Rund 70 Prozent der Wasserressourcen werden in der Landwirtschaft
verbraucht. Die Landwirtschaft ist deshalb ein zentraler
Schwerpunkt bei der Bekämpfung der Wasserarmut und der
Wassereinsparung. Analysen zufolge kann die Landwirtschaft Chinas
auch ohne steigenden Wasserverbrauch die Ernähungsbedürfnisse der
Bevölkerung befriedigen. Voraussetzung dafür seien Fortschritte in
Wissenschaft und Technik sowie ein größeres Investitionsvolumen,
betonte Professor Liu weiter:„Der Wasserverbrauch ist im
Alltagsleben und in Industrie nicht so groß, in der Landwirtschaft
aber umso größer. Dort verdampft ein Großteil des Wassers allein
durch die Fotosynthese. Das führt nicht zu mehr Niederschlägen,
verschlingt aber mehr als 90 Prozent der in der Landwirtschaft
verbrauchten Wasserressourcen. Mehr Wasser für die Landwirtschaft
führt zu noch höheren Verlusten bei den Wasserressourcen.“
Nach jüngsten statistischen Angaben des chinesischen
Wissenschaftsinstituts wird in China so viel Wasser wie in den USA
verbraucht. Das Bruttoinlandsprodukt der USA ist aber acht Mal so
groß wie das Chinas. Der Anteil des Wassers, das der Industrie
wiederaufbereitet zugeführt wird, erreicht nicht einmal die Hälfte
des Anteils in den Industrieländern. In China mangelt es an
gesetzlichen Regelungen und Bestimmungen. Seit langem wird beim
Wasserverbrauch das Wassersparen vernachlässigt. Mit den
Wasserressourcen wird eher verschwenderisch umgegangen. Jetzt
sollen in China verstärkt Maßnahmen zur Wassereinsparung getroffen
werden, erzählt Professor Liu Changming weiter:„Ziel der Maßnahmen
ist die Wassereinsparung, weil gegenwärtig noch sehr
verschwenderisch mit Wasser umgegangen wird. Eine der Maßnahmen ist
die Erhöhung des Wasserpreises. Mit zunehmendem Wachstum der
Wirtschaft und der Erhöhung des Einkommens bei den Menschen ist
diese Maßnahme durchführbar. In politischer Hinsicht wird der Staat
die Wasserressourcen zentral verwalten und verteilen. Die
Verteilung des Wassers wird strenger überwacht, um die
Verschwendung der Wasserressourcen zu verhindern.“
Ein rationeller Wasserpreis ist ein wichtiger Schritt zu mehr
Wassereinsparung, zur Beseitigung der Wasserverschmutzung und der
rationellen Einsetzung der Wasserressourcen. Die privaten Haushalte
gaben im Jahre 1988 in den 36 großen bzw. mittelgroßen Städten 0,14
Yuan für einen Hektoliter Wasser aus, heute müssen sie bereits 1,27
Yuan zahlen. Dies bedeutet eine Preissteigerung von jährlich 19,3
Prozent.
Für die chinesische Regierung ist die Förderung der
Wassereinsparung eine strategische Maßnahme, um die
Wassernutzungsrate zu erhöhen und dem Ziel einer wassersparenden
Gesellschaft näherzukommen. Die chinesische Regierung drängt
darauf, die sich verschärfende Wasser-Krise zu lösen. So wurden
einige große Wasser-Projekte in Angriff genommen. Am
aufsehenerregendsten ist das Projekt " Versorgung Nordchinas mit
Wasser aus Südchina", ein Projekt, das zum zehnten 5-Jahres-Plan
gehört. Das Projekt, das voraussichtlich in diesem Jahr starten
wird, soll die Trockengebiete Nord- und Nordwestchinas mit sauberem
Wasser des Yangtse und dessen Nebenflüsse versorgen. Jährlich
sollen planmäßig rund 38 bis 48 Milliarden Kubikmeter Wasser nach
Nordchina geleitet werden. Dies entspricht in etwa dem
Wasservolumen des Gelben Flusses. Schätzungen zufolge sollen die
von der Wasserarmut betroffenen Gebiete Nordchinas bis 2010 mit
Wasser des Yangtse versorgt werden.
Dazu noch einmal Professor Liu Changming von der Akademie der
Wissenschaften:„Das vom Staat initiierte Projekt "Versorgung
Nordchinas mit Wasser aus Südchina" kann den Wassermangel in
Nordchina beheben. Ich muss jedoch betonen, dass auch dieses
Projekt nur auf Basis einer strengen Wasserhaushaltung erfolgreich
sein wird. Geht man weiter so wie früher mit dem Wasser um, wird
auch das aus dem Süden hergeleitete Wasser verschwendet werden.
Diese Vorgehensweise lohnt sich nicht. Ministerpräsident Zhu Rongji
hatte einmal drei Regeln aufgestellt. Die lauten: man sollte zuerst
sparsam mit Wasser umgehen, bevor Wasser aus dem Süden hergeleitet
wird. Man sollte zuerst die Verschmutzung beseitigen, bevor das
Wasser fliessen kann. Und man muss zuerst den Umweltschutz
gewährleisten, bevor das Wasser genutzt wird. Dies sind nunmehr
grundlegende Prinzipien der chinesischen Regierung bei der Nutzung
der Wasserressourcen in Nordchina.“
Zur Errichtung einer wassersparenden Gesellschaft werden drei
Faktoren einen wichtigen Beitrag leisten. Zum einen mehr
Wasserersparnis durch wissenschaftlich-technischen Fortschritt,
zweitens der Beitrag der Industrie zur Wassereinsparung und
drittens die politische Unterstützung. Der Wasserpreis könnte in
diesem Prozess die wichtigste Rolle spielen. Zum Faktor
wissenschaftlich-technischer Fortschritt gehören eine häufigere
Wiederaufbereitung des Wassers, die Erschließung alternativer
Wasserressourcen und die Speicherung von Regenwasser in den
Bergregionen.
Hinsichtlich der Versorgung der Städte mit Wasser stehen viele
Länder der Welt vor der Aufgabe, sparsamer mit Wasser umzugehen.
Selbst Länder mit reichen Wasserressourcen sind in den letzten
Jahren infolge der zunehmenden Abwasserbelastung zu größerer
Wassereinsparung übergegangen. In einer modernen Stadt ist die
Wasserversorgung ein kompliziertes Unterfangen. Die Behörden können
dort vor allem über den Preis einen sparsameren Umgang mit Wasser
erreichen.