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17. 02. 2013 Druckversion | Artikel versenden| Kontakt

"Wir müssen die Investitionsbeziehungen weiter verbessern" Exklusiv

Schlagwörter: Wirtschaftsreferent,Investition,Technologietransfer,Devisenreserven,Anti-Dumping-Untersuchung

Von Marc-Stephan Arnold und Cao Ying, Beijing

Herr Dr. Luchtmeier, Wirtschaftsreferent der Deutschen Botschaft in Beijing, erzählt im Interview mit China.org.cn über chinesische Investitionen in Deutschland, den Transfer deutscher Technologien und die Auswirkungen der Eurokrise.

China.org.cn: Herr Luchtmeier, China und Deutschland haben im letzten Jahr das 40. Jubiläum der Aufnahme ihrer diplomatischen Beziehungen gefeiert. In diesen 40 Jahren ist das Handelsvolumen zwischen beiden Ländern um das 617-fache gestiegen. Wie beurteilen Sie die aktuellen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und China?

Luchtmeier: Wir können bei den Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und China auf eine herausragende Erfolgsgeschichte zurückblicken, die bis heute anhält. Der Blick auf die jüngsten Exportzahlen zeigt, dass von Januar bis November 2012 nochmal Waren im Wert von 2,5 Milliarden Euro mehr nach China verkauft wurden als im Vorjahr. Gleichwohl dürfen wir uns natürlich nicht auf diesem Erfolg ausruhen. Um die deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen auf ein noch höheres Niveau bringen zu können, müssen wir vor allem die Investitionsbeziehungen weiter verbessern.

China hat von dem Austausch mit Deutschland mehr profitiert als von dem Austausch mit allen anderen europäischen Ländern – nicht nur in Sachen Direktinvestitionen, sondern vor allem auch was den Technologietransfer betrifft. Inzwischen investiert China auch immer stärker in Deutschland bzw. kauft deutsche Unternehmen auf. Haben Sie keine Angst, das sich die traditionsreichsten deutschen Unternehmen und ihre Patente und Technologien bald in chinesischem Besitz befinden könnten? Ist der Technologietransfer für beide Seiten vorteilhaft?

Chinesische Investitionen in Deutschland sind uns natürlich sehr willkommen. Wir sehen, dass es von chinesischer Seite ein nachhaltiges Interesse am Wirtschaftsstandort Deutschland gibt. Gleichzeitig sind chinesische Unternehmen in den letzten Jahren immer wettbewerbsfähiger geworden, und die Konkurrenz für deutsche Unternehmen nimmt zu. Wir raten natürlich unseren Unternehmen, Probleme von unfreiwilligem Technologietransfer zu thematisieren.

Wie sieht die deutsche Bevölkerung diese Entwicklung? Die Deutschen scheinen über die "chinesische Einkaufstour" sehr beunruhigt zu sein...

Die chinesische Strategie ist klar: Es gibt einen riesigen Berg an Devisenreserven, der angelegt werden muss. Da möchte man diversifizieren, und wir sehen derzeit bei der chinesischen Regierung eine stärkere Präferänz zu Realwerten, das heißt die chinesische Regierung unterstützt chinesische Privatunternehmen bei deren Investitionen im Ausland.

Man kann schon sagen, dass chinesische Investitionen in Deutschland unter besonderer Beobachtung der Öffentlichkeit stehen. Das liegt aber auch daran, dass mittlerweile sehr viel über China berichtet wird, und dass es bei Investitionen manchmal eben auch Probleme gibt, die dann in den deutschen Medien ausführlich dargestellt werden. Aber noch einmal: für uns ist China ein willkommener Investor wie jeder andere auch.

Sie sprachen gerade vom unfreiwilligen Technologietransfer – ist das ein häufig zu beobachtendes Phänomen? Haben deutsche Unternehmen in China damit schwer zu kämpfen?

Ein großer Unterschied zwischen dem chinesischen und dem europäischen Wirtschaftsmodell ist, dass staatliche Genehmigungsprozesse hier in China viel wichtiger sind. Zertifikate sind in China oft schwer zu erhalten, und auch bei den Produktstandards geht das Land oft einen eigenen Weg, der sich von der international üblichen Praxis manchmal deutlich unterscheidet. Zudem besteht in einigen Branchen noch ein Joint-Venture-Zwang. Bei den Genehmigungsprozessen sind die Anforderungen an ausländische Unternehmen zur Bereitstellung von Informationen für unseren Geschmack manchmal schon sehr hoch.

Eine wichtige Technologie ist zum Beispiel die Solartechnik. Kurz bevor die EU Anti-Dumping-Untersuchungen gegen die chinesischen Photovoltaik-Produzenten einleitete, hatte Bundeskanzlerin Merkel noch versprochen, mit der EU über diese Frage zu verhandeln. Aber es gelang ihr zum Ende hin offensichtlich nicht, die EU dazu zu überreden, auf das Anti-Dumping-Verfahren zu verzichten. Wie beurteilen Sie den Streit zwischen China und Deutschland bzw. der EU um die Photovoltaikindustrie? Warum kam es zu diesem Streit?

Wir haben in den vergangenen Monaten manch Anti-Dumping-Verfahren gesehen. Das ist per se erstmal nichts schlechtes, weil es zeigt, dass wir ein funktionierendes, multilaterales Handelssystem haben, bei dem Streitigkeiten innerhalb eines rechtlich festgelegten Rahmens geordnet beigelegt werden können. Ein Rahmen, der übrigens auch verhindern soll, dass solche Streitigkeiten eskalieren und die Handelsbeziehungen empfindlich stören.

Was die Photovoltaikindustrie anbelangt, so war dieser Fall natürlich der mit Abstand wichtigste, in dem ein Anti-Dumping-Verfahren eingeleitet wurde. Die Bundeskanzlerin hat bei ihrem letzten Besuch in China vorgeschlagen, zusammen mit der EU und mit den chinesischen Stellen einen Weg zu finden, die Probleme im Solarbereich in Gesprächen zu lösen und dadurch Anti-Dumping-Maßnahmen zu verhindern. Sobald die EU zu einer ersten Einschätzung gelangt, sind solche Gespräche wieder möglich, um den Interessenskonflikt nicht weiter eskalieren zu lassen. Es ist nicht an mir, hier eine Prognose über den Ausgang dieser Untersuchung abzugeben. Die chinesische Solarindustrie ist sehr exportorientiert – dabei schlummert hier in China selbst ein gigantischer Wachstumsmarkt, und ich glaube in Zukunft sollte es mehr darum gehen, den chinesischen Solarmarkt weiter zu entwickeln. Und für den Anschluss des Solarstroms an das chinesische Stromnetz könnte natürlich auch deutsche Technologie verwendet werden.

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Quelle: german.china.org.cn

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