Trump 2.0
Warum Europa nun endlich mehr nach China gucken sollte Exklusiv
von Oliver Eschke
Die zweite Amtszeit von Donald Trump ab dem 20. Januar 2025 könnte nicht nur für China eine weitere Eskalation der Handelsstreitigkeiten und Sanktionsspiralen bedeuten, sondern auch für Deutschland und Europa sowohl wirtschaftlich als auch geopolitisch erhebliche Risiken mit sich bringen. Trumps „America First“-Politik könnte zu einer erneuten Betonung von Handelsprotektionismus, der Schwächung internationaler Institutionen und einer intensiveren Rivalität zwischen den USA und China führen. Zwar wird wohl auch Trumps erratischer Führungsstil nicht zu einem vollständigen Abbruch der jahrzehntelang geformten transatlantischen Beziehungen nach sich ziehen, doch der neue alte US-Präsident wird viele deutsche und europäische Politiker zum Nachdenken bewegen, ob eine engere Beziehung mit China nicht doch zum eigenen Vorteil wäre, um nicht so stark abhängig von den Schwankungen in Washington zu sein.
Was bisher geschah
Anders als 2017 als Donald Trump, damals noch weniger Politiker denn „Businessman“ und „Deal-Maker“, erstmals das Amt übernahm, können sich politische Analysen nun auf Erfahrungswerte stützen. Durch seine erste Amtszeit haben europäische Politiker zumindest eine vage Idee davon, wofür Trump steht und was seine Prioritäten und Ziele sein werden – und vor allem, wie er diese erreichen will. Rückblickend auf die Jahre 2017-2021 ist meist die Rede vom „US-China Trade War“. Was man dabei jedoch leicht vergisst, ist, dass Trump auch zahlreiche andere Länder mit hohen Zöllen belegte. In seiner ersten Amtszeit verhängte er hohe Zölle auch auf europäische Waren, zum Beispiel ab 2018 mit 25 Prozent auf Stahl- und 10 Prozent auf Aluminiumimporte, die erst 2021 unter Joe Biden aufgehoben wurden. 2019 traf es auch Airbus wegen angeblich unlauterer Subventionen. Experten schätzten zu der Zeit, dass die Europäische Union insgesamt mit einem Importvolumen von fast 8 Milliarden US-Dollar von Trumps Zöllen betroffen war. Als Reaktion auf Trumps aggressiven Kurs verhängte die EU Gegenmaßnahmen, u.a. gegen Harley Davidson „Die Regeln des internationalen Handels, die wir ... mit unseren amerikanischen Partnern entwickelt haben, dürfen nicht ohne eine Reaktion unsererseits verletzt werden“, erklärte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström seiner Zeit. Dass diese Zeiten mit seiner Rückkehr wieder neu anbrechen könnten, lässt sich bereits jetzt absehen, so forderte Trump von Europa Ende Dezember mehr Gas- und Ölimporte aus den USA, ansonsten würde er Zölle auf europäische Autos oder Maschinen erwägen. Es braucht also nicht viel Phantasie, um sich auszumalen, dass eine zweite Amtszeit neue Handelskonflikte auslösen könnte, die vor allem Deutschlands exportorientierte Wirtschaft empfindlich treffen würden.
Argumentation eines kleinen Kindes
Aufschlussreich ist auch, sich noch einmal zu verwirklichen, wie bzw. warum diese Kaskade aus Zöllen und Gegenzöllen überhaupt losgetreten wurde. Die USA hatten seit etlichen Jahren teils hohe Handelsdefizite im Güterhandel mit vielen Handelspartnern. Im Wahlkampf 2016 wurde Trump nicht müde, diese als „unfair“ zu bezeichnen und Zölle als Allheilmittel zu preisen. Anstatt also selbst versuchen, besser zu werden, bessere Produkte zu entwickeln, die auf den internationalen Märkten gefragt werden,, entschied die Trump-Administration sich dafür, alle anderen mit Zöllen zu belegen. Dass dies für den Welthandel nicht nur kontraproduktiv, sondern sogar oftmals regelwidrig war, wurde in den Folgejahren klargestellt: Zum Beispiel urteilte die Welthandelsorganisation (WTO) 2023 ganz offiziell, dass die unter Trump erhobenen Stahl- und Aluminiumzölle gegen geltende WTO-Regeln verstoßen. Die Reaktion aus Washington am 30. Januar 2023 war, das Urteil nicht anzuerkennen.
Neben den offensichtlichen wirtschaftlichen negativen Konsequenzen ist dieses Verhalten das besorgniserregendste einer neuen Trump-Präsidentschaft. Nicht nur in Wirtschaftsfragen, auch in seinen zahlreichen persönlichen Gerichtsprozessen hat er zur Genüge unter Beweis gestellt, dass er geltendes Recht nicht für bindend hält, sondern stets nach seinen eigenen bzw. den US-Interessen handelt. Jüngst zeigte sich das in seinen bizarren und völkerrechtswidrigen Äußerungen zu Grönland oder zum Panama-Kanal. Zudem können Trumps Meinungen je nach Großwetterlage oder politischer Stimmung tagtäglich ändern, aktuelles Beispiel ist das heiß debattierte TikTok-Verbot in den USA. Zeigte sich der „President-Elect“ lange Zeit als vehementer Gegner der chinesischen App, ist nun ein deutlicher Stimmungswechsel zu erkennen. Der Grund? Seine Beliebtheit auf TikTok hat ihm im Wahlkampf nicht wenige Jungwähler-Stimmen beschert.
Vielleicht das größte Problem in der Kooperation mit Trump 2.0. ist aber die Klimapolitik. Gleich nach der Amtseinführung hat er den Rückzug von den USA aus dem Paris Abkommen angeordnet. Unter dem Motto „Drill, Baby drill“ propagierte er zudem pausenlos eine starke Förderung der umweltschädlichen Fracking-Industrie. Der Posten des Energieminister soll fast folgerichtig an den Fracking-Unternehmer und Klimawandelleugner Chris Wright gehen, der ganz unverhohlen auf fossile Energie setzt. Eine solch drastische Abkehr der USA von Kooperationen im Bereich der Klimapolitik und erneuerbaren Energien würde Deutschlands Bemühungen um eine grüne Transformation bremsen und Energiepartnerschaften erschweren. Mehr noch, es stellt eine existenzielle Bedrohung für die ganze Welt dar.
Vor diesem Hintergrund wird es für Deutschland entscheidend, die Beziehungen zu China zu stärken. Ein pragmatischer Ansatz in der Außenpolitik der neu zu wählenden Bundesregierung könnte dazu führen, eine noch stärkere Win-win-Kooperation mit China, dem größten Handelspartner und einer treibenden Kraft für die grüne Transformation, entstehen zu lassen. Geopolitisch könnten bessere Beziehungen zu China Deutschland zudem eine ausgewogenere Position in der internationalen Politik ermöglichen, ohne vollständig von den USA abhängig zu sein. Dies würde gleichzeitig auch Raum für eine unabhängige europäische Strategie schaffen.
Angesichts der Risiken einer zweiten Trump-Amtszeit ist eine diversifizierte Außenpolitik für Deutschland unabdingbar. Ein Ausbau der wirtschaftlichen, technologischen, klimapolitischen und diplomatischen Beziehungen zu China würde die Möglichkeit bieten, Risiken zu minimieren und neue Chancen für nachhaltiges Wachstum und geopolitische Stabilität zu schaffen.
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