Das Positive des „Negativen“
Chinas neuer Investitionskatalog ist eine gute Nachricht für die Welt Exklusiv
von Oliver Eschke
China hat in den letzten Jahren erhebliche Schritte unternommen, um seine Wirtschaft weiter für ausländische Unternehmen zu öffnen. Ein zentrales Element dieser Strategie ist die schrittweise Lockerung von Investitionsbeschränkungen in Form der „Negativliste“, um internationale Investoren anzuziehen und die technologische Modernisierung voranzutreiben.
Arbeiter in der Montagewerkstatt der FAW-Volkswagen Qingdao. (Foto vom 9. April 2024, Xinhua)
Diese so genannte „Negativliste“ ist ein Instrument der wirtschaftlichen Regulierung, das spezifische Branchen oder Aktivitäten identifiziert, in denen ausländische Investoren entweder Beschränkungen unterliegen oder gar vollständig vom Marktzugang ausgeschlossen sind. Chinas neue Negativliste für ausländische Investoren, die im November in Kraft treten und die Version vom Jahr 2021 ersetzen wird, zeigt signifikante Schritte in Richtung einer weiteren Öffnung des Landes für internationale Märkte und Investoren und steht damit im Einklang mit Beijings Strategie der Öffnung und qualitativ hochwertiger Entwicklung.
Weniger Beschränkungen, mehr Öffnung
Chinas neue Negativliste reduziert die Anzahl der verbotenen oder eingeschränkten Sektoren von 31 auf 29 und hebt insbesondere alle Beschränkungen im verarbeitenden Gewerbe auf. Dies bedeutet, dass ausländische Unternehmen ab November 2024 in diesem Bereich uneingeschränkt investieren können. Diese Entwicklung passt perfekt in Chinas Strategie der qualitativ hochwertigen wirtschaftlichen Entwicklung, bei der der Fokus zunehmend auf fortschrittlicher Produktion, technologischer Innovation und nachhaltigem Wachstum liegt. Diese fasst Chinas Führung unter prägnanten Schlagwörtern wie Produktivkräfte neuer Qualität zusammen. Besonders im Bereich der Hochtechnologie wird die Aufhebung aller Beschränkungen für den verarbeitenden Sektor als Impuls für Chinas industriellen Wandel angesehen: Unternehmen, die in Bereichen wie Künstliche Intelligenz (KI), 5G und dem Internet der Dinge (IoT) tätig sind, profitieren von verbesserten Investitionsmöglichkeiten und einem offeneren Marktumfeld.
In den letzten Jahren haben einige prominente Beispiele gezeigt, wie ernst es China mit seiner wirtschaftlichen Öffnung meint. Das deutsche Chemieunternehmen BASF hat beispielsweise 2019 den Bau eines neuen petrochemischen Produktionskomplexes in der südchinesischen Provinz Guangdong angekündigt, einem der größten Projekte dieser Art. Im Automobilsektor hat China die Anforderungen an Joint Ventures (JV) sukzessive gelockert. Bis vor einigen Jahren mussten fast alle ausländischen Automobilhersteller Partnerschaften mit lokalen Herstellern mit einem Anteil von bis zu 50 Prozent eingehen, um auf dem chinesischen Markt tätig zu sein. Volkswagen und BMW haben diese Veränderungen genutzt, um ihre Beteiligungen an Joint Ventures in China zu erhöhen. So konnte beispielsweise BMW seine Anteile an seinem JV mit Brilliance China Automotive im Jahr 2018 auf 75 Prozent erhöhen. Volkswagen hat 2020 ebenfalls seine Investitionen in China verstärkt, insbesondere im Bereich der Elektromobilität, und profitiert von den gelockerten Investitionsbeschränkungen. China hat auch seinen Finanzsektor für ausländische Investoren geöffnet, insbesondere im Banken- und Versicherungswesen. Seit 2021 dürfen ausländische Unternehmen eine vollständige Eigentümerschaft in chinesischen Banken, Versicherungen und Wertpapierfirmen übernehmen. Die US-amerikanische Investmentbank JPMorgan und der Versicherungsriese Allianz haben diese Gelegenheit genutzt und ihre Geschäfte in China ausgebaut. Sogar in der Bildungspolitik hat China weitgreifende Initiativen ergriffen, um die internationale Zusammenarbeit zu fördern. Ein Beispiel ist die Gründung der Hainan Bielefeld University of Applied Sciences durch die Fachhochschule Bielefeld im Jahr 2022 – die erste aus dem Ausland gegründete Hochschule mit eigenständiger Rechtspersönlichkeit in China.
Anderer Ansatz als der „Westen“
Ein Vergleich mit der EU und den USA zeigt, dass beide zwar ebenfalls auf Negativlisten setzen, ihre Ansätze jedoch oft protektionistischer sind. Während China seine Märkte für Schlüsseltechnologien öffnet, verfolgen die USA und die EU restriktivere Politiken, vor allem im Bereich Hochtechnologie und strategischer Branchen, um eigene Unternehmen zu schützen. In den letzten Jahren ist das besonders deutlich geworden, als zunächst im Rahmen von Donald Trumps „Handelskrieg“, dann aber auch unter Joe Biden Ausfuhrbeschränkungen gegen China erlassen wurden. Teilweise werden damit einzelne Unternehmen diskriminiert, wie Huawei im 5G-Netzausbau oder jüngst die zusätzlichen Einfuhrzölle für bestimmte Elektroautohersteller, mit denen die EU ihre Unternehmen vor der starken chinesischen Konkurrenz beschützen will.
Chinas Öffnungspolitik steht damit im Kontrast zu einer zunehmenden Tendenz zu Handelsprotektionismus und wirtschaftlicher Abschottung in westlichen Volkswirtschaften. Diese Strategie könnte langfristig die Wettbewerbsfähigkeit der westlichen Märkte beeinträchtigen, während China davon profitiert, internationale Investitionen und technologische Fortschritte anzuziehen.
Für die Weltwirtschaft sind diese Entwicklungen von enormer Bedeutung. Die Lockerung der Investitionsbeschränkungen wird ausländische Investoren anziehen und zur Schaffung globaler Lieferketten beitragen, die widerstandsfähiger und diversifizierter sind. Dies stärkt nicht nur Chinas Rolle als globaler Produktionsstandort, sondern unterstützt auch die weltweite wirtschaftliche Erholung, da Unternehmen Zugang zu einem der größten Märkte der Welt erhalten und neue Investitionsmöglichkeiten erschließen können.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Chinas neue Negativliste der Weltwirtschaft durch die Förderung von Innovationen, die Schaffung offenerer Märkte und die Stärkung internationaler Zusammenarbeit neue Impulse verleihen wird. Während andere Volkswirtschaften protektionistische Maßnahmen verschärfen, setzt China auf eine tiefere Integration in die Weltwirtschaft und treibt so eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung voran.
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