Der Tibetische Buddhismus bezieht
sich auf den tibetischsprachigen Buddhismus. Er ist als Lamaismus
bekannt und zählt zum chinesischen Buddhismus.
Anfang des 7. Jahrhunderts heiratete
Songtsan Gambo die Prinzessin Wencheng der Tang-Dynastie (618-907)
und die nepalesische Prinzessin Bhributi. Beide Prinzessinnen
brachten je eine Buddhastatue nach Tibet und ließen in Lhasa die
Klöster Jokhang und Rampoche bauen, um die beiden Buddhastatuen
unterzubringen. Die Handwerker, die mit den Prinzessinnen zusammen
nach Tibet gekommen waren, bauten Tempel und Klöster, während die
Buddhisten, die die Prinzessinnen begleiteten, begannen,
buddhistische Schriften zu übersetzen.
Der Buddhismus verbreitete sich
zuerst unter den Adligen und dann allmählich unter den einfachen
Menschen. Historisch war die Verbreitung und Entwicklung des
Buddhismus in zwei Periode eingeteilt, nämlich: die"Erste
Entwicklungsperiode" des Buddhismus (vom 7. bis zum 9. Jahrhundert,
entsprechend der Tubo-Periode) und die"Spätere Entwicklungsperiode"
des Buddhismus (vom 10. bis Mitte des 20. Jahrhunderts). In
der"Späteren Entwicklungsperiode" des Buddhismus gingen viele
hochgebildete Mönche aus Indien und Kaschmir nach dem
Qinghai-Tibet-Plateau, um dort den Buddhismus zu verbreiten. In
dieser Periode verband sich der Buddhismus mit der einheimischen
Bön-Religion und wurde schließlich zum Tibetischen Buddhismus oder
Lamaismus, einer Schule des Mahayana (oder Großes Fahrzeugs
genannt). Der Tibetische Buddhismus ist durch tibetische
traditionelle Besonderheiten gekennzeichnet. Beispielsweise ist
sein Reinkarnationssystem bei anderen buddhistischen Schulen nicht
üblich.
Durch langjährigen Kulturaustausch
gelangte der Tibetische Buddhismus in die anderen ethnischen
Gruppen Chinas wie die Mongolen, Tu, Yugu, Lhoba, Moinba, Naxi und
Pumi. Er verbreitet sich nicht nur in Chinas Tibet, sondern auch in
Sichuan, Yunnan, Gansu, Qinghai, Xinjiang und der Inneren Mongolei
sowie in Sikkim, Bhutan, Nepal, der Mongolei und Russland.
Während der Blütezeit des
Tibetischen Buddhismus musste jede Familie mindestens ein Mitglied
ins Kloster schicken, um Mönch oder Nonne zu werden. Das ist der
Grund, warum die tibetischen Mönche und Nonnen seit dem 16.
Jahrhundert ein Viertel der tibetischen Bevölkerung ausmachten. Im
Jahr 1951 gab es in Tibet über 100 000 Mönche und Nonnen, die mehr
als 10 Prozent der damaligen tibetischen Bevölkerung ausmachten.
Nach der demokratischen Reform im Jahr 1959 führten die Tempel und
Klöster Tibets auf Vorschlag des 10. Panchen Erdeni die Reform
durch. Seitdem haben die Tibeter die Freiheit, Lamas zu werden und
die Lamas haben die Freiheit, ins weltliche Leben zurückzukehren.
Jetzt gibt es in Tibet mehr als 1700 religiöse Gebetsstätten und 46
000 Mönche und Nonnen.
Buddhistische
Sekten
Nach einer langjährigen Entwicklung
sind im Tibetischen Buddhismus viele Schulen, darunter u.a. die
Nyingma-Sekte (Rote Sekte), die Sagya-Sekte (Streifige Sekte), die
Gagyu-Sekte (Weiße Sekte) und die Gelug-Sekte (Gelbe Sekte),
entstanden. Davon hat die Gelug-Sekte, die Anfang 15. Jahrhundert
von Zongapa begründet wurde, einen großen Einfluss. Diese Sekte
besteht aus zwei Systemen des Lebenden Buddha, Dalai Lama und
Panchen Erdeni.
Das Reinkarnationssystem der
Lebenden Buddhas
Das Reinkarnationssystem der
Lebenden Buddhas ist der wichtigste Unterschied zwischen dem
Tibetischen Buddhismus und anderen Schulen des Buddhismus. 1283,
als Garma Baxi, dem der mongolische Khan Mongo den
Titel"Staatlicher Tutor" verliehen und eine mit goldenen Fäden
umsäumte schwarze Mütze geschenkt hatte, auf dem Sterbebett lag,
sprach er seinen Wunsch aus, nach einem Kind als seiner
Wiedergeburt zu suchen, um die schwarze Mütze zu erben. Dies war
der Beginn des Reinkarnationssystems der Lebenden Buddhas mit
schwarzer Mütze. Danach folgen die anderen Sekten des Tibetischen
Buddhismus ihrem Beispiel. Statistiken zufolge gab es während der
Regierungszeit des Kaisers Qianlong der Qing-Dynastie (1616-1911)
148 Lebende Buddhas, die im Rat für Mongolische und Tibetische
Angelegenheiten registriert wurden. Ihre Zahl stieg am Ende der
Qing-Dynastie auf 160. Das Reinkarnationssystem der Dalai Lamas
wurde im 17. Jahrhundert und das der Panchen Erdenis im Jahr 1713
eingeführt.
