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08. 10. 2015 | Druckversion | Artikel versenden| Kontakt |
Der Nobelpreis für Medizin wurde zum ersten Mal an China verliehen. Die Tatsache, dass die Trägerin, Tu Youyou, über keinerlei akademischen Grad verfügt, löste im Reich der Mitte eine Debatte über das bestehende akademische System aus.
Am Montag wurde der 85-jährigen Tu Youyou für ihren Beitrag zur Herstellung eines Medikamentes gegen Malaria als erster Chinesin der Nobelpreis für Medizin verliehen. In den 1970er Jahren entdeckte sie im Rahmen eines staatlichen Forschungsprogrammes den sekundären Pflanzenstoff Artemisinin, der in Folge weltweit im Kampf gegen Malaria eingesetzt wurde.
Eigentlich sollte diese Auszeichnung, auf die die Chinesen bereits lange gewartet hatten, ein Grund zu Stolz und Freude sein. Jedoch hat sie in der Volksrepublik große Diskussionen über das bestehende akademische System hervorgerufen. Denn Tu hat keinen akademischen Titel.
Online wurde ihr der Spitzname „Drei-Nicht“-Nobelpreisträgerin verpasst, da sie weder über einen Doktortitel verfügt, an keiner Universität in Übersee studiert hat und in China bis heute nicht in den Rang einer Akademikerin erhoben wurde.
Vor diesem Hintergrund stellen viele die Frage, ob das chinesische Wissenschaftssystem nicht reformiert werden sollte.
Dem Auswahlverfahren, mittels dessen die Akademiker der Chinesischen Akademie der Wissenschaften und der Chinesischen Akademie der Ingenieurwissenschaften (CAE) ernannt werden, haftet schon seit Längerem der Ruf der Korruption und Vetternwirtschat an, besonders seitdem Xie Jianping, Wissenschaftler des staatseigenen Tabakherstellers China Tobacco, im Jahr 2011 in den Akademikerstand aufgenommen wurde.
Der Nobelpreis sollte jedoch kein Maßstab sein, mittels dessen Chinas akademisches System zu bewerten ist. Es steht außer Frage, dass das bestehende System alles andere als perfekt ist, besonders vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Transformation, die Forschung und Innovation fördert. Auch der vom Dritten Plenum des 18. Zentralkomitees der KP Chinas im Jahr 2013 verabschiedete umfassende Reformplan hat deutlich gemacht, dass das akademische System, insbesondere was das Auswahlprozedere sowie die Themen und Altersbegrenzungen angeht, reformiert werden sollte.
Tus Nobelpreis jedoch als „Schlag ins Gesicht für Chinas akademisches System“ zu bezeichnen, geht definitiv zu weit. Das bestehende System hat einen großen Beitrag zum Wirtschaftswachstum, zum wissenschaftlichen und technologischen Fortschritt sowie zur Entwicklung der Verteidigungsindustrie geleistet. Und unabhängig davon, ob der Nobelpreis einem Chinesen oder einer Chinesin verliehen wird, hat China große Fortschritte in der Quantenkommunikation, im Bereich der Neutrinos, der Stammzellenforschung sowie der Entwicklung von Hochleistungsrechnern gemacht.
In Großbritannien, den USA, Russland und Schweden wurden bereits viel früher akademische Systeme eingerichtet als in China. Dennoch haben viele noch keinen Nobelpreisträger hervorgebracht, was auch nicht bedeutet, dass sie nicht große Errungenschaften für ihr Land erworben hätten.
Die Vergabe der Nobelpreise ruft aufgrund des „geheimen Auswahlverfahrens“ des Ausschusses, das aus dem Jahre 1895 stammt, immer wieder Kontroversen hervor und kann nach Meinung vieler renommierter Wissenschaftler nicht mehr mit der rasanten Entwicklung der heutigen Wissenschaft Schritt halten.
Der Nobelpreis ist dennoch zweifelsohne eine große Ehre. China sollte stolz auf Tu Youyou sein, das eigene akademische System aber nicht in den Schatten stellen.
Quelle: people.cn
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