Home Aktuelles
Multimedia
Service
Themenarchiv
Community
Home>Kultur Schriftgröße: klein mittel groß
18. 06. 2010 Druckversion | Artikel versenden| Kontakt

Schutz von Kulturerbe braucht neue Strategien

Im Hinblick auf den 5. Nationalen Kulturerbe-Tag am Samstag wurde dazu aufgerufen, die antiken Schätze und Fertigkeiten des Landes besser zu schützen, damit diese auch für zukünftige Generationen erhalten bleiben. Noch immer gibt es dabei Probleme.

Emaile-Kunstwerke des Handwerkmeisters Zhong Liansheng.

Der Slogan des Kulturerbe-Tags "Jeder hat dazu beizutragen, das immaterielle Kulturerbe zu schützen" steht nicht nur für einen Aufruf, sondern auch für die Furcht, dass das immaterielle Kulturerbe nicht ausreichend geschützt werde. Ein landesweiter Schutz des immateriellen Kulturguts begann überhaupt erst im Jahr 2005. Während der vergangenen Jahre habe China große Fortschritte erzielt, erklärte Wang Wenzhang, stellvertretender Kulturminister, vergangene Woche auf einer Pressekonferenz. Dabei betonte der die Wichtigkeit von ernsthaften Langzeit-Schutzstrategien.

Die von der UNESCO geführte Liste der Immateriellen Kulturgüter der Welt umfasst 26 Güter aus China. Darunter sind etwa die Kunqu Oper oder das Drachenbootfest, das vor ein paar Tagen wieder stattgefunden hatte. Im Jahre 2005 hatte darüberhinaus eine landesweite Untersuchung begonnen, mittels der das gefährdete Kulturerbe China identifiziert und geschützt werden soll. Die Untersuchung ist gemäß Angaben von Wang fast abgeschlossen, doch gebe es noch immer eine Reihe von Problemen zu lösen.

Ungenügende Maßnahmen

Seit China begann, zahlreiche immaterielle Kulturgüter auf eine nationale Schutzliste zu setzen, brachte es damit auch eine starke Konkurrenz unter den lokalen Behörden in Gang, welche ihre regionalen Kunstformen und Gebräuche in die Liste mit aufgenommen sehen wollen. Denn dies, erklären Experten, garantiere Anerkennung und eine finanzielle Hilfe der Zentralregierung. "Die Liste ist nur der erste Schritt zu einem besseren Schutz", meinte Zhang Qingshan, stellvertretender Direktor des Schutzzentrums für Immaterielles Kulturerbe in China, gegenüber der chinesischen Tageszeitung Global Times. "Der weitere Schutz ist die größere Herausforderung." Im vergangenen Monat wurde eine dritte Liste mit 349 Einträgen veröffentlicht. Damit hat China inzwischen bereits mehr als 1400 immaterielle Kulturgüter definiert.

Experten sind sich in ihrer Einschätzung einig, dass zwar viele lokale Behörden eine erfolgreiche Bewerbung als einen politischen Erfolg betrachten, doch würden sie dann oft den Schutz der aufgelisteten Kulturgüter vernachlässigen. Noch schlimmer sei allerdings, dass die Leute, welche dazu eingestellt wurden, die neu gelisteten Kulturgüter zu vermarkten, sich daran machen, die traditionellen Künste so abzuändern, dass sie besser dem Geschmack der Massen entsprechen. Dies führe laut Zhang zu einer weiteren Schädigung.

Professor Yuan Li von der Nationalen Kunstakademie Chinas sagt, dass es ihn traurig mache, wenn er Frauen in der Kleidung der Miao-Minderheit sehe, die verführerische Tänze darbieten, um dem Publikum besser zu gefallen. "Wenn eine traditionelle Kunstform hunderte von Jahren überlebt, dann muss ihr doch ein unveränderbarer Charme inne liegen, der mit solchen unangemessenen Transformationen verloren geht", meint er.

