Dass Boeing mit dem Gedanken spielt, ein Auslieferungszentrum in China zu errichten, zeigt die Wichtigkeit des chinesischen Markts für das amerikanische Unternehmen. Der Flugzeugbauer schätzt, dass in der Volksrepublik in den nächsten 20 Jahren 6330 neue Zivilflugzeuge benötigt werden – davon mindestens 4630 Schmalrumpfflugzeuge mit nur einem Gang wie die Boeing 737 oder der A320 des europäischen Konkurrenten Airbus. Den Gesamtwert dieser Maschinen beziffert Boeing auf 950 Milliarden US-Dollar.

„Trotz der derzeitigen Volatilität am chinesischen Finanzmarkt erwarten wir langfristig starkes Wachstum in der Luftfahrtbranche des Landes“, hatte Randy Tinseth, Vize-Marketingchef der Boeing-Verkehrsflugzeugsparte, am 25. August betont.

Airbus – Boeings Hauptkonkurrent auf dem chinesischen Markt – verfügt mit der A320-Endmontagehalle in Tianjin bereits seit 2008 über eine Präsenz im Reich der Mitte. Im Juli hat hat der europäische Hersteller mit seinen chinesischen Partnern zudem einen Vertrag über die Errichtung eines Fertigungs- und Auslieferungszentrum für seinen A330 unterzeichnet. Das Zentrum wird ebenfalls in Tianjin gebaut.

Im vergangenen Jahr lieferten sich Airbus und Boeing in China ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Airbus konnte 153 Maschinen an chinesische Airlines liefern, Boeing 155.

Mit dem geplanten Auslieferungszentrum in China könne Boeing den chinesischen Markt in Zukunft besser bedienen, sagt Wang Ya'nan von der chinesischen Zeitschrift Aerospace Knowledge. Zudem signalisiere der US-Flugzeugbauer damit, dass er fest an den chinesischen Markt glaube und bereit sei, mit chinesischen Firmen zu kooperieren. Nach Ansicht von Wang wird das geplante Zentrum aber auch den Druck auf die inländische Flugzeugindustrie erhöhen. Der A320 von Airbus und die Boeing 737 seien beide direkte Konkurrenten für den von China in Eigenregie entwickelten Passagierjet C919.