Vorschrift zur Plastikbegrenzung

Wachsendes Umweltbewusstsein in China? Exklusiv

07.06.2018

Von Yang Lingling, Wang Dong 


Am 1. Juni 2008 trat die Vorschrift zur "Plastikbegrenzung " in China offiziell in Kraft.

In den zehn Jahren danach hat diese Verordnung tatsächlich Wirkung gezeigt: In Einkaufszentren werden statt der normalen Plastiktüten beinahe überall ökologisch abbaubare Tüten angeboten, die allgemeine Anzahl der verkauften Produkte ist zurückgegangen und die sogenannte "weiße Verschmutzung" (Plastikmüll) konnte signifikant reduziert werden.

Aber auch heutzutage steht die Plastikvorschrift noch vor vielen Problemen: Für große Einkaufszentren und Supermärkte sind die Anforderungen in der Regel gut umsetzbar, aber in einigen Bauernmärkten und kleinen Läden ist die Lage nicht so einfach. Dort sind kostenlose ultradünne Plastiktüten weiterhin die Regel. Viele Medien haben bereits darauf hingewiesen, dass die Vorschrift zur Plastikbegrenzung paradoxerweise zu einer Welle an Plastikverkäufen geführt hätte. Denn für die meisten Verbraucher ist der Preis von Plastiktüten irrelevant und so ist es allmählich zur Gewohnheit geworden Plastiktüten zu kaufen, wodurch sich den Unternehmen gar eine neue Einnahmequelle eröffnet hat. Darüber hinaus stellt der Vormarsch von Lieferservices und Online-Shopping die Plastikvorschrift vor eine neue Herausforderung.                

Also, wie sieht es wirklich aus? Wie wirkt sich die Plastikvorschrift auf das Umweltbewusstsein des normalen Bürgers aus? Vor ein paar Tagen gingen Reporter von China.org mit diesen Fragen in Beijings Supermärkte.

 

80% der Kunden kaufen Plastiktüten

Unsere Reporter stellten sich während der Haupteinkaufszeit am Abend an die Kassen von zwei großen Supermarktketten in Beijing. Während einer halben Stunde entschieden sich fast 80% der Kunden dafür, Plastiktüten zu kaufen.


Reporter fanden in einem Supermarkt in Beijing heraus, dass es hauptsächlich junge Leute sind, die Plastiktüten kaufen, wohingegen ältere Menschen eher dazu neigen, ihre eigenen Einkaufstaschen und kleine Karren mitzubringen. (Foto von Wang Dong)

Die Reporter fanden auch heraus, dass die Obst- und Gemüseabteilungen kostenlose Plastiktüten anbieten, die die Verbraucher bei Bedarf nutzen können. Ein Supermarktmitarbeiter sagte: „Die überwältigende Mehrheit der Kunden möchte je eine Plastiktüte für jede Gemüse- und Obstsorte. Das führt dazu, dass eine Person bei einem Einkauf normalerweise drei bis vier Plastiktüten mit nach Hause nimmt." Dabei könnten die meisten Obst- und Gemüseartikel in Wahrheit auch ohne Plastikverpackung gewogen und bezahlt werden.
Nach Angaben der Mitarbeiter werden die in den Supermärkten verkauften Plastiktüten aus biologisch abbaubaren und umweltfreundlichen Materialien hergestellt. Darüber hinaus werden auch umweltfreundliche Einkaufstaschen verkauft, die mehrmals verwendet werden können und im Bereich Obst und Gemüse werden Beutel aus Polyethylen hoher Dichte (PE-Beutel) verwendet, die mit dem "QS" -Logo, einer nationalen Normnummer, der Dicke sowie Angaben zum Hersteller und anderen Informationen versehen sind. Diese Plastiktüte seien ungiftig und könnten deshalb problemlos zur Lebensmittelaufbewahrung genutzt werden, wie das Personal erklärte. Die Hauptprodukte nach der Verbrennung sind Wasser und Kohlendioxid, die der Umwelt keinen Schaden zufügen. Mitarbeiter des Supermarkts gaben jedoch an, dass es keine Statistiken über die Umsätze und Gewinne aus den Verkäufen von Plastiktüten gäbe.
Die Reporter gingen dann in einen unbemannten Supermarkt in Beijing, wo auch Plastiktüten gekauft werden können. Dabei fanden sie heraus, dass beim Kauf von mehr als drei Artikeln fast jeder Kunde Plastiktüten kauft.

 

