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25. 08. 2010 Druckversion | Artikel versenden| Kontakt

Marktwirtschaftliche Elemente ermöglichen alter buddhistischer Kulturform eine Renaissance

Schlagwörter: Tangka-Malereien Beliebtheit des tibetischen Buddhismus Kulturform Renaissance

Tangka-Malereien

Die Kunst der Tangkas gehört zu der religiösen Kultur Tibets, zusammen mit der Architektur der Klöster, der Bildhauerkunst der Buddhastatuen, und der Kunst der Wandmalerei. Tangka (Tibetisch) ist eine Art Rollbild auf farbiger Seide oder Stoff, das am Rand mit Säumen geschmückt und typisch für Tibet ist. In den großen Klöstern in Tibet sind zahlreiche Tangkas aufbewahrt. Beispielsweise verfügt der Potala-Palast über zwei große Tangkas mit einer Länge von über 50 Metern. Um sie aufzubewahren, hat man ein zweistöckiges Gebäude gebaut. Bei wichtigen Zeremonien werden sie ausgestellt, damit ihnen die Mönche und Nonnen sowie Gläubige opfern können. Beim Gestalten der Tangkas legt man großen Wert auf die Farbe, Pinselführung und die Größe der Menschenfiguren. Die anspruchsvolle Technik des Malens erfordert hochqualifizierte Künstler.

Marktwirtschaftliche Elemente ermöglichen alter buddhistischer Kulturform eine Renaissance

Wutun ist anders als die meisten Dörfer in China. Unter den jungen Leuten hat niemand das Dorf verlassen, um in der Stadt Arbeit zu suchen. Der Grund ist, dass das auf 2500 Meter Höhe gelegene Dorf in der nordwestchinesischen Provinz Qinghai bereits seine eigene, attraktive Art der Fließbandarbeit hat: Die Produktion von tibetischen Thangkas, also traditionellen, buddhistischen Bilderrollen. Dabei handelt es sich um einen Wirtschaftzweig, in den fast jeder Mann in Wutun involviert ist. Es wird geschätzt, dass über die Hälfte der Thangkas in China in solchen kleinen Dörfern hergestellt werden, manche aber auch in renommierten Klöstern wie Tashilhunpo, Tar und Labrang. Die meisten dieser Gemälde landen am Ende in privaten Wohnungen und Häusern. Je nach Qualität kann der Hersteller zwischen ein paar hundert Yuan bis über eine Million pro Stück verlangen. Und das Geschäft läuft gut: "Ich habe so viele Bestellung, dass ich die unmöglich alle alleine schaffen kann. Ich brauche die Hilfe meiner Schüler", sagt der Maler Nyangbon.

Wutun liegt in der Autonomen Tibetischen Präfektur Huangnan im Kreis Tongren. Das Dorf kann auf eine Maltradition blicken, die bis ins 15. Jahrhundert zurückreicht, als der Buddhismus sich im ganzen Gebiet rasch ausbreitete. In dieser Zeit wurden in der Region zahlreiche Klöster errichtet. Bald begannen die Tibeter, Tu und andere ethnischen Gruppen, die in der Gegend lebten, religiöse Bilder zu malen. Viele dieser talentierten Maler reisten über das ganze Qinghai-Tibet-Plateau und lebten dabei von ihren Malkünsten. Doch wirklich aufblühen konnte diese alte Volkskunst erst vor ein paar Jahren. Als Nyangbon in den frühen 1980er-Jahren begann, die Thangka-Kunst zu erlernen, hat es im Dorf weniger als 100 Leute gegeben, die noch Thangkas malen konnten. Dies war der Zeitpunkt als der Buddhismus in China wieder an Boden gewann, nachdem er während der Kulturrevolution (1966-76) verboten war.

Als Nyangbon in den 1990er-Jahren einen Laden in Lhasa aufmachte, konnte er ein Gemälde von 55 x 70 Zentimeter für gerade einmal 500 Yuan (57 US-Dollar) verkaufen. Das gleiche Werk bringt ihm heute zwischen 5000 und 50000 Yuan ein. Im Jahre 2007 konnte er sogar ein Werk, das Sakyamuni abbildet, für eine Million Yuan verkaufen. Dies war der bisherige Rekord, wenn auch vermutlich nicht der letzte. Sein Mal-Atelier nahm im vergangenen Jahr 12 Millionen Yuan ein – eine Zahl, die er in diesem Jahr bereits übertroffen hat.

"Die Preise steigen im Verhältnis zur wachsenden Beliebtheit des tibetischen Buddhismus", sagt Kartsegyal. Da immer mehr Han-Chinesen beginnen, tibetischen Buddhismus zu praktizieren, sind auch Thangka immer beliebter geworden. Kartsegyal kennt sich aus: Er ist der stellvertretende Direktor des Kulturamts der tibetischen autonomen Präfektur Huangnan und der Vorsitzende der Folklore- und Kunstvereinigung der Präfektur.

Die beiden Hauptabsatzmärkte für die Thangka aus Wutun sind Beijing, wo viele Berühmtheiten dem tibetischen Buddhismus folgen, und die Provinz Shanxi, der Heimat von wichtigen buddhistischen Pilgerplätzen wie etwas dem Wutai-Gebirge. "Viele der Neureichen in den Städten sind auf der Suche nach einem Glaubensinhalt und werden vom tibetischen Buddhismus angezogen. Deswegen wollen sie in ihrem Haus ein Thangka", erklärt Kartsegyal. "Diese Leute kümmern sich nicht um den Preis, das Feilschen empfänden sie als beschämend."

Die steigenden Preise haben jedoch auch einen anderen Grund: In der letzten Zeit ist es immer populärer geworden, Kunstgegenstände und Antiquitäten zu sammeln. Das teuerste Thangka im Jahre 2002 beispielsweise stammte aus der Qing-Dynastie (1644-1911) und wurde in Tianjin für 55,000 Yuan versteigert. Fünf Jahre später verkaufte ein Auktionshaus in Beijing ein anderes Stück aus der gleichen Epoche für 896,000 Yuan. Heute kaufen Sammler allerdings vermehrt moderne Thangkas, da internationale Institutionen die meisten alten Exemplare weggekauft haben.

Eine Jahrhundert alte Tradition, die einst durch religiöse Hingabe angetrieben wurde, wird nun durch den Markt wiederbelebt. Nyangbon sieht darin kein Problem, so lange die Maler ihre Thangkas weiterhin mit Respekt herstellen. "Ich bin froh, dass immer mehr Leute Thangkas kaufen, denn mit diesen Bildern kumulieren die Betrachter ihre Verdienste." Der Wandel zeigt sich übrigens auch auf den Gemälden selbst: In der Vergangenheit wäre es keinem Maler auch nur im Traum eingefallen, ihre Namen auf diese Bilder zu schreiben. Doch seit die Thangkas Sammlerstücke geworden sind, findet man immer häufiger Stempel auf ihnen.

Neu ist auch, dass Frauen am Produktionsprozess beteiligt sind. Der Maler Chudrup war einer der ersten, der auch Frauen in die Kunstfertigkeit einführte. "Früher war in unserem Dorf der soziale Status von Frauen sehr niedrig", erklärt der 40-Jährige. "Sie durften keine Thangka malen. Das einzige, was ihnen erlaubt wurde, war Landwirtschaft." Chudrup fand dies ungerecht und begann deswegen vor zehn Jahren, Frauen zu unterrichten. "Ich hoffe, dass auch andere Meister beginnen, Frauen zu unterrichten."

In Wutun gibt es noch immer das alte Unterrichtsmodell von Meister und Lehrling. Weil die Kunstform sehr kompliziert ist, braucht ein Schülerin der Regel rund sechs Jahre, bis er alleine malen kann. Manchmal geht es sogar noch länger. Derzeit lassen sich 91 Schüler im Wutun Snowland Art Center in der Kunstform ausbilden. Bereits 53 haben die Ausbildung abgeschlossen. Schon lange wollte Chudrup mehr Schüler aufnehmen, aber er hatte zu wenig Platz. Das könnte sich nun ändern: Die Lokalregierung hat ihm ein Stück Land zur Verfügung gestellt, damit er dort eine große Mal-Institution mit rund 1000 Schülern aufbauen kann. Sie soll bereits nächstes Jahr eröffnet werden. Mit der wachsenden Bekanntheit von Wutun kommen auch mehr Ortsfremde, um dort die Maltechnik zu lernen. Einer von ihnen ist der 22-jährige Han-Buddhist Wang Shiyu aus der Provinz Henan. Er lebt seit drei Jahren in Wutun. Das malen beruhige ihn, sagt er.

Der Kreis Tongren kennt drei Kunstformen: Das Malen von Thangka und Wandgemälden, die Bildhauerei und Barbola. Diese drei Kunstformen wurden im vergangenen Jahr auf die UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Zwischen dem 23. Und dem 25. August wird Tongren die dritte internationale Thangka Messe veranstalten. Dabei gibt es auch zahlreiche Ausstellungen. "Das Kunstgewerbe in Tongren ist sehr reichhaltig. Es verbessert das Leben der Menschen hier und trägt zu einem besseren Ruf der Region bei", findet Kartsegyal. "Nun müssen wir nur noch herausfinden, wie es uns gelingt, dass die neue marktwirtschaftliche Ordnung uns nicht von unseren Wurzeln entreißt."

 

Quelle: german.china.org.cn

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