Grünes Zhaosu: Wie ein Xinjianger Kreis seine Antwort beim Umweltschutz findet
Hochsommer und Xinjiang? Da denken viele in erster Linie an brütende Hitze, staubigen Wüstensand und sengende Sonne. Doch weit gefehlt. Zumindest im Kreis Zhaosu. Hier fanden vom 8. bis zum 13. Juli die Reitwettbewerbe von Chinas 12. Traditionellen Sportspielen der Ethnischen Minderheiten statt. Und das bei allem Anderen als heißem Klima. In dem Gebiet nahe der Grenze liegt die jährliche Durchschnittstemperatur bei gerade einmal vier Grad Celsius. Das erfrischende Klima brachte dem Ort eine gewisse Aufmerksamkeit ein. Neben den spannenden Pferderennen sind es eben auch das angenehm kühle Sommerklima sowie die herrliche Landschaft des Kreises, die Gäste aus aller Welt anlocken.
Der Kreis Zhaosu befindet sich im Südwesten des autonomen Bezirks Ili der kasachischen Minderheit. Er liegt in einem von Bergen umgebenen Hochgebirgsbecken. Die Besucher erwarten hier grüne Graslandschaften, traumhafte Blumenfelder und Feuchtbiotope, in denen es nur so von Leben wimmelt. Zhaosu ist der einzige Kreis ohne Wüste in Xinjiang. Hinter dem üppigen Grün stecken aber nicht nur einzigartige Naturbedingungen, sondern auch eine grüne Antwort Zhaosus darauf, wie sich Chinas Konzept der klaren Flüsse und grünen Berge, die so wertvoll wie Gold- und Silberberge sind, mit Leben füllen lässt.
Grüner Wächter: Schutz der Ökosysteme als Fundament
Am frühen Morgen, wenn noch dicker Nebel zwischen den Bäumen hängt, ist Förster Adiken Muka bereits in den Bergen unterwegs. Zu seiner Ausrüstung gehören Försterkleidung, ein Motorrad, ein halbes Naan-Brot, eine Flasche Wasser und ein Teleskop. Wo der Zugang mit dem Motorrad nicht möglich ist, reitet er oder geht zu Fuß. Jeden Tag patrouilliert er mindestens 20 Kilometer durch die Bergwälder.
Seit 35 Jahren, seit 1989, ist Muka nun schon beim Forst- und Grünlandamt des Kreises Zhaosu als Förster angestellt. Sein Job ist es, mehr als 530 Hektar öffentliche Wälder zu verwalteten und zu schützen.
„Als ich mit meiner Arbeit anfing, war das Waldgebiet weniger als halb so groß wie heute“, erzählt er. „Jeden Sommer kamen Hirten zum Weiden. Daher wurden einige Setzlinge von Rindern und Pferden aufgefressen“, erinnert er sich. Dem wollte der Förster Einhalt gebieten, weshalb er mit Infomaterialien im Gepäck in den Weidegebieten von Tür zu Tür pilgerte, um die Hirten nicht nur geduldig über Brandschutzmaßnahmen aufzuklären, sondern auch um sie für das Thema Wald- und Graslandschutz zu sensibilisieren. Dank seiner Bemühungen ist das Bewusstsein der Hirten für den Schutz von Umwelt und Ökosystemen mit jedem Jahr gewachsen. „Heutzutage gibt es im Waldgebiet immer weniger Vieh und dafür immer mehr Bäume“, sagt Muka stolz. „Früher waren die Wälder so karg, dass sich nicht einmal ein Lamm darin verstecken konnte.“ Heute fänden sogar Kamele im dichten Unterholz Unterschlupf.
Nurhayif Adiken, der Sohn, ist stolz auf seinen Vater. „Mein Vater ist 61 Jahre alt. Eigentlich sollte er schon seit letztem Jahr im Ruhestand sein. Doch es fällt ihm schwer, sich von seiner Arbeit hier im Waldgebiet zu verabschieden. Schließlich hat er hier über drei Jahrzehnte nach dem Rechten gesehen“, sagt er. Dank der Unterstützung der Familie konnte Muka seiner Position als Förster bis heute als Ehrenamtlicher treu bleiben.
In Zhaosu gibt es weitere 26 Förster wie ihn, für die die Wälder wie ein zweites Zuhause sind. Zusätzlich zu den täglichen Patrouillen engagieren sie sich auch für die Verbreitung von Sicherheitswissen, die Reparatur von Wasserstraßen, die Schädlingsbekämpfung und den Schutz wilder Tiere und Pflanzen, um durch ganz praktische Maßnahmen das Versprechen eines Försters von „klaren Flüssen und grünen Bergen“ zu erfüllen.
Für den Aufbau ökologischer Barrieren ist eine engmaschige Überwachung unerlässlich. In den letzten Jahren hat der Kreis Zhaosu eine Reihe von Steinbrüchen und Ziegelfabriken stillgelegt, die nicht den geltenden Umweltschutzanforderungen entsprachen. Auch wurden in Übereinstimmung mit dem Gesetz Bergbau- und Hüttenbetriebe geschlossen, die zuvor der Umwelt ernstliche Schäden zugefügt hatten. Die Investitionen in die Wiederherstellung und Verbesserung der ökologischen Qualität von Wäldern, Feuchtgebieten und Grasland wurden erhöht und Feuchtgebiete im gesamten Kreis zu Schutzgebieten erklärt, wodurch es gelang, den Trend schrumpfender Feuchtgebiete und der Verschlechterung ihrer ökologischen Funktionen wirksam einzudämmen. Derzeit beträgt die Gesamtfläche des Grünlandes im Kreis Zhaosu 5600 Quadratkilometer. Auf 374 Quadratkilometern erstrecken sich Feuchtgebiete. 100 Prozent der Oberflächengewässer erfüllen die geltenden Qualitätsnormen und der Anteil der Tage mit ausgezeichneter und guter Luftqualität liegt bei über 98 Prozent. Zhaosu hat also seine Hausaufgaben in Sachen Umweltschutz eindeutig gemacht.
