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30. 09. 2010 Druckversion | Artikel versenden| Kontakt

Chinas Getreidekammer wird von der Erosion bedroht

Schlagwörter: Erosion , Bedrohung

Der Norden Chinas ist für seine besonders fruchtbaren Schwarzerdegebiete bekannt. Doch wegen der starken Erosion könnten die Böden bis in 50 Jahren weggespült werden. Dies stellt für Chinas Nahrungssicherheit eine Bedrohung dar, sagen Experten.

Der Bauer Hu Jinghe freut sich über die ergiebige Schwarzerde im Kreis Binxian in der nordostchinesischen Provinz Heilongjiang. [Foto: Feng Yongbin / China Daily]

Hu Jinghe, der im Kreis Binxian in der nordostchinesischen Provinz Heilongjiang einen kleinen Hof führt, freut sich auf die diesjährige Ernte. Nach einem Jahr mit angenehmen Temperaturen und rechtzeitigem Regen, sind seine Kornfelder nun ein üppiger Wald von grünen Stängeln."Es liegt an der schwarzen Erde", ruft der 62-Jährige immer wieder freudig aus. "Sie bietet wirklich gute Bedingungen für die Aussaat." Für viele Bauern wie Hu ist die Schwarzerde ein Geschenk des Himmels. Der Boden ist so reich an Nährstoffen, dass die Bauern manchmal spaßhaft sagen, dass man darauf sogar Essstäbchen anpflanzen könne. Schwarzerde findet man vorwiegend in den kühlen Zonen des Nordens.

Dennoch fürchtet Hu, dass es mit den guten Ernten bald zu Ende gehen könnte. Offizielle Daten zeigen nämlich, dass der heftige Regen in gewissen Gegenden pro Jahr bis zu zehn Millimeter Schwarzerde wegspült. Mancherorts ist die Erdschicht bereits nur noch rund 40 Zentimeter dick. Dies ist halb so viel wie zu Beginn der Neulandgewinnung in den 1950er-Jahren. Wenn die Erosion in der gleichen Geschwindigkeit weitergeht, könnte die Schwarzerde innerhalb der kommenden 50 Jahre ganz verschwunden sein.

Diese besorgniserregende Entwicklung hat Experten im ganzen Land wachgerüttelt. Nicht zuletzt auch deswegen, weil die Schwarzerdenhöfe, die sich hauptsächlich in den Provinzen Heilongjiang, Jilin und Liaoning befinden, rund einen Sechstel von Chinas Getreide produzieren. Und dies, obwohl es die harten Winter den Bauern nicht erlauben, mehr als einmal pro Jahr zu ernten. Durch ganz Nordchina zieht sich ein Schwarzerde-Gürtel mit einer Fläche von rund 1,03 Millionen Quadratkilometer mit Schwarzer Erde. Damit hat China nach Russland und Nordamerika das größte Schwarzerde-Gebiet der Welt.

Der 57-jährige Cui Xuefu lässt seine Rinder in einem Kornfeld in der Nähe einer Erosionsrille vor dem Erlong-Berg im Landkreis Binxian grasen. Trotz zahlreichen Dämmen (kleinen Steinbarrieren, die an den Abhängen gebaut wurden, um die Erosion zu verlangsamen) ist die Spalte bereits über einen Meter breit und rund zwei Meter tief. Jedes Mal, wenn es stark regnet, wird sie grösser. "Das war einmal Weideland wie die Maisfelder hier", sagt Cui. "Diese Rillen waren vor zwei Jahrzehnten bloß kleine Risse am Hügel. Doch sie sind immer weiter gewachsen und haben die oberen Schichten der Erde weggespült."

Im Heilongjiang gibt es bereits über 16.000 Erosionsrillen, was zu einem Verlust von 933 Quadratkilometern an nutzbarem Land geführt hat, wie das Boden- und Wasserschutz Forschungsinstitut der Provinz bekannt gab. Der Kreis Binxian, in dem mehr als 80 Prozent des Landes ein Gefälle von mindestens drei Prozent hat, ist am schwersten betroffen. Rund 75 Prozent der 3860 Quadratkilometer des Kreises leiden an Bodenerosion. Das Wasserschutzamt des Kreises hat 12.058 Erosionsrillen gezählt.

