Home Aktuelles
Multimedia
Service
Themenarchiv
Community
Home>Wirtschaft Schriftgröße: klein mittel groß
19. 04. 2012 Druckversion | Artikel versenden| Kontakt

Jetzt wird's brenzlig: Europäische Krise erreicht China Exklusiv

Schlagwörter: Europäische Krise China Wachstumsflaute

Von Marc-Stephan Arnold, Beijing

Aufgrund der sinkenden Nachfrage und weniger Direktinvestitionen aus Europa wächst nun auch in China die Angst vor einer harten Landung. Der chinesische Binnenkonsum kann die wegbrechende Auslandsnachfrage nicht kompensieren – die Sparquoten chinesischer Haushalte sind dafür viel zu hoch.

Die Krise ist in China angekommen – das zeigen die Daten für das erste Quartal 2012 ganz deutlich. Die schwächelnde US-Wirtschaft und die geradezu katastrophale Lage in Europa machen sich nun auch in China bemerkbar. Nachdem bereits das vierte Quartal des letzten Jahres mit seinen immer noch beeindruckenden 8,9 Prozent Wachstum schon das schlechteste in 2011 war, wurde im ersten Quartal 2012 nun nochmal ein deutlicher Rückgang verzeichnet: nur 8,1 Prozent Wachstum konnten ermittelt werden.

Doch nicht nur die Nachfrage aus Europa lässt nach, auch die Direktinvestitionen sind beträchtlich gesunken: waren im gleichen Vorjahreszeitraum noch über zwei Milliarden Euro an europäischen Direktinvestitionen nach China geflossen, so waren es im ersten Quartal 2012 nur noch knapp 1,4 Milliarden – ein Einbruch von über 31 Prozent. Diese Zahlen machen vor allem zwei Dinge deutlich: erstens geht es der europäischen Wirtschaft im Moment ganz offensichtlich sehr schlecht. Und zweitens scheint auch das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der chinesischen Wirtschaft gesunken zu sein.

Shen Danyang, der Sprecher des chinesischen Finanzministeriums, drückte es wiefolgt aus: "Die Aussichten für dieses Jahr sind ziemlich düster." In Zeiten einer stagnierenden Wirtschaft würden viele Unternehmen eben nicht gerne investieren, so Shen weiter.

Selbst die zuvor von manchen chinesischen Wirtschaftsexperten als "übertrieben pessimistisch" bezeichnete Prognose der chinesischen Regierung, die für 2012 von einem Wachstum von nur 7,5 Prozent ausgeht, scheint in diesem Zusammenhang immer realistischer zu werden. Die von Premierminister Wen Jiabao bisher getroffenen Maßnahmen zur Revitalisierung der Binnennachfrage greifen noch nicht – die Sparquote chinesischer Haushalte liegt weiterhin jenseits der 40 Prozent und damit im internationalen Vergleich auf einem absoluten Spitzenplatz.

Des Weiteren haben aufgrund der Maßnahmen der Regierung zur Abkühlung des Immobilienmarktes viele kleine und mittlere Unternehmen nun Schwierigkeiten, an frisches Geld zu kommen. Auf dem chinesischen Markt herrscht derzeit eine veritable Kreditklemme.

Es scheint sich daher bereits abzuzeichnen, dass China in diesem Jahr keine beeindruckenden neuen Wachstumswerte wird erzielen können. Damit fällt das Reich der Mitte als "Lokomotive der Weltwirtschaft" leider aus. Der chinesische Wirtschaftsmotor stottert ganz massiv. Das drückt sich auch in der Korrektur aus, die die Weltbank an ihrer Prognose vorgenommen hat: war man im letzten November noch von einem chinesischen Wirtschaftswachstum von 8,4 Prozent für 2012 ausgegangen, so hat man diese Prognose nun auf 8,2 Prozent heruntergeschraubt. Dies wäre an sich schon das schlechteste chinesische Ergebnis der letzten 13 Jahre – wobei es nach unten hin noch einigen Spielraum gibt. Denn sollte sich der gegenwärtige Trend fortsetzen, dann wird das chinesische Wirtschaftswachstum in diesem Jahr unter acht Prozent liegen. Wer nun glaubt, dass das alles kein Problem sei und acht Prozent "immer noch gut" sind, der beachtet dabei nicht, dass China, allein um den Status Quo aufrechtzuerhalten, mindestens ein gleichbleibend hohes Wachstum von etwa acht Prozent benötigt. Einige chinesische Wirtschaftsexperten gehen jedenfalls davon aus, dass für je 0,1 Prozent, die das Wachstum unter der Acht-Prozent-Marke liegt, bis zu zwei Millionen Arbeitsplätze verloren gehen.

In China ist man sich darüber im Klaren, dass man aus Europa in nächster Zeit keine positiven Wirtschaftsnachrichten zu erwarten hat. Und auch die Amerikaner können sich derzeit beim Konsum keine großen Sprünge erlauben. China ist weitgehend auf sich selbst gestellt und muss das beste aus der Situation machen.

Quelle: german.china.org.cn

Druckversion | Artikel versenden | Kommentar | Leserbrief | zu Favoriten hinzufügen | Korrektur

Kommentar schreiben
Kommentar
Ihr Name
Kommentare
Keine Kommentare.
mehr