Liu Zuyao, 60, hat immer noch seinen kleinen Schwarzweiß-Ferneseher. Für ihn und seine Familie war der Fernseher die einzige Unterhaltung vor über 20 Jahren. Der Abend war langweilig, da nur wenige Leute sich einen Fernseher leisten konnte, der damals um die 300 Yuan (35 Euro) kostete (das durchschnittliche Einkommen damals lag bei rund 36 Yuan pro Monat). Wenn Liu den Fernseher anmachte, kamen die Nachbarn mit Stühlen und setzten sich um den Fernseher herum. Sie sahen zusammen fern und lachten gemeinsam.

Liu wertschätzt die Erinnerung, wenn er auch heute drei importierte Farbfernseher hat, einen für jedes Zimmer. Zu Zeiten ohne Fernseher war Freilichtkino populär. "Wir nannten das Chengliang (die frische Luft genießen), und die meisten Shanghaier mochten das Freilichtkino an Tagen ohne Klimaanlage und Fernseher."

In heißen Sommernächten nahmen die Leute ihre kleinen Holzschemel und Fächer, und gingen zu großen Plätzen oder Parks, um Filme anzusehen. Sie bezahlten 3 Fen (100 Fen entsprechen 1 Yuan), und der Eintritt in den Park kostete rund 5 Fen. Die Leute kamen frühzeitig, damit sie noch einen guten Sitzplatz erhaschten. Die Kinder kletterten auf Bäume, um den Eintrittspreis zu sparen. "Freilichtkinos waren ein großes Event für uns. Schließlich gab es sonst kaum Unterhaltung“, so die 72-jährige Zhang Zhiliang. "Es war eine Familienaktivität – wir gingen nach dem Abendessen in den Park."

Es gab viel Auswahl. Ausländische Schwarz-Weiß-Filme wurden wieder und wieder gezeigt, beispielsweise der russische Film "The Dawns Here Are Quiet" (1971), "Bridge" (1974) aus dem ehemaligen Jugoslawien, und die amerikanische Serie "Garrison's Guerrillas". Wir haben die Filme so oft gesehen, dass wir sie auswendig können. Aber trotzdem mögen wir sie immer noch", so Zhang. Es gab auch Kinos, aber nur wenige Leute konnten sich den Eintritt leisten. Wenn Pärchen im Dunkeln knutschen wollte, gingen sie in den Park.

Heute geben die Leute 60 Yuan für einen neuen Kinofilm aus, und sie haben riesige Auswahl: Multiplex-Kinos, multiple Leinwände in ein und demselben Kino, und Kinos in Einkaufszentren. "Heutzutage werden immer mehr Möglichkeiten geboten. Das Problem heute besteht wohl eher in der Qual der Wahl", so die 23-jährige Lilian Guo.