Da die Bewässerung in dieser Region noch immer hauptsächlich vom Regen abhängt, bauen Bauern gerne Wasserkanäle entlang den Bergkämen. Doch diese Praxis führt dazu, dass die oberste Erdschicht unwiderruflich verloren geht. Experten sagen, dass es die einzigartige Bodenstruktur in den Schwarzerderegionen mit sich bringt, dass der Boden nicht mehr für die Landwirtschaft genutzt werden kann, sobald die oberste Schicht verschwunden ist. "Wir haben es hier mit einem dramatischen Verlust von nutzbarem Land zu tun", sagt Zhang Runru, Direktor des Wasserschutzamts des Kreises Binxian.

Schwarzerde sammelt sich langsam über hunderte von Jahre an. Sie ist das Resultat von langsam verrottenden organischen Materialien. Doch unter der obersten, fruchtbaren Schicht befindet sich oft lediglich klebriger Lehm, auf dem nichts wächst.

Die Schattenseiten des Kunstdüngers

In der Nähe der Rille, wo Cui seine Rinder weiden lässt, gibt es ein kleines Stück Land, das bereits so unwirtlich ist, dass darauf nichts mehr wächst. Ein paar Getreidehalme bedecken die Gegend, die nun hauptsächlich aus Sand und Felsen besteht. "Es lohnt sich nicht mehr, dieses Stück zu bepflanzen", erklärt Cui. "Deswegen haben wir damit aufgehört."

Forscher fanden heraus: Sobald die Schwarzerdeschicht auf 20 oder 30 Zentimeter geschrumpft ist (sie ist im Durchschnitt etwa 50 Zentimeter dick), sinkt ihr Ertrag aus organischen Gründen um 30 bis 50 Prozent. Auch zeigte sich, dass jedes Jahr rund 15 Kilogramm Nitrogen und Phosphor sowie 28 Kilogramm Kalium aus jedem Mu (chinesisches Flächenmaß, das etwa 0,06 Hektar entspricht) gewaschen werden. Diese Substanzen sind wichtige Bestandteile im Boden. In der Folge sinkt die jährliche Getreideproduktion pro Mu von 40 auf 25 Kilo.

Cui sagte, dass das Land während seiner Jugend noch fruchtbar genug gewesen sei, um die Ernte ohne Hilfe von Düngern zu ernähren. Doch während den letzten zwei Jahrzehnten habe er sich zunehmend auf chemische Dünger verlassen müssen. Obwohl Experten davor waren, dass die übermäßige Nutzung von Chemikalien die Ausschwemmung der Böden beschleunigt, geben Cui und auch ein paar andere Dorfbewohner zu, dass sie kürzlich die Menge an Kunstdünger auf 50 Kilogramm pro Mu erhöht hätten.

Früher kompostierten die Haushalte den Dung der Tiere und die Getreidereste, was den Böden wieder einen Teil ihrer Nährstoffe zurückgab. "Doch mit der Einführung von Maschinen und chemischem Düngern begannen die Bauern sich weniger stark anzustrengen", sagt Zhang vom Wasserschutzamt. "Das ist wirklich schade."

Cui Xuefu lässt im Kreis Binxian in der Provinz Heilongjiang seine Rinder auf einem Getreidefeld in der Nähe einer rund 50 Meter langen Erosionsrille grasen. Nordostchina war lange wegen seiner reichen Schwarzerde als eine besonders fruchtbare Gegend bekannt. [Foto: Feng Yongbin / China Daily]

Den Trend umkehren

Die gesamte Getreideproduktion in Heilongjiang betrug im vergangenen Jahr 43,5 Millionen Tonnen, wie Zahlen der Nationalen Entwicklungs- und Reformkommission zeigen. Die Produktion im ganzen Land lag bei 530,8 Millionen Tonnen. Allerdings zeigen Untersuchungen des Boden- und Wasserschutz Forschungsinstituts, dass der Verlust an bebaubarem Ackerland durch die Bodenerosion Heilongjiang insgesamt fünf Milliarden Kilo Getreide kosten könnte. Um diese mögliche Bedrohung für Chinas Nahrungssicherheit abzuwenden, investieren die Behörden Millionen von Yuan, um die Bodenerosion in den Schwarzerderegionen aufzuhalten.

