Home Aktuelles
Multimedia
Service
Themenarchiv
Community
Home>Kultur Schriftgröße: klein mittel groß
17. 06. 2010 Druckversion | Artikel versenden| Kontakt

Deutsche Regisseure konzentrieren sich auf das normale Alltagsleben

Wer einen Einblick in das deutsche Filmschaffen gewinnen will, kann sich in den nächsten Tagen in Shanghai deutsche Dokumentarfilme anschauen. Sie reichen von "Shanghai Fiction", in dem es um vier Schicksale in der Metropole geht, bis zu "Dust", der sich den allgegenwärtigen Staubteilchen widmet.

Ein Ausschnitt aus dem Dokumentarfilm "Shanghai Fiction" von Julia Albrecht und Busso von Muller [Shanghai Daily]

Die Dokumentarfilme kamen auf Einladung des Kultur- und Bildungsbereichs des deutschen Generalkonsulats in Shanghai und dem Goethe-Institut nach China, wo einige der Filme auch vorgeführt werden. Vier von ihnen kamen bereits zuvor beim Magnolia International Documentary Awards (MIDA), einem Teil des Shanghai Television Festival, auf die chinesische Leinenwand.

"Shanghai Fiction" wurde am vergangenen Freitag im vollen Goethe-Institut als Teil einer Vorführungsreihe zu europäischen Dokumentarfilmen gezeigt. Der Film hatte beim DOK-Filmfestival in Leipzig und bei der Duisburger Filmwoche im Jahr 2009 jeweils einen Preis gewonnen. Die 90-minütige Doku zeigt das Leben von vier Menschen in Shanghai, die nichts mit einander zu tun haben. Es gibt keinen Sprecher, und nur wenige Dialoge und Musik. Den Preis gekrönten Film haben Julia Albrecht und Busso von Muller gedreht.

Die vier Menschen sind: Ein armer Wanderarbeiter namens Yuan Jilei; ein deutscher Architekt namens Johannes Dell, der für die Stadtplanung arbeitet. Professor Liu Wei gehörte früher zu den Roten Garden und hatte nach der Kulturrevolution (1966-1976) seine Leidenschaft und seine Ideale verloren. Hebe ist eine dickschädelige Geschäftsfrau. "Diese vier Charakteren sind in sehr unterschiedlichen Situationen", erklärte Co-Regisseurin Albrecht. "Doch wir haben ihr Leben nicht wegen den Unterschieden eingefangen, sondern wegen den Dingen, die gleich sind. Sie alle stehen vor dem gleichen Problem: Wie können sie sowohl materiell wie auch moralisch überleben." Einer der Gründe, wieso die Regisseure China ausgesucht haben, liege in der gegenwärtigen Situation des Landes: Die rasche Verstädterung erinnere an Europas eigene schnellen Veränderungen und sozialen Verwerfungen, sagt sie.

Der Film beginnt mit der Geschichte von Yuan. Er kommt aus der Provinz Anhui. Die Wunschstelle als Postbote konnte er nicht bekommen, deswegen arbeitet er nun auf einer Baustelle. Eine Stimme fragt: "Wie sieht Ihr ideales Leben aus?" Yuan antwortet: "Ich will kein normales Leben führen." Die Stimme fragt ihn, ob er denn Träume habe. "Menschen aus meiner Klasse haben keine Träume." Die Kamera folgt dem Mann auch in seine Heimat zu einer typischen chinesischen Hochzeit. Dies gibt ein Gefühl für Yuans Wurzeln und zeigt, wie sehr sich sein rustikales Dorfleben von dem in Shanghai unterscheidet.

Der zweite Charakter ist Dell. Er lebt in einer modernen und komfortablen Umgebung und hilft dabei, Entwürfe für die Zukunft der Stadt zu entwerfen. Die Kamera schneidet von Yuan, der in einem schäbigen Restaurant etwas isst, in Dells Büro, wo er mit seinem Team über die Zukunft der Stadt diskutiert.

Liu wiederum ist ein Universitätsprofessor, der früher den Roten Garden angehörte. Das erste, was man von ihm sieht, ist, wie er sich vor dem Spiegel seine alte Mütze der Garden aufsetzt. Er war bei den Revolutionären jener Zeit einer der jüngsten. Er spricht fließend Englisch und redet gerne über Philosophie. "Wenn du zu glücklich bist, dann kann etwas nicht stimmen”, meinte er beispielsweise.

Hebe ist eine clevere Geschäftsfrau, die ihr Chinesisch gerne mit englischen Wörtern spickt. Die Frau im mittleren Alter glaubt noch immer an den alten Mao Zedong, aber sie hat inzwischen ihren Idealismus aufgegeben. "Ich habe gelernt, wie man Geschäfte macht", erklärte sie. "Der Erfolg ist es, der überlebt."

Der Film wandert zwischen den vier verschiedenen Welten und es ist der Zuschauer, der das Bild zusammensetzen muss. "Um die Teile des Filmes zusammenzufügen, gibst du den Zuschauern kleine Fragmente. Du suchst aus, was du zeigst", sagte Albrecht. "Dies ist auch unsere Ansicht. Wir versuchen, offen zu sein und die Zuschauer zu transportieren."

Mit den Vorführungen von europäischen Dokumentarfilmen in Shanghai sollen herausragende europäische Filme einem chinesischen Publikum nähergebracht werden. "Ich denke, dass Dokumentarfilme eine engere Beziehung zu dem haben, was los ist", sagte der deutsche Konsul Wilfried Eckstein. "Der Dokumentarfilm ist unserer Vorstellung über den Verstehensprozess eines Landes am nächsten."

Der Eintritt ist frei.

Quelle: Shanghai Daily

Druckversion | Artikel versenden | Kommentar | Leserbrief | zu Favoriten hinzufügen | Korrektur

Kommentar schreiben
Kommentar
Ihr Name
Kommentare
Keine Kommentare.
mehr