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13. 05. 2013 | Druckversion | Artikel versenden| Kontakt |
Chinas Wirtschaft wird durch den abgewerteten Yen beeinträchtigt. Die Regierung sollte besonnen handeln, um keinen Währungskrieg auszulösen.
Die Angst geht um in einem zweigeschossigen Haus an der fünften Ringstraße im Süden Beijings. Das Gebäude gehört der Beijing Changhao Foodstuff Co. Ltd., einem kleinen Unternehmen, das tiefgefrorene Baozi (gedämpfte Teigtasche mit Fleisch-, Gemüse- oder süßer Füllung) produziert und nach Japan exportiert. Aber die schnelle Abwertung des Yen hat sich negativ auf das Geschäft ausgewirkt. Selbst eine Schließung des Unternehmens ist nicht mehr ausgeschlossen.
"Für jedes Baozi, das wir nach Japan verkaufen, berechnen wir 2,5 Yuan. Ende März forderte der japanische Importeur eine Preissenkung von 15 Prozent. Das ist inakzeptabel für uns, denn unser Bruttogewinn liegt nur bei 15 Prozent. Wenn wir die Preise wie gewünscht senken, machen wir keinen Profit", erklärte Chang Hao, Geschäftsführer des Unternehmens.
Die Ursache für die Preissenkung liegt in der Abwertung des Yen. Seit Oktober letzten Jahres, als Changhao die Verträge mit Japan unterzeichnete, hat er 25 Prozent seines Wertes verloren. "Gleichzeitig ist das Preisniveau in China um 10 Prozent gestiegen", so Chang. "Wenn die Japaner auf der Preissenkung bestehen, müssen wir den Vertrag kündigen."
Wie Changhao hat auch die Shanghai Hyron Software Co. Ltd. Probleme durch den Yen. 70 Prozent der Unternehmensumsätze kommen aus Japan. Laut Geschäftsbericht vom 10. April sanken die dortigen Verkaufsumsätze, der Bruttogewinn fiel 2012 um 4,43 Prozent. "Die Finanzmittel, die das Unternehmen eingesetzt hat -- wie Devisentermingeschäfte -- konnten die Verluste durch den abgewerteten Yen nicht vollständig ausgleichen. Der Nettogewinn des Unternehmens ist gesunken", hieß es weiter.
Seit Juli 2012 hat der schwache Yen chinesische Export-Unternehmen, die auf den japanischen Markt abzielen, schwer getroffen. Die Zahlen des Staatlichen Statistikamts zeigen, dass Chinas Handelsvolumen in Ländern wie den USA und den ASEAN-Staaten im ersten Quartal 2013 stabil gewachsen ist, während der Handel mit Japan im Vorjahresvergleich um 10,7 Prozent einbrach.
Beeinträchtigung des Wachstums
Yi Xianrong, Forscher im Professorsrang am Institut für Finanz- und Bankwesen an der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften, hält das Verhalten der japanischen Regierung für unverantwortlich. Die Einführung einer "unbegrenzten Lockerungspolitik" führe zu einer konstanten Abwertung des Yen und habe schwerwiegende Folgen für Chinas Wirtschaft.
Der Rückgang im Außenhandel ist die unmittelbarste Folge. Nach Einschätzung der China International Capital Corp. Ltd. werden die Exporte um 2,5 Prozent abnehmen, falls der Yuan im Vergleich zum Yen um 20 Prozent aufgewertet wird.
Abgesehen vom Rückgang des Handels wird Japans verarbeitende Industrie durch die Abwertung des Yen wettbewerbsfähiger, was wiederum den internationalen Markt für chinesische Produkte verkleinert. "China und Japan produzieren fast identische Produkte, vor allem im Automobil- und Haushaltsgerätesektor. Da die Produktionskosten japanischer Unternehmen hoch sind, sind auch ihre Produkte normalerweise 10 bis 20 Prozent teurer als chinesische Erzeugnisse", sagt Yi. "Der Yen ist um mehr als 25 Prozent gegenüber dem Yuan gefallen. Daher sind japanische Produkte im Vergleich zu chinesischen deutlich konkurrenzfähiger geworden."
"Die Abwertung des Yen wird auch zur Abwertung weiterer asiatischer Währungen und zu einer Aufwertung des Yuan führen. Das wird Chinas Exporte nach Asien und in andere Regionen der Welt schwächen", ergänzte Yi.
Die Auswirkungen eines schwachen Yen auf den chinesischen Markt sollte man nicht ignorieren. Japan hält bei einer Bevölkerung von 127 Millionen Menschen finanzielle Vermögenswerte im Höhe von 9 Billionen Dollar. Zum Vergleich: Chinas Bevölkerung umfasst 1,3 Milliarden Menschen, dem stehen lediglich Vermögenswerte in Höhe von 7 Billionen Dollar gegenüber. Die Verbrauchskapazität in Japan ist 15 Mal höher als in China. Obwohl China die zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt ist, hat Japan als drittgrößte Wirtschaftsmacht deutlich mehr globalen wirtschaftlichen Einfluss. Da mit einer Aufwertung des Yuan gegenüber dem Yen und anderen wichtigen Währungen gerechnet wird, wird China zu einem bedeutenden Zuflussort für den Yen. Es droht eine importierte Inflation.