Mittlere und ältere Generation bringt eigene Einkaufstaschen

Die Beobachtungen brachte auch zum Vorschein, dass es hauptsächlich junge Leute sind, die Plastiktüten kaufen, wohingegen Menschen mittleren und höheren Alters eher dazu neigen, ihre eigenen Einkaufstaschen und kleine Karren mitzubringen.
Einige der befragten Kunden nannten „Bequemlichkeit" als Hauptgrund für den Kauf von Plastiktüten. Ein junger Kunde in einem unbemannten Supermarkt sagte, dass er einfach spontan aus Neugierde auf diese neue Art von Einkaufsservice gekommen sei und deshalb auch keine Einkaufstüten mitgebracht hätte.
Viele mittlere und ältere Kunden hielten dagegen und sagten, dass selbst mitgebrachte Einkaufstaschen auch „bequem" seien: „Sie sehen, meine Tasche ist solide, groß und dazu noch umweltfreundlich", sagte Mr. Liang, 56, und zeigte auf seine Tasche.
Herr Liang kommt aus Dalian und vermisst seit seiner Ankunft in Beijing häufig den blauen Himmel in seiner Heimatstadt. „Die Straßen in Beijing sind schmal. Am Straßenrand stehen überall geparkte Autos. Es gibt viele Autos, viele Menschen und deshalb auch viel Müll." Er deutete auf einen Sanitärsarbeiter in der Ferne und sagte: „Sie sehen, wenn die normalen Leute sich nicht um den Umweltschutz kümmern, verursacht das für viele noch mehr Arbeit! "
Herr Liang sagte, dass Umweltschutz für ihn sehr wichtig sei. „Es gibt einen kleinen Fluss in der Nähe meines Hauses. Vor ein paar Jahren füllte sich das Flussufer mit Plastiktüten, großen und kleinen, mit allen möglichen Farben." Angesichts dieser Szene beschloss Herr Liang, den Fluss zu reinigen. Jedes Mal, wenn er von der Arbeit kommt, verbringt er eine Stunde damit, den Müll neben dem Fluss aufzusammeln. Dabei belässt er es aber nicht. Er mobilisierte auch Verwandte und Freunde und forderte sie auf, möglichst wenig Plastiktüten zu benutzen.

Jüngere Generation – zwischen umweltbewusst und konsumfreudig

Dabei sind vielen älteren Kunden in den Supermärkten die Gefahren und der richtige Umgang mit Plastikabfällen gar nicht bewusst. Sie sind oftmals lediglich angewidert von der „weißen Verschmutzung", aber verstehen wenig von den Anforderungen an die Abfalltrennung. Im Gegensatz dazu verfügt die jüngere Generation über mehr Umweltwissen.
 In einer Universität im Bezirk Haidian sagte ein Student namens Wu, dass „mikroplastischer" Müll wie der Feinstaub für das Meer sei und der Meereswelt und den dortigen Lebewesen einen sehr ernsten Schaden zufüge.
Wu machte auch gleich viele Vorschläge zur Lösung der Umweltprobleme, wie zum Beispiel Plastiktüten mehrmals zu benutzen oder bei Lieferungen nur wenig Plastikverpackung zu nutzen. Er schlug weiter vor, dass der Fokus bei der Prävention und Kontrolle von Plastikverschmutzung von "Kontrolle" zu "Prävention" verschoben werden sollte: „Anstatt die hohen Kosten nach der Umweltverschmutzung zu zahlen, wäre es besser, die Ursachen der Verschmutzung von Grund auf zu kontrollieren, Materialien zu verbessern und die Umweltverschmutzung zu reduzieren. Wenn das Geld anstatt für das Verbrennen von Müll dafür genutzt werden könnte, um Rohstoffe zu verbessern und das Recycling zu stärken, wäre der Effekt um ein Vielfaches größer. "
Auf sein eigenes Konsumverhalten angesprochen, gab Wu jedoch zu, dass auch er immer noch oft Lieferungen bestelle und Online-Shopping nutze. „Schließlich ist es so bequem. Sobald man sich daran gewöhnt hat, ist es schwer sich zu ändern", erklärte er.

 

Größeres Umweltbewusstsein –Umsetzung oft schwierig 

China.org führte kürzlich eine Wechat-Umfrage zu Umweltschutzgewohnheiten durch. Aus den mehr als 200 erhaltenen validen Fragebögen ist leicht zu erkennen, dass sich das Umweltschutzverhalten und das ökologische Bewusstsein verbessert haben. 22% der Befragten gaben an, beim Einkaufen „immer“ Einkaufstaschen mitzubringen, 43% sagten, dies sei „manchmal“ der Fall. 92% gaben an, dass sie Plastiktüten mehrmals nutzen würden, entweder als Abfallbehälter oder für den nächsten Einkauf. Fast 90% der Teilnehmer äußerten Unterstützung für die Einführung eines strengeren Abfalltrennungssystems und auch die Bereitschaft es einzuhalten. Aber auch etwa 78% der Befragten sagten, dass es zu schwer sei, Online-Shopping aufzugeben, obwohl es zur Verbreitung von Plastikmüll führt.

Liu Jianguo, Professor an der Fakultät für Umweltwissenschaften der Tsinghua Universität, sagte im Interview mit China.org, dass die zu Beginn der Plastikvorschrift definierten Ziele trotz neuer Herausforderungen grundsätzlich umgesetzt werden konnten. Besonders wertvoll an der Vorschrift sei, dass sie den Menschen bewusst mache, dass die Nutzung von Ressourcen nicht frei ist. So betrachtet hat die Umsetzung der Vorschrift bereits einen sehr positiven Einfluss.

Zeitgleich wies Liu aber auch darauf hin, dass trotz des allgemein erhöhten  Umweltbewusstseins in der Gesellschaft immer noch einige die Einstellung hätten, „Umweltschutz liegt nur in der Verantwortung der Regierung und hat nichts mit mir selbst zu tun hat.“ Deshalb betonte Liu, dass jeder aufgefordert werden müsse, diese „Zuschauermentalität“ aufzugeben und und sich stattdessen aktiv an Umweltschutzmaßnahmen zu beteiligen.


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Quelle: german.china.org.cn

Schlagworte: China, Plastikbegrenzung, Umweltbewusstsein