW beispielsweise produziert ein Drittel seiner weltweit hergestellten Autos in China. Die Volksrepublik wird seine Zusammenarbeit mit den deutschen Autoherstellern weiter vertiefen und vor allem in die Entwicklung von Elektroautos investieren. Dies wird einen Schwerpunkt der zukünftigen Zusammenarbeit bilden“, sagte Shi.
China plane, bis 2020 zwei Millionen Elektroautos herzustellen, erklärte Shi. In technischen Fragen könnten China und Deutschland einander dabei gut ergänzen, so der Top-Diplomat, denn jede Seite habe ihre ganz eigenen Stärken. „Durch enge Zusammenarbeit können China und Deutschland im Bereich Elektroautos in Zukunft ein Vorreiter der weltweiten Entwicklung werden“, so Shis Hoffnung.
Zur Frage, wie auch in Zukunft Differenzen vermieden, Gemeinsamkeiten gesucht und Meinungsverschiedenheiten hintangestellt werden könnten, sagte der Top-Diplomat: „Es stimmt zwar, dass die Reibereien im Handel zwischen China und Europa nicht abreißen. Doch es ist uns nichtsdestotrotz gelungen, zahlreiche Dialogmechanismen zu etablieren. Mit Deutschland ist es uns so gelungen, die Streitigkeiten im Bereich Photovoltaik im chinesisch-europäischen Handel sehr gut beizulegen. Wegen der unterschiedlichen Gesellschaftsordnungen und des unterschiedlichen Niveaus der Wirtschaftsentwicklung bestehen in anderen Bereichen allerdings noch immer gewisse Meinungsverschiedenheiten. Es wird letztlich darauf ankommen, wie man mit diesen umgeht. Wenn wir einen Dialog auf gleicher Augenhöhe führen und nach einem Gleichgewicht der Interessen suchen, habe ich keine Bedenken, dass bestehende Probleme gelöst werden können“, sagte der Top-Diplomat abschließend.