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03. 11. 2008 | Druckversion | Artikel versenden| Kontakt |
Die Kommerzialisierung von Kultur, die Vermengung derselben mit modernen Elementen und immer geringere Kenntnisse über die eigenen Traditionen tragen zum Untergehen des immateriellen Kulturerbes in China bei. Experten suchen nach Lösungen für deren Erhaltung.
Ein Teil des immateriellen Kulturerbes in China, das durch eine drastische Veränderung im Lebensstil der Chinesen in den letzten 20 Jahren bedroht ist, steht kurz vor dem Untergang, warnten Experten auf einem vor kurzem abgehaltenen Symposium. Die Überentwicklung des Tourismus verändert den Lebensstil auf dem Lande, und Übermittler der ländlichen Kultur weichen von ihrer Muttersprache ab, um sich an den städtischen Geschmack anzupassen. Hinzu kommt, dass Menschen ohne tiefere Kenntnisse nicht um den Wert ihres eigenen Kulturerbes wissen.
Überentwicklung des Tourismus
Eine heiße Diskussion entbrannte, als die Provinz Guizhou 300 Millionen Yuan (rund 34 Millionen Euro) für die Restauration eines ethnischen Dorfes ausgab. Die Gegner des Projekts beschuldigten die Regierung der übermäßigen Einmischung in die Entwicklung der traditionellen Kultur. Sie waren der Ansicht, dass nicht alle kulturellen Traditionen für Touristen ausgestellt werden müssten, und dass die Regierung die Volkskunst nicht für finanzielle Zwecke ausnutzen solle. Doch trotz des großen Widerstandes geht die Kommerzialisierung ländlicher Dörfer weiter, meist in der Überzeugung, dass dies eine Methode sei, den Dorfbewohnern zu helfen und deren traditionelle Kultur und Kunst zu bewahren.
Volksgesang ist eine der einzigartigen traditionellen Künste. Laut Liu Shouhua, einem Volkskunstexperten, hatten ihn musikalische Austausche zwischen jungen Menschen in traditionellen Kostümen im Autonomen Gebiet Guangxi der Zhuang-Nationalität in den 1980er Jahren tief beeindruckt. Als Liu jedoch den Ort dieses Jahr noch einmal besuchte, war Unterhaltung der Tradition gewichen. "Traditionelle Kulturen werden vermarktet, bevor die nötigen Maßnahmen zur deren Erhaltung greifen. Eine derartige Kommerzialisierung wird unser immaterielles Kulturerbe ruinieren und das Gegenteil von dem bewirken, was eigentlich erreicht werden soll", so Liu.
Li Song, Direktor des Zentrums für Immaterielles Kulturerbe des Kulturministeriums, beobachtete, dass dadurch, dass traditionelle Kultur oft in solchen Gebieten am stärksten ausgeprägt ist, in denen seit langem Armut herrscht, die dort lebenden Menschen oft keine andere Wahl haben als ihre Tradition für Besucher im Austausch mit wirtschaftlichen Vorteilen zu vermarkten.
Traditionelle Atmosphäre verloren
Sun Jiaxiang, eine 80-jährige Analphabetin aus dem Kreis Changyang in der Stadt Yichang (Provinz Hubei) hat ein Repertoire von 600 traditionellen Geschichten aus dem Ort. Der chinesische Verband Kultur und Kunst sowie die Chinesische Gesellschaft für Volksliteratur und Volkskunst ehrten sie als "herausragende Übermittlerin der Volkskunst". Die Stadtregierung schickte sie im Sommer 2003 in ein Seniorenheim und stellt ihr seitdem Beihilfe in Höhe von 200 Yuan (23 Euro) pro Monat zur Verfügung.
Doch Lin Jifu von der Pädagogischen Universität Huazhong zufolge hat Sun zahlreiche zeitgenössische Elemente in ihre Geschichten eingebracht, seit sie ihre Heimatstadt verlassen hat, wodurch ihre Geschichten die originale Atmosphäre verlieren. Experten auf dem Symposium argumentierten, dass die Regierungen ihre Politik auf die Erhaltung der traditionellen Kultur einstellen müssten. Lin meint, die Regierung müsse entsprechende Bedingungen für die Menschen schaffen, damit diese in ihrer originalen Kultur verbleiben könnten.
Gleichzeitig stimmen Experten nicht mit der Subventionspolitik der Regierung überein. Laut Chen Jianxian, stellvertretender Dekan der Abteilung für Literatur an der Pädagogischen Universität Huazhong, wurde ein Volkskünstler, der einen Preis bei einem Volksgesang-Wettbewerb in einer ethnischen Gruppe in der Provinz Hebei gewonnen hatte, von seinen eigenen Leuten zurückgewiesen. Die Dorfbewohner sprachen nicht mehr mit ihm und luden ihn nicht mehr zu ihren Festen ein, nachdem er den Geldpreis gewonnen hatte. Der Gewinner gab daraufhin das Geld zurück, da er wieder in seine Gemeinschaft eingegliedert werden wollte. "Immaterielles Kulturerbe gehört zur jeweiligen Gemeinschaft, insofern sollte die Regierung nicht Preise an Einzelpersonen vergeben", meint Chen.
"Das Immaterielle Kulturerbe hat sich in den letzten 20 Jahren rapide reduziert, obwohl sich die Menschen für dessen Erhaltung einsetzen", erklärt Liu. Volkskunst geht unter dem Einfluss der wirtschaftlichen Entwicklung und städtischem Leben unter. Viele Dorfbewohner sind aus ihren Heimatdörfern in große Städte gezogen, wo kein Volksgesang, sondern Popmusik zu hören ist. Ein "Hua'er" ist die Volksband eines Hirten, die sogar in den letzten Jahren noch populär ist. Doch unter dem Einfluss von Popsängern haben solche Gruppen nicht mehr ihre frühere Leidenschaft für diese Volkskunst. "Wenn eine Kultur ihre Lebendigkeit verliert, sieht ihre Zukunft schlecht aus, wie sehr sie auch geschützt werden mag", so Chen.
Notwendigkeit von Kenntnissen
Experten schlugen während des Symposiums vor, dass Universitäten ihren Studenten weit reichende Kenntnisse über das immaterielle Kulturerbe beibringen. Xu Jinlong, Forscher über Volkskunst an der Pädagogischen Universität Huazhong, meint, dass die Universitäten dieser Ausbildung nicht genügend Aufmerksamkeit schenkten. Im ganzen Land gibt es über 40 Postgraduiertenprogramme im Bereich Volkskunst. An der Pädagogischen Universität Huazhong sind nur 20 Studenten im Aufbaustudium an Forschungen auf diesem Gebiet tätig. Experten wie Liu und Chen schreiben zurzeit ein Lehrbuch über Volkskunst. Sie verspüren den Drang, den Menschen zu vermitteln, wie sie das immaterielle Kulturerbe für zukünftige Generationen schützen können.
Quelle: german.china.org.cn
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