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26. 07. 2013 Druckversion | Artikel versenden| Kontakt

Strafzölle auf Chemikalie aus Europa

Schlagwörter: Strafzölle Chemikalie Europa

Die Handelsstreitigkeiten zwischen China und der EU nehmen zu. Ist überhaupt ein Ende in Sicht?

China hat am 28. Juni Anti-Dumping-Zölle auf Toluidin aus der EU eingeführt. Toluidin ist eine Chemikalie, die häufig in Farbstoffen, pharmazeutischen Produkten und Pestiziden eingesetzt wird. Damit geht das Reich der Mitte zum zweiten Mal in jüngster Vergangenheit gegen EU-Produkte vor. Nach der Einführung provisorischer Strafzölle auf chinesische Solarmodule hatte es mit Strafzöllen und Ausgleichsabgaben auf Weine aus der EU geantwortet.

Nach Angaben des Handelsministeriums (MOFCOM) werden auf Toluidine des deutschen Unternehmens Lanxess nun Strafzölle in Höhe von 19,6 Prozent erhoben, alle anderen EU-Firmen zahlen sogar 36,9 Prozent. Die Zölle bleiben fünf Jahre lang in Kraft.

2011 importierte China 13.589,55 Tonnen Toluidin aus der EU, das entspricht 16,07 Prozent des nationalen Marktvolumens.

Branchen-Insider glauben, dass die jüngste Maßnahme ein klarer Hinweis darauf ist, dass es kaum Fortschritte bei der Beilegung der Handelsstreitigkeiten zwischen China und der EU gibt. Die Zölle auf Toluidin seien zweifellos eine weitere Reaktion auf die Anti-Dumping-Ermittlungen gegen Solarmodule aus China, um die eigene Position bei Handelsverhandlungen zu stärken.

Keine Vergeltung

Laut MOFCOM sind die Zölle nicht per se eine Reaktion auf das Vorgehen der EU. Sie wurden vielmehr von chinesischen Unternehmen eingefordert. Entsprechende Ermittlungen seien auf Antrag von Jiangsu Huaihe Chemicals Co. Ltd. vom 2. Mai 2012 durchgeführt worden. Einen kausalen Zusammenhag mit den Strafzöllen auf Solarmodule gebe es nicht.

In einem ersten Bericht vom Februar diesen Jahres kamen die Ermittler zu dem Ergebnis, dass Toluidin in China zu Dumping-Preisen verkauft worden sei ― zum Nachteil der heimischen Industrie.

Laut MOFCOM stieg der sichtbare Verbrauch von Toluidin während der Untersuchungszeit, die Produktionskapazität der chinesischen Hersteller blieb aber unverändert. Die starke Zunahme von Toluidin-Importen aus der EU zwang Produzenten, die die Chemikalie verwenden, ihre Preise zu senken. Laut Ermittlungen wurde Toluidin in Europa für durchschnittlich 1977,5 Dollar pro Tonne verkauft, während es in China mit 1548,99 Dollar pro Tonne deutlich günstiger war.

2010 und 2011 stieg der Preis für Toluidin in China um 3,8 bzw. 6,31 Prozent, chinesische Hersteller litten wegen der billigeren EU-Importe unter einem Rückgang der Gewinne und Rendite. 2011 erlitten sie so enorme Verluste, dass das Durchschnittsgehalt der Arbeiter sank.

Handelskrieg unwahrscheinlich

In einem CNN-Bericht vom 27. Juni hieß es, dass Chinas Vorgehen gegen Toluidin aus der EU "die letzte Salve in einem eskalierenden Streit zwischen zwei der wichtigsten Handelspartner" sei. Eine AFP-Meldung des gleichen Tages beschrieb die Maßnahme als "letzten Zank in einer Reihe bitterer Handelsstreitigkeiten zwischen zwei Wirtschaftsgiganten."

Zwei Wochen vor der Einführung der Strafzölle auf Toluidin gab die EU-Kommission ihre Entscheidung (2013/287/EU) bekannt, strenger gegen nicht autorisierten genetisch veränderten Reis in Reisprodukten aus China vorzugehen. Exporte von Reisprodukten werden damit den strengsten Kontrollen in der Geschichte der EU unterzogen.

Die EU ist die zweitgrößte Exportdestination für Lebensmittel und Agrarerzeugnisse aus China. Nach der Entscheidung vom 14. Juni wird jede Lieferung von Reisprodukten ohne Gesundheitszertifikat und Analysebericht ins Herkunftsland zurückgeschickt oder zerstört.

Solarmodule, nahtlose Stahlrohre, Wein, Toluidin und Reisprodukte waren in den letzten Monaten die Streitobjekte zwischen China und der EU. Könnte ein Handelskrieg zwischen den beiden großen Handelspartnern ausbrechen?

Zhang Yujing, Präsident der Chinesischen Handelskammer für den Import und Export von Maschinen und elektronischen Produkten, glaubt nicht daran. China sei nach den USA der zweitwichtigste Handelspartner für die EU, die EU ist der größte Markt für China. 2012 exportierte China Produkte im Wert von 290 Milliarden Euro in die EU, die EU wiederum verkaufte Waren im Wert von 144 Milliarden Euro nach China.

Aufgrund des wachsenden Handelsvolumens seien Streitigkeiten unvermeidbar, meinen Experten. Ein Handelskrieg käme aber beide Seiten teuer zu stehen. China wolle beim Handel mit der EU nicht verlieren, meinen Analysten, aber die EU auf ihr protektionistisches Verhalten hinweisen, was die Toluidin-Zölle erkläre. China bezeichnet diese Zölle denn auch als Warnung, nicht als Sanktion.

EU-Handelskommissar Karel De Gucht scheint gegen China voreingenommen. Trotz des Protests von 14 EU-Mitgliedsstaaten beschloss er die Einführung von Anti-Dumping-Zöllen auf chinesische Solarmodule. De Gucht mag auf Chinas Ermittlungen gegen Toluidin aus der EU reagiert haben, denn China erhält den größten Teil der Chemikalie aus Belgien, seinem Heimatland.

China und die EU sollten beide im Handelsstreit sachlich bleiben, meint Zhang. Die EU-Kommission kann Strafzölle bis zu sechs Monaten gegen jedes Produkt verhängen, braucht danach aber die Zustimmung einer Mehrheit der EU-Mitglieder. Er glaubt, dass China und die EU letztendlich geeignete Lösungen zur Beilegung ihrer Handelsstreitigkeiten finden werden.

Quelle: Beijing Rundschau

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