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07. 05. 2013 Druckversion | Artikel versenden| Kontakt

Gute Perspektiven für die Atomenergie in China

Schlagwörter: Perspektiven Atomenergie in China

Kernkraft gilt als saubere Energiealternative. Bei der Nutzung soll die Sicherheit im Vordergrund stehen.

Am 17. Februar um 15.09 Uhr ist der erste Block des Atomkraftwerks Hongyanhe in Dalian (Provinz Liaoning) in Betrieb gegangen. Es ist das erste Atomkraftwerk im Nordosten Chinas und zugleich das erste Kernkraftprojekt des Landes seit der Atomkatastrophe in Fukushima (Japan) im März 2011.

"Die nukleare Katastrophe in Fukushima hat sich negativ auf den Ausbau der Kernenergie in China ausgewirkt. Es ging nur noch langsam voran", sagt Zhu Zhiyuan, Vizepräsident der Shanghai-Zweigstelle der Chinesischen Akademie der Wissenschaften und Vizepräsident der Chinesischen Gesellschaft für Atomphysik.

Nach der Katastrophe von Fukushima hatte China den Bau von Kernkraftwerken unterbrochen, um die Sicherheitsmaßnahmen zu verbessern. Im Oktober 2012 genehmigte der Staatsrat die Wiederaufnahme der Bauarbeiten an der Küste, nicht aber im Inland.

"Dies zeigt, dass die Regierung mehr als umsichtig bei der Entwicklung der Kernenergie vorgeht. Es ist ganz klar, dass Sicherheit an erster Stelle steht", meint Zhu.

Vor der ersten Tagung des 12. Nationalen Volkskongresses schlug die Delegation aus Hunan am 4. März bei einer Gruppenkonferenz vor, auch den Bau von Kernkraftwerken in Binnenland so bald wie möglich wieder aufzunehmen. Als erstes sollten die Pläne zum Atomkraftwerk Taohuajiang in der Provinz Hunan in die Tat umgesetzt werden.

"Atomenergie ist eine saubere Energie. In Hunan kann sie die Lücken bei der Energieversorgung schließen", sagt Huang Boyun, Vizepräsident der Chinesischen Gesellschaft für Wissenschaft und Technik.

Dringender Bedarf

In den Industrieländern wendet man sich zunehmend von der Atomenergie ab. Drei Monate nach der Atomkatastrophe in Fukushima hat der Deutsche Bundestag per Gesetz beschlossen, bis zum Jahr 2022 aus der Kernenergie auszusteigen. Frankreich will den Anteil der Atomenergie bis 2025 von 75 auf 50 Prozent senken.

"China ist ein riesiges Land mit einer großen Bevölkerung und einer ebensolchen Nachfrage nach Kernenergie. Daher ist es unwahrscheinlich, dass man dem Beispiel dieser Länder blind folgt. Eine begrenzte Anzahl an Energiequellen bzw. nur eine Versorgungsquelle allein können den großen Energiebedarf angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung und der angestrebten Verbesserung der Lebensqualität nicht decken", sagt Zhu, der an der Technischen Universität München promoviert hat.

Heute macht Atomenergie nur 1,8 Prozent des gesamten Energieverbrauchs in China aus. Lediglich 17 Kernkraftwerke sind in Betrieb. "Fast alle Industriestaaten der Welt wie die Vereinigten Staaten, Frankreich, Südkorea und Japan haben einen großen Anteil Kernenergie in ihrem Energiemix", sagt Zhu. "Auch in Deutschland gehen die Expertenmeinungen zum Atomausstieg auseinander."

Bei der Erzeugung von Atomstrom würden keine Kohlen-, Schwefel- oder Stickstoffdioxide emittiert, erklärt Sun Qin, Präsident der China National Nuclear Corp (CNNC). "Wenn China sich auf die Kernenergie konzentriert, wird die Zahl der diesigen Tage definitiv abnehmen", meint Sun.

"Ein großes Land wie China benötigt eine riesige Menge an Energie, um sein Ziel, den Aufbau einer Gesellschaft mit bescheidenem Wohlstand, zu erreichen. Fossile Brennstoffe werden eines Tages ausgeschöpft sein, deshalb brauchen wir andere Energiequellen", ergänzt Huang. In seiner Heimatprovinz Hunan ist Energie knapp, genutzt werden nur Wasserkraft und thermische Energie. "In Hunan fehlt es an Kohlereserven, Kohle muss aus der Inneren Mongolei eingeführt werden. Nachdem die Vorräte knapp geworden sind, kommt es in der Provinz immer wieder zu Stromausfällen. Darüber hinaus verursacht auch die thermische Energie Umweltverschmutzung", sagt Huang. Wegen guter geologischer Voraussetzungen und einem geringen Erdbeben- und Tsunami-Risiko sei Hunan für einen Ausbau der Kernenergie geeignet, sagt er.

Sicherheit im Vordergrund

Als Folge der Atomkatastrophe von Fukushima warnte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am 28. Februar vor einem erhöhten Krebsrisiko in der Nähe der zerstörten Reaktoren im Nordosten Japans. In einem Umkreis von 20 Kilometern sei die Gefahr an Schilddrüsenkrebs zu erkranken, für Frauen und Kinder um bis zu 1,25 Prozent gestiegen, schreibt die WHO in ihrem Bericht über die gesundheitlichen Folgen des Unglücks für Japan und die restliche Welt. Auch das Risiko für Brustkrebs- und Leukämie-Erkrankungen dürfte steigen, wenngleich in geringerem Maße, wie es in dem 166-seitigen Bericht weiter hieß.

"Wir sollten ein den Tatsachen entsprechendes Verständnis der Kernenergie entwickeln. Es ist falsch, wegen des Unfalls in Fukushima auf sie zu verzichten", meint Huang und fügt hinzu, dass der Sicherheit beim Ausbau der Kernenergie oberste Priorität eingeräumt werden müsse.

Nach der Atomkatastrophe von Fukushima haben die Internationale Atomergie-Behörde, führende Politiker aus aller Welt und internationale Atomexperten die nukleare Sicherheit im Hinblick auf Management und Technologie neu begutachtet.

Alle im Betrieb befindlichen und geplanten Atomkraftwerke verfügen über die neue AP1000-Technologie. In Fukushima wurde eine ältere Technologie aus der ersten und zweiten AKW-Generation verwendet. "Der Unfall ereignete sich, weil die beiden Notstromversorgungen zerstört wurden und die Wasserkühlung nicht mehr funktionierte", erklärt Zhu.

Die dritte AKW-Generation verfüge mit der AP1000-Technologie über einen hohen Sicherheitsstandard, sagt Zheng Yanguo, Generaldirektor der CNNC Hunan Taohuajiang Nuclear Power Co. Ltd. Im Notfall läuft diese Technologie ohne menschliches Zutun automatisch 72 Stunden sicher weiter. Sie wird auch im Kernkraftwerk Taohuajiang zum Einsatz kommen.

Die Wahrscheinlichkeit eines Atomunfalls würde auf ein Minimum reduziert, so Zhu. Unmittelbar nach einem Unfall könne die Strahlung durch diverse Maßnahmen auf ein Minimum reduziert werden. Auch die zur Kühlung benötigte Wassermenge könne signifikant verringert werden. Derzeit gilt nur die vierte Generation der Atomkraftwerke als noch sicherer und sparsamer.

"China wird beim Ausbau der Kernenergie nur die sichersten Reaktor-Typen und die modernsten verfügbaren Technologien nutzen ", erklärt Zhu." Wir haben später mit der Entwicklung der Kernenergie begonnen, daher können wir einiges aus den Erfahrungen anderer Länder lernen."

China hat ebenfalls Vorschriften und Bestimmungen zur Verhinderung und Kontrolle der nuklearen Verseuchung formuliert. Zhu schlägt außerdem ein Gesetz zur Atomsicherheit vor, um vorhandene Strategien und Technologien zu koordinieren und gleichzeitig eine vernünftige Entwicklung der Branche zu fördern.

Zukunftsperspektiven

"Nach dem Unfall in Fukushima ist die Angst der Chinesen vor der Kernenergie größer geworden, gleichzeitig wissen die Leute mehr über nukleare Strahlung und unter welchen Umständen es sicher ist", sagt Zhu. Es ist die Unsichtbarkeit der Strahlung, die die Menschen beunruhigt. "In der Tat sind wir auf der Erde jeden Tag Strahlungen ausgesetzt, bleibt sie aber unterhalb einer bestimmten Dosis, stellt sie keine Gefahr dar ", erklärt er.

"Atomkraft muss als saubere Energiequelle für China weiterentwickelt werden. Wir müssen die Bevölkerung besser darüber aufklären", sagt Huang.

Zhu glaubt an eine glänzende Zukunft für die Atomenergie in China, es gebe außerdem noch großen Spielraum für technische Verbesserungen. Das im Bau befindliche Atomkraftwerk Shandong Shidaowan wird mit der in China entwickelten vierten Technologie-Generation arbeiten. Die Tsinghua Universität und das China Institute of Atomic Energy entwickeln die vierte Reaktoren-Generation.

Atomkraft kann sich im Preiswettbewerb eher durchsetzen als thermische Energie. "Es lohnt sich, in die Kernenergie zu investieren. Daher sind so viele lokale Regierungen und Unternehmen bereit, Atomkraftwerke zu bauen", sagt Zhu.

Auch im Binnenland seien künftig Atomkraftwerke wie in den USA und Europa denkbar, sagen Zhu und Huang. "Aus Sicherheitsgründen muss die Regierung weitere Gutachten zum Bau von Kernkraftwerken im Binnenland erstellen. Vollständig ausgeschlossen sind solche Projekte nicht ", sagte Zhu.

Die Vorbereitungen zum Bau des Atomkraftwerks Taohuajiang seien fast abgeschlossen, so Zheng. Es soll künftig fünf Millionen Kilowatt Strom produzieren, die Zeiten der Energieknappheit in Hunan dürften sich so deutlich reduzieren.

"Was wir noch brauchen, ist die Genehmigung des Staatsrats. Wenn die Bauarbeiten in diesem Jahr beginnen können, kann das AKW bis zum Jahr 2017 oder 2018 ans Netz gehen."

Quelle: Beijing Rundschau

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