In der chinesischen Kultur spielt das Gesicht eine ganz besondere Rolle. Jemandem Gesicht zu geben, ist eine uralte Tradition. Dass man(n) dabei sein eigenes Gesicht nicht ganz vergessen sollte – diese Erkenntnis setzt sich hingegen erst langsam durch.

Gesichtspflegeartikel werden in China noch fast ausschließlich von Frauen gekauft. Das dürfte sich jedoch schon bald ändern. In ihrer neuesten Studie bezeichnet das britische Marktforschungsunternehmen Mintel Group die Männer als künftigen Wachstumsmotor der Branche. Aktuell richten sich erst vier Prozent aller Gesichtspflegeartikel, die man in Chinas Kaufhäusern findet, an die Herren der Schöpfung.

Von 2009 bis 2014 wuchs der Markt für Gesichtspflegeartikel für Männer mit durchschnittlich 20,1 Prozent fast doppelt so schnell wie der Markt für weibliche Pflegeprodukte. Bis 2019 rechnet Mintel sogar mit einer Verdoppelung des Marktvolumens auf 15,4 Milliarden Yuan (2,5 Milliarden US-Dollar). Als Hauptgründe für diese Entwicklung nennt Mintel das wachsende Bewusstsein der Männer für die Wichtigkeit von Körperpflege, den zunehmend stressigeren urbanen Lebensstil sowie Bedenken wegen der Umweltverschmutzung.

Die drei Toilettenartikel, die Herr Chinese aktuell am häufigsten kauft, sind Shampoo, Gesichtsreiniger und Duschartikel. Die Nachfrage nach Rasierprodukten ist in China hingegen weit weniger stark als in Europa. Bei chinesischen Männern komme die Reinlichkeit an erster Stelle, erklärt Jean-Philippe Benoist, der Geschäftsführer der Kosmetikfirma GED (Shanghai). GED hat den Markenartikel ZIRH, ein Hautpflegeprodukt für Männer, vor einigen Monaten in China auf den Markt gebracht.

Es dürfte bei weitem nicht das letzte Produkt bleiben. Denn immer mehr chinesische Männer denken wie der 28-jährige Tony Chen, der für eine multinationale Firma in Shanghai arbeitet: "Im Vergleich zu unserer älteren Generation sind die Kultur und das Umfeld heute völlig anders. Die Hautpflege ist nicht den Frauen vorbehalten. Mit einer reinen und gesunden Haut fühlt man sich wohler und selbstbewusster."

Laut Benoist haben chinesische Männer – besonders die jüngeren – inzwischen sogar weniger Vorbehalte gegenüber Hautpflegeprodukten als die Männer in Frankreich: "Viele Männer in Frankreich glauben, dass Hautpflegeprodukte für Frauen sind." In asiatischen Ländern wie China und Südkorea hingegen würden Männer ihre Berührungsängste gegenüber Pflegeprodukten viel schneller ablegen, so der Kosmetik-Experte.