Zhang kennt jede Rille im ganzen Kreis Binxian. Er arbeitet schon seit über 20 Jahren in diesem Bereich und steht jeden Tag mit den Bauern in Kontakt. Er sagt, dass es sich als wirksam erwiesen hat, in den Rillen kleine Dämme zu bauen. "Die Erde, die vom Regenwasser weggespült wird, sammelt sich dann bei den Dämmen. So füllen sich die Rillen allmählich wieder", erklärt er. "Diese Methode funktioniert vor allem bei kleinen Rillen gut." Im Kreis Binxian sind bereits in über 4600 Rillen solche Dämme installiert worden – und es werden immer mehr. Jeder dieser Dämme kostet um die 10.000 Yuan (1490 US-Dollar)." Die Zentralregierung stellt für den Kampf gegen die Erosion jedes Jahr rund 4,8 Millionen Yuan zur Verfügung. Dazu kommen noch Investitionen von 1,92 Millionen Yuan von der Provinzverwaltung und 480.000 Yuan von der Kreisregierung, führt Zhang weiter aus.

Leider kann das Problem mit der Bodenerosion nicht auf die Schnelle gelöst werden. Für Abhänge mit weniger als fünf Grad Gefälle empfehlen die Forscher, die Richtung der Wassertransportkanäle zu ändern. Der Bau von Terrassen oder kleinen Dämmen kann bei einem Gefälle zwischen sechs und 15 Grad helfen.

Doch wenn die Experten versuchen, die Bauern von diesen Taktiken zu überzeugen, stoßen sie häufig auf heftigen Widerstand. "Bauern mögen keine Veränderungen", weiß Yin Jiafeng, ein Forscher am Boden- und Wasserschutz Forschungsinstituts. "Der Bau von kleinen Dämmen oder Terrassen nimmt ihnen einen Teil der nutzbaren Lands. Dies wird natürlich die Einkünfte der Bauern verringern." Auch die Kreisregierung drängt nun vermehrt die Dorfbewohner, Hänge mit mehr als 15 Grad Gefälle gar nicht mehr zu beackern und dort stattdessen Bäume zu pflanzen. "Sobald es weniger landwirtschaftliche Aktivitäten gibt, nimmt auch die Erosion ab", erklärt Zhang. Und die Bäume helfen, das Land zu stabilisieren.

Der Bauer Hu Jinghe sagt, dass er bereits vor einigen Jahren auf einem Viertel seines Landes, das eine Fläche von 60 Mu hat, aufgehört habe, Nutzpflanzen anzubauen. Denn dank der Bemühungen der Zentralregierung, Bauernland in Forstland zu verwandeln, kann Hu acht Jahre lang eine jährliche Unterstützung von 160 Yuan pro Mu bekommen. Danach bekommt er für weitere acht Jahre nur noch 90 Yuan pro Mu. Doch da nicht alle Haushalte von dieser Regel profitieren können, bleibt die Überzeugungsarbeit ein schwieriges Unterfangen. "Ich kann ihnen keine Kompensation zahlen", fügt er hinzu. "Das einzige, was ich tun kann, ist ihnen die Jungbäume zur Verfügung zu stellen."

Yin Jiafeng, ein Wissenschaftler am Boden- und Wasserschutz Forschungsinstituts von Heilongjiang, zeigt auf einer Karte die Gegenden, die von der Erosion am schlimmsten betroffen sind. [Foto: Feng Yongbin / China Daily]

Quelle: China Daily

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