Tourismus als Motor: Genuss der „ökologischen Dividende“
Die kontinuierliche Verbesserung der ökologischen Umwelt lässt nicht nur den Himmel über Zhaosu blauer, die Berge grüner und die Flüsse klarer werden. Sie bringt auch die Menschen aller ethnischen Gruppen in den Genuss der „ökologischen Dividende“.
Wir machen uns auf in das malerische Xiata-Landschaftsgebiet im südwestlichen Teil des Kreises, wo wir von Vogelschwärmen am Himmel begrüßt werden, während Kühe, Schafe und Pferde gemächlich über die Wiese schlendern und grasen. Der Xiata-Pfad war einst der unwegsamste Pass der antiken Seidenstraße. Heute hat man ihn zu einer der beliebtesten Wander- und Abenteuerrouten ausgebaut und unter Naturschutz gestellt.
Ein besonderes Highlight für Touristen ist es, den Xiata-Pfad auf dem Rücken eines Pferdes zu erkunden. Der Weg führt an Wiesen, Seen und Kiefernwäldern vorbei, in der Ferne blickt man auf schneebedeckte Gipfel, Gletscher und unberührte Schluchten. In der Hochsaison von Juni bis August nimmt der Uigure Ainiwar Yerken hier eine weitere Rolle ein: dann nämlich fungiert er als Teamleiter der Reitergruppe des Xiata-Landschaftsgebiets. Das restliche Jahr über ist er Hirte.
„Um ökologische Schäden durch Überbauung zu vermeiden, ist der alte Pfad auf dem Teilstück von der Generalsbrücke bis zum Muzart-Gletscher für Fahrzeuge unzugänglich. Man kann ihn nur zu Fuß oder per Pferd erkunden“, sagt Ainiwar. Mit der zunehmenden Beliebtheit der Sehenswürdigkeiten wachse auch die Größe des Reitstalls, sagt er. Derzeit bestehe der Betrieb aus 100 Mitarbeitern und 180 bis 200 Pferden. Dennoch reihen sich am Ticketschalter lange Warteschlangen. Das Interesse an dem Naturevent ist riesig.
„Die Mitglieder unserer Reitergruppe sind allesamt lokale Hirten“, sagt Ainiwar. Während er emsig Tickets verkauft, erklärt er uns, dass die Hirten mit der Weidewirtschaft im Jahr rund 50.000 bis 60.000 Yuan verdienten, während sie im Sommer mit einem einzigen Pferd für Touristen 30.000 Yuan einnehmen könnten. Es lohne sich also für die Einheimischen. Der Tourismus sei ein profitables Geschäft.
Nach Angaben des Kultur- und Tourismusbüros des Kreises Zhaosu empfing der Kreis allein im ersten Halbjahr 2024 knapp drei Millionen inländische Touristen und erzielte Tourismuseinnahmen von über einer Milliarde Yuan, rund 22 Prozent mehr als im Vorjahr. Die florierende Entwicklung der Tourismusbranche füllt nicht nur den Geldbeutel der Menschen, sondern bereichert auch ihr Leben.
Mit dem Sommer beginnen Eis und Schnee im Aheyazi Grand Canyon zu schmelzen. Der Yuhu-See ist wie eine grüne Jadeperle im Canyon eingebettet. Begleitet von der frischen Brise, die vom See herüberweht, beginnt die einheimische Barista Juliduzi einen neuen Arbeitstag im Peekoo Café auf der Aussichtsplattform vor der malerischen Seekulisse. Von Kaffee- und Teekreationen bis hin zu Snacks und kleinen Mahlzeiten – Juliduzi verwöhnt ihre Gäste mit Liebe zum Detail. Erst seit drei Monaten arbeite sie hier im Café, erzählt uns die Kasachin. Davor sei sie eine gewöhnliche Hausfrau in der Gemeinde Kashagarh gewesen.
Mit dem Ostwind der Tourismusbranche weht auch im Leben von Juliduzi ein frischer Wind. „In den letzten Jahren wurden die touristischen Einrichtungen rund um den Yuhu-See erheblich ausgebaut und es kommen immer mehr Gäste“, erzählt uns die 37-Jährige Kasachin, die Mutter von zwei Kindern im Alter von acht und zwölf Jahren ist. Mittlerweile gingen beide Sprösslinge zur Schule, weshalb sie nach neuen Aufgaben und Herausforderungen im Leben gesucht habe. „Als ich hörte, dass dieses Jahr ein neues Café hier im Landschaftsgebiet eröffnete, fasste ich Mut und bewarb mich.“
Dank der kostenlosen Ausbildung, die ihr das Landschaftsgebiet bot, und ihrer eigenen harten Arbeit konnte sie direkt als Barista einsteigen. Der kräftige Duft von Kaffee, die entspannende Schönheit des Sees sowie die kostenlosen Pendelbusse von und zur Gemeinde ... Juliduzi ist zufrieden mit den Überraschungen, die der neue Job mit sich bringt.
„Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal die Chance haben würde, in der Nähe meines Zuhauses als Barista zu arbeiten“, sagt die junge Mutter. „Die neuen Fähigkeiten und der neue Job haben es mir ermöglicht, in ein anderes Leben einzutauchen. Nun hoffe ich, dass noch mehr Menschen nach Xinjiang bzw. nach Zhaosu kommen, um die Schönheit der klaren Flüsse und grünen Berge hier zu genießen.“