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Das Tangka (Bild) des 10. Panchen Erdeni
Als die Gelug-Sekte im 17.
Jahrhundert in Tibet an die Macht gekommen war, wurde das
Reinkarnationssystem der Lebenden Buddhas zu einem Mittel der
Machthaber Tibets für die Suche nach Vorrechten. Um diesem
Missstand abzuhelfen, veröffentlichte die Qing-Dynastie im Jahr
1793 das"29-Artikel-Statut für eine noch effektivere Verwaltung
Tibets". In Artikel 1 des Status wird die Einführung des Systems
der Losziehung aus der goldenen Urne zur Bestimmung der
Wiedergeburt eines verstorbenen Lebenden Buddhas festgelegt. Zu
diesem Zweck ließ der Qing-Hof zwei goldene Urnen anfertigen: eine
für den Dalai Lama und den Panchen Erdeni, die im Potala-Palast in
Lhasa aufbewahrt wird, und eine für große Lebende Buddhas und
Hutogtu-Buddhas in der Mongolei und Tibet, die im Lamatempel
Yonghegong in Beijing aufbewahrt wird.
Der Staat respektiert diesen Glauben
und praktiziert die Reinkarnation der Lebenden Buddhas sowie die
religiösen Rituale und historische Gepflogenheiten des Tibetischen
Buddhismus. Im Jahr 1992 genehmigte das Büro für religiöse
Angelegenheiten beim Staatsrat den Nachfolger des 17. Lebenden
Buddhas Karmapa. Im Jahr 1995 wurde das Seelenkind der
Reinkarnation des 10. Panchen Erdeni durch die gemeinsamen
Bemühungen der Tibeter in allen Gesellschaftsschichten nach den
tibetischen buddhistischen Ritualen und den historischen
Gepflogenheiten durch die Losziehung aus der goldenen Urne im Jahr
1995 bestätigt und vom Staatsrat genehmigt. Anschließend wurde die
Inthronisationsfeier des 11. Panchen Erdeni, wobei der
Sonderbeauftragte der Zentralregierung den Vorsitz führte,
veranstaltet.
Seit der demokratischen Reform hat
es mehr als 30 Lebende Buddhas, die vom Staat und dem Autonomen
Gebiet Tibet genehmigt wurden, gegeben.
Die
wichtigsten Sekten des Tibetischen Buddhismus
Nyingma-Sekte (Rote Sekte) |
Sie entstand als die älteste Sekte
des Tibetischen Buddhismus im 11. Jahrhundert. Da die Mönche dieser
Sekte eine rote Mütze tragen, wird sie als die Rote Sekte
bezeichnet. Sie verbreitet sich nicht nur in den von Tibetern
bewohnten Gebieten Chinas, sondern auch in Indien, Bhutan, Nepal,
Belgien, Griechenland, Frankreich und den USA.
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Gedang-Sekte |
Sie wurde im Jahr 1056 gegründet und
ging im 5. Jahrhundert in die Gelug-Sekte über.
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Sagya-Sekte (Streifige Sekte) |
Sie wurde im Jahr 1073 gegründet. Da
das Sagya-Kloster, das Hauptkloster der Sekte grau-weiße Mauern
hat, heißt sie Sagya ("weißer Ton" im Tibetischen). Da die Mauern
der Klöster der Sagya-Sekte mit roten, weißen und schwarzen
Streifen, die jeweils Buddha der Weisheit, Buddha der
Barmherzigkeit und Tempelwächter symbolisieren, bemalt sind, wird
diese Sekte auch als die Streifige Sekte bezeichnet.
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Gagyu-Sekte (Weiße Sekte) |
Sie wurde im 11. Jahrhundert
gegründet. Da sie dem Studium des Tantrismus, der sich durch
mündliche Überlieferung verbreitet, große Aufmerksamkeit schenkt,
heißt sie Gagyu ("mündliche Überlieferung" im Tibetischen). Da die
Begründer der Sekte, Marba und Milha Riba bei der Meditation eine
weiße Robe trugen, wird diese Sekte auch als die Weiße Sekte
bezeichnet..
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Gelug-Sekte (Gelbe Sekte) |
Sie wurde im Jahr 1409 als die
jüngste Sekte des Tibetischen Buddhismus gegründet. Sie hat sechs
wichtige Klöster– Zhaibung, Sera, Tashilhungpo, Tar, Labrang und
Gendain – und ist für das Reinkarnationssystem des Dalai Lama und
des Panchen Erdeni bekannt.
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