"Eine durch den abgewerteten Yen importierte Inflation ist unkontrollierbar und schwer zu regulieren. Für China wird es schwieriger, die angestrebte Stabilisierung des Wachstums und Inflationskontrolle umzusetzen ", so Yi. Es zeuge von politischem Verantwortungsbewusstsein, den Yuan nicht aufzuwerten. Sollte sich die Abwertung des Yen fortsetzen und ein für China tolerierbares Maß überschreiten, werde Chinas Wirtschaft ernsthaft beeinträchtigt.
Chinas Reaktion
Auf der jährlichen Konferenz des Internationalen Währungsfonds im April in Washington erklärte Yi Gang, stellvertretender Direktor der chinesischen Zentralbank und Leiter der staatlichen Devisenverwaltung, dass China die Abwertung des Yen genau im Auge behalte, und bereit sei, gegen seine schnelle Entwertung vorzugehen.
China sollte eine lockerere Währungspolitik in einigen Ländern in Erwägung ziehen, so Yi. Einerseits könne eine adäquate Geldpolitik die dortige Nachfrage erhöhen und damit die Weltwirtschaft stärken und die globale wirtschaftliche Erholung fördern; für den Fall, dass eine gelockerte Währungspolitik zu einem Abwertungswettbewerb führe, profitiere allerdings niemand.
Yi verriet nicht, welche Maßnahmen China in der Hinterhand hat. Auch die Zentralbank äußerte sich diesbezüglich nicht. In einer Stellungnahme der Bank hieß es, man hoffe, dass es keinen globalen Abwertungswettbewerb geben werde und die Länder entsprechende Strategien in Übereinstimmung mit der beim G20-Gipfel getroffenen Vereinbarung umsetzen würden.
Angesichts der Tatsache, dass Südkorea zur Bewältigung seiner Probleme ein Export-Anreizpaket im Wert von 15,3 Milliarden Dollar geschnürt hat, dürfe China nach Ansicht von Lu Zhengwei, Chefökonom der Industrial Bank, nicht passiv bleiben. China sollte sich dem vielmehr anschließen.
"Die Abwertung des Yen hat verhindert, dass der koreanische Won an Stärke gewonnen hat und Chinas Industrie unter Druck gesetzt. Die verarbeitenden Industrien im Highend-Bereich (Anlagenfertigung mit hohem technologischen Niveau), wie Schiffbau, Eisen und Stahl, Auto, Photovoltaik und Elektronik werden allesamt von japanischen und koreanischen Unternehmen dominiert", sagte Lu. Er zeigte sich besorgt darüber, dass bei einer fortgesetzten Abwertung des Yen die Wahrscheinlichkeit steige, dass China in die "mittlere Einkommensfalle" tappe.
Auch wenn der Yuan nicht wie der Yen abgewertet wurde, sollten China und Südkorea zusammen Japan bi- und multilateral in die Pflicht nehmen, so Lu.
"Die chinesische Regierung sollte zuerst einmal den Wechselkurs des Yen genau im Auge behalten. Sie sollte zumindest ihre eigenen Standpunkte zum Ausdruck bringen und nicht zulassen, dass Japan seine Probleme ungestört auf andere abwälzt. China muss zudem den Wechselkurs des Yuan flexibler gestalten."
China sollte seine Währungspolitik auf angemessene Weise lockern und den Spielraum für eine Aufwertung des Yuan verkleinern, sagte Yuan. So könnten sich chinesische Unternehmen über Wasser halten.
Yi argumentiert ähnlich. Eine Abwertung des Yuan würde zu einem verstärkten weltweiten Abwertungswettbewerb und letztendlich zu Verlusten für alle beteiligten Parteien führen. Angesicht der Tatsache, dass die chinesische Wirtschaft wächst, weiterhin ein innerer Inflationsdruck besteht und Rohstoffpreise auf dem internationalen Markt vermutlich steigen werden, sollte China seine Währungspolitik vorsichtig und moderat lockern, so den Wechselkurs des Yuan stabilisieren und Export-Einbußen durch einen schnell aufgewerteten Yuan abfedern.
China sollte künftig mit quantitativen Maßnahmen der Liquidität entgegensteuern und eine schnelle Aufwertung des Yuan verhindern, so Yi. Dies sei aber nicht genug.
"China sollte effektive Maßnahmen zur Stabilisierung des Yuan-Wechselkurses ergreifen und die Erwartungen des Marktes an seine Aufwertung dämpfen", so Yi. "Es sollte außerdem dem illegalen grenzüberschreitenden Kapitalfluss energisch Einhalt gebieten, um einen plötzlichen Zustrom von heißem Geld und große Fluktuationen auf dem Grundstücks- und Finanzmarkt zu vermeiden."
Quelle: Beijing Rundschau
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