Zerstört Trump die chinesisch-deutschen Beziehungen?
von Nils Bergemann
Maschine mit Herz: Dieser humanoide Roboter war am 21. August während der Weltroboterkonferenz 2024 in Beijing zu sehen. (Foto: Ren Chao / Xinhua)
Wirtschaftliche Verflechtung und gegenseitiges Interessen bilden seit jeher eine wichtige tragende Säule der bilateralen Beziehungen zwischen China und Deutschland. Die von Trump angekündigten protektionistischen Maßnahmen könnten sich negativ auf die Handelsbeziehungen auswirken – in einer Zeit, in der die EU und Deutschland schon durch Energie-, Migrations- und Wirtschaftskrisen geschwächt sind.
Donald Trump, der mit großer Mehrheit zum 47. Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wurde und als großer Motivator gilt, verfolgt seit jeher eine Politik des „America First“, was natürlich vor allem die Wirtschaftspolitik betrifft. Während seiner ersten Amtszeit führte er Strafzölle von bis zu 25 Prozent auf chinesische Waren ein. Allerdings verlangsamte sich Chinas Wirtschaftswachstum trotzdem nicht. Viele deutsche Unternehmen, die stark in chinesische Lieferketten eingebunden sind, spürten die Auswirkungen. Analysten warnen, dass Zölle von bis zu 60 Prozent während seiner zweiten Amtszeit nicht nur die chinesische Wirtschaft destabilisieren, sondern auch deutsche Exporte empfindlich treffen könnten.
Trump will den Produktionsstandort USA stärken, Bürokratie abbauen und so den „American Dream“ wiederbeleben. Dabei ist er kompromisslos: Ausländische Partner werden wohl nur dann profitieren, wenn es den USA strategisch nützt. Dies fordert europäische und chinesische Unternehmen heraus.
China hat in den vergangenen Jahren systematisch daran gearbeitet, seine Abhängigkeit von den USA und dem Dollar zu reduzieren. Ähnlich wie Russland und die BRICS-Staaten allgemein. Trump reagierte schon vor Amtsantritt lautstark und behauptete, dass sich niemand ungestraft vom Dollar lossagen könne. Durch den Aufbau alternativer Währungsabkommen und die Diversifizierung der Lieferketten versucht China, sich gegen protektionistische Maßnahmen zu wappnen. Gleichzeitig setzt China verstärkt auf technologische Eigenständigkeit in Schlüsselbereichen wie Künstliche Intelligenz, erneuerbare Energien und Elektromobilität.
Für Deutschland bietet dies sowohl Chancen als auch Risiken. Deutschland steht zwischen den Fronten in diesen geopolitischen Spannungen. Der US-Markt bleibt ein zentraler Absatzmarkt für deutsche Produkte, doch protektionistische Maßnahmen könnten diesen Marktzugang erheblich erschweren. Andererseits bezieht Deutschland teure Energie und im Rahmen der Nato-Verpflichtungen wohl auch zukünftig vermehrt Waffen von den USA, um die durch die Ukraine-Unterstützung reduzierten Bestände wieder aufzufüllen. Auf der anderen Seite müsste Deutschland bei einer pragmatischen Sichtweise China als einen wichtigen strategischen Partner, insbesondere in Bereichen wie digitale Infrastruktur und Medizintechnik, ansehen.
Deutsche Unternehmen haben bereits begonnen, ihre Märkte und Lieferketten zu diversifizieren, um sich auf eine mögliche Eskalation vorzubereiten. Eine verstärkte wirtschaftliche Zusammenarbeit mit China könnte helfen, die Auswirkungen von Handelskrisen abzufedern. Deutschland könnte durch maßgeschneiderte Handelsverträge mit China nicht nur seine Wettbewerbsfähigkeit sichern, sondern auch neue Geschäftsmöglichkeiten erschließen.
Die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und China könnten durch neue Abkommen und verstärkte Zusammenarbeit stabilisiert werden. Der Konjunktiv ist hier notwendig, weil Deutschland international bislang kaum Entscheidungen getroffen hat, die konträr zu den amerikanischen waren. Die deutsche Position scheint nun noch abhängiger von den transatlantischen Rahmenbedingungen zu sein.
Derzeit sieht es in Deutschland nach einem Sieg einer zwei-oder dreigliedrigen Koalition bei den Bundestagswahlen aus. Die neue Regierung, wahrscheinlich unter einem Kanzler Friedrich Merz, wird wohl eher einen China-kritischen Kurs beibehalten oder sogar verschärfen. Es sind deutsche Unternehmer, die in China gute Geschäfte machen, gefragt, hier ein Gegengewicht zu schaffen, was aber nur durch gemeinsame Aktionen und viel Öffentlichkeit geht.
Trump ist nicht so blöd, sich das China-Geschäft ganz kaputt zu machen, er pokert. Apropos: Wie mir russische Freunde glaubhaft erklärten, gäbe es noch erstaunlich viele US-amerikanische Produkte in russischen Supermärkten, aber wohl keine deutschen.
Sofern möglich sollten China und Deutschland enger zusammenarbeiten. Auch wenn es zunächst paradox klingt, könnte gerade China eine Abwanderung deutscher Unternehmen nach China oder Amerika verhindern. Deutsche Produkte und Deutsche genießen immer noch einen guten Ruf in China. Und je mehr Deutsche für einen Urlaub oder einen Job nach China gehen, desto positiver wird das China-Bild in Deutschland werden. Chinesische Arbeitnehmer sind in Deutschland sehr beliebt. Bevor ich nach China ging, sind mir die Chinesen in Deutschland schon als kluge, pragmatische, humorvolle und fleißige Bürger aufgefallen.
Die chinesisch-deutschen Beziehungen sind in wirtschaftlicher, kultureller und menschlicher Hinsicht sehr, sehr wichtig. Wir sollten uns anstrengen, sie zu erhalten und auszubauen. Und da Donald Trump ja unlängst während einer Pressekonferenz zu bedenken gegeben hatte, dass China und die Vereinigten Staaten zusammen alle Probleme der Welt lösen könnten, gibt es vielleicht doch noch eine Wende hin zur Kooperation statt Konfrontation und große Gewinne für alle.
*Nils Bergemann ist studierter Journalist mit langer Erfahrung als Redakteur und Kommunikationsexperte bei Verlagen und anderen Unternehmen. Zuletzt arbeitete er fünf Jahre für die China Media Group. Weiterhin in Beijing lebend unterrichtet er seit 2023 Deutsch, Sprachwissenschaften und Wirtschaft an der University of International Business and Economics.
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