Um die wahre Schönheit der traditionellen Künste und Gebräuche zu erhalten, braucht es einen Standard, mit welchem man den Schutzgrad der gelisteten Kunstformen messen kann, glaubt Feng Jicai, Vorsitzender der chinesischen Gesellschaft für Volksliteratur und Kunst. "Die Kunstformen, die nur schlecht geschützt werden, sollten nach einer Warnung von der Liste gestrichen werden", sagt er und verweist auf den Nachbarn Südkorea. Obwohl das Land bereits im Jahre 1967 mit der Auswahl der schützenswerten immateriellen Kulturgütern begonnen habe, umfasse die Liste nicht einmal 200 Einträge. "Zu viele Einträge und ein schlechter Schutz sind in China schwerwiegende Probleme geworden", erklärt Feng.

Mangel an Nachfolgern

Viele traditionelle Techniken und Fertigkeiten werden von Person zu Person vererbt, oft nur in einer mündlichen Überlieferung. Dies stellt für den Schutz ein weiteres Problem dar, da immer weniger junge Leute bereit sind, die alten Künste zu erlernen. Zhong Liansheng ist einer von landesweit nur noch sechs Personen, welche eine alte Form des Emaile-Malens ausüben. Der 48-jährige Meister produziert bereits seit über 30 Jahren in einer Beijinger Emaile-Fabrik solche dekorierten und bemalten Metallwaren. In dieser Zeit haben Hunderte seiner Kollegen die Fabrik verlassen und aufregendere Arbeiten gefunden.

"Man muss mit der Einsamkeit klarkommen. Es braucht hunderte kleiner Schritte, die alle Geduld und Perfektion verlangen", erklärte Zhong der Global Times. Um ein Emaile-Kunstwerk zu vollenden, brauche es normalerweise mehr als zwei Monate. Diese Kunstform hat es mit 518 anderen bereits im Jahre 2006 auf die erste der drei nationalen Schutzlisten geschafft. Doch trotz Anerkennung sieht Zhong die Zukunft seines Kunsthandwerks nicht rosig: "Die meisten jungen Leute haben kein Interesse daran, traditionelle Künste zu lernen. Das finden sie altmodisch und langweilig", erklärt er. "Sie produzieren lieber praktische Dinge wie Mikrowellen oder Kühlschränke, deren Herstellungsprozess auch nicht so lange dauert."

In China gibt es über 870.000 immaterielle Kulturgüter, wie die jüngste landesweite Untersuchung zeigt; doch das Kulturministerium konnte nur gerade 1488 Menschen ausfindig machen, welche es als "Kulturerben" klassifizieren konnte. Dies sind Menschen, welche die Fähigkeit haben, die alten Handwerkskünste oder Traditionen weiterzuführen. "Diese Zahl ist weit davon entfernt, befriedigend zu sein", sagt Zhang. Vielen jungen Leuten fehle auch das Vertrauen in die traditionellen Künste, wenn sie mit moderner Musik und internationalen Filmen konfrontiert werden, so Zhang. Er schlägt deswegen vor, dass das immaterielle Kulturerbe und einige der alten Handwerkskünste in die Lehrpläne der Schulen aufgenommen werden, um das Interesse an ihnen zu vergrößern.

"Kulturerbe zu schützen, bedeutet nicht in der Geschichte zurückzubleiben oder in der Vergangenheit zu leben", fügte Wang hinzu. "Solche Kunstformen kommen aus dem Leben der Menschen und sollen im Leben der Menschen verbleiben." China hat in den letzten Jahren 1,79 Milliarden Yuan (260 Millionen US-Dollar) in den Schutz von immateriellem Kulturerbe gesteckt, sagt Wang. Zudem sei nach einer fünf Jahre dauernden Debatte ein nationales Schutzgesetz in Sicht.

Quelle: Global Times

Druckversion | Artikel versenden | Kommentar | Leserbrief | zu Favoriten hinzufügen | Korrektur

Kommentar schreiben
Kommentar
Ihr Name
Kommentare
Keine Kommentare.
mehr