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24. 02. 2009 Druckversion | Artikel versenden| Kontakt

Finanzmarkt

Chinesischer Staatsfonds vor Neubeginn

Der vor einem Jahr eröffnete chinesische Staatsfonds sollte überschüssige Währungsreserven zum Gewinn Chinas im Ausland anlegen. Doch statt Gewinn resultierten auf Grund der Finanzkrise bloß immense Verluste. Der Fonds hat jedoch die Konsequenzen aus seinen Fehlern gezogen und steht nun vor einem Neubeginn.

Wenige Unternehmen hatten einen dermaßen unheilvollen Anfang wie die China Investment Corporation (CIC). Sie ist der erste staatliche Anlagefonds des Landes und weiß die größten Währungsreserven der Welt hinter sich. Vor 17 Monaten wurde der 200 Milliarden US-Dollar (rund 150 Milliarden Euro) schwerer Fonds in Beijing mit einer überschwänglichen Zeremonie eröffnet und nahm umgehend seine Geschäftstätigkeit auf. Er investierte in die damals heißesten Titel an der Wall Street, so beispielsweise 5 Milliarden Dollar (rund 4 Milliarden Euro) in Morgan Stanley und 3 Milliarden Dollar (rund 2,3 Milliarden Euro) in den damals gefeierten Hedge-Fonds Blackstone. Doch die Investitionen schlugen um und Milliarden wurden im weltweiten Finanzbeben vernichtet. In der chinesischen Öffentlichkeit wurde daher die Kritik laut, die Investitionsgesellschaft verstünde zuwenig von ihrem Geschäft und verschleudere Steuergelder. Der Vorsitzende der Gesellschaft, Herr Lou Jiwei, versteht den Unmut in der Bevölkerung und gibt im Januar während eines Forums in Hongkong zu, dass er "sich nicht mehr traue", in ausländische Finanzinstitutionen zu investieren, bis sich die Märkte wieder beruhigt hätten.

Neuorientierung. Doch natürlich kann eine Investitionsgesellschaft nicht einfach abwarten und Tee trinken, bis sich die Verluste wieder selbständig ausgleichen. Marktbeobachter berichteten von Anzeichen, dass der chinesische Staatsfonds jetzt, da sich die weltweite Finanzkrise verschlimmere, sein Augenmerk von unzuverlässigen Finanzanlagen auf realitätsnähere Industrien richte. Darunter seien Energie-, und Rohmaterialproduzenten sowie Hightechfabriken. So bestätigte Beispielsweise Fortescue Metals Groups Ltd, der drittgrößte Eisenerzexporteur Australiens, Gespräche über Investitionsmöglichkeiten in ihrem Unternehmen mit der chinesischen Investitionsgesellschaft und der Englisch-Amerikanischen PLC. Im Weiteren bietet CIC für International Lease Finance, die Schuldengeplagte Flugzeug-Leasingabteilung der American International Group (AIG). Doch auch andere Staatsfonds finden sich unter den Bietern, so beispielsweise der Dubaische Investitionsfonds Istithmar World und die Kