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31. 10. 2011 Druckversion | Artikel versenden| Kontakt

Männer in Frauenrollen

Schlagwörter: Peking-Oper Dan Falsettstimme Kunst

Yang Lei bereitet sich für seine Frauenrolle auf der Bühne vor.

Seit Beginn der Peking-Oper ist es ein integraler Bestandteil der Oper, dass Männer Frauenrollen übernehmen. Dies hat sich bis heute nicht geändert.

Yang Lei's buschige Augenbrauen stehen in Kontrast zu seinen glatten Wangen. Der Peking-Operndarsteller erklärt, dass er sich vor dem Auflegen des Make-Up rasiert, um sicherzustellen, dass keine Stoppeln in seinem Gesicht sind. Schließlich wären Stoppeln wirklich fehl am Platze, wenn der 33-Jährige in grellen Kostümen die Bühne betritt und Sopran-Arien singt. Yang ist einer der jungen chinesischen Nan Dan (Mann, der weibliche Rollen übernimmt), eine Praxis, die sich herausgebildet hat, als Frauen noch auf der Bühne verboten waren. Die Blütezeit der Nan Dan war die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts, als Mei Lanfang, Shang Xiaoyun, Cheng Yanqiu und Xun Huisheng – auch genannt die "Vier Grossen Dan" – die vier Dan-Stile, nämlich mei, shang, cheng und xun, etablierten.

Bi Guyun, 80, ein erfahrener Nan-Dan-Darsteller, erlebte die Blüte seiner Kunstform in den 1940er und 1950er Jahren. "Die vier Meister waren alle zu dieser Zeit aktiv. Aufführungen wurden jeden Abend in mehr als zehn Theatern in Beijing gegeben", erinnert sich Bi. Die Peking-Oper sei zu dieser Zeit die beliebteste Form der Unterhaltung gewesen.

Doch die "Kulturrevolution" (1966-1976) versetzte der Oper einen Schlag, und ebenso dem Nan Dan. Auch wenn in den 1980er Jahren eine allmähliche Wiederbelebung stattfand, blieb der Nan-Dan-Stil im Zuge des Aufstiegs von Frauendarstellern in der Peking-Oper im Schatten. Nur zehn männliche Dan verblieben. Doch Yang, der zur Cheng-Schule gehört, ist der Überzeugung, dass das Nan-Dan unersetzlich sei, selbst wenn es nun mehr weibliche Darstellerinnen gibt. "Jedes einzelne Detail der Dan-Rolle setzt voraus, dass es ein Mann ist, der die Rolle übernimmt", so Yang und verweist auf die charakteristischen Handgesten, die dafür gedacht sind, dass die Hand kleiner und weicher aussieht. Auch die Fuß-geformten Stelzen, auf denen männliche Darsteller in einigen Stücken liefen, sollten die gebundenen Füße der Frauen imitieren. "Noch wichtiger ist, dass Männer wegen ihres größeren Stimmumfangs bessere Falsettstimmen haben, und außerdem mehr Standhaftigkeit", so Yang weiter.

Mu Yuandi, 28, der mit seiner Nan-Dan-Karriere im zarten Alter von neun Jahren begann und zur Shang-Schule gehört, stimmt zu, dass Frauen die Kampfkunst, die diesen Stil bestimmt, nicht so beherrschen können. "Auf meiner Taille und meinen Beinen sind immer noch die Narben meiner Verletzungen", erzählt er.

Hu Wenge, 44, ist der einzige Nan-Dan-Schüler des 77-jährigen Peking-Opernmeisters Mei Baojiu – Sohn des legendären Mei Lanfang. Hu begann recht spät mit der Peking-Oper, nämlich erst im Alter von 34, und musste sich daher besonders bemühen, das Repertoire zu meistern. "Wenn mein Meister mir nicht immer wieder zugesprochen hätte, hätte ich vielleicht aufgegeben", so Hu.

Das Dan ist die einzige weibliche Rolle der fünf Hauptrollen der Peking-Oper, daher kommen oft Neugier und Fragen über die sexuelle Orientierung über die Männer auf, die Frauenrollen spielen. Hu, der als Popsänger in Frauenkleidung berühmt wurde, sagt ganz offen, dass er zur Peking-Oper übergegangen ist, damit er mehr Respekt vom Publikum bekommt. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere als Sänger war die chinesische Gesellschaft noch konservativer als heutzutage, erklärt er. "Die Peking-Oper ist eine stilisierte Kunst", so Nan-Dan-Darsteller Bi. "Wir imitieren keine Frauen, sondern präsentieren nur ein abstraktes Bild auf Basis klassischer Romane und Gemälde."

Yang fühlt sich angegriffen, wenn man ihn über seine sexuelle Orientierung fragt, und ist der klaren Ansicht, dass dies Privatsache sei. "Auf der Bühne und hinter den Kulissen, das sind zwei ganz andere paar Schuhe für mich", so er. Er betont außerdem, dass ein wahrer Mann tolerant ist und Verantwortung für sich selbst, seine Familie und die Gesellschaft übernimmt.

Yin Jun, 23, Von der Xun-Schule, ist der jüngste Nan-Dan der neuen Generation. Als Bachelor-Student an der National Academy of Chinese Theater Arts bereitet er sich zurzeit auf die Abschlussprüfung vor. Hu unterdessen hat im März mehrere Solo-Konzerte in den USA gegeben, wie 1930 Mei Lanfang.

Hu Wenge, Yang Lei, Mu Yuandi und Yin Jun werden häufig als die "Vier Jungen Dan" bezeichnet. Eine gemeinsame Konzertreihe, die Anfang Oktober im Chang'an Grand Theater startete, ist ihre achte gemeinsame Aufführung in Beijing und Shanghai seit März 2010. Bevor sich der Vorhang öffnet, richtet hinter der Bühne der 77-jährige Mei Baojiu noch einmal kurz Hu's Kopfbedeckung und gibt ihm letzte Instruktionen. Fünf Minuten später nimmt Mei Hu's rechten Arm und begleitet ihn zur Bühne. Hinter dem Vorhang beobachtet er jede Bewegung seines Schützlings. "Die jungen Peking-Operndarsteller haben die erste Schlacht gewonnen", meint er. "Aber es liegt noch ein weiter Weg vor ihnen."

Quelle: german.china.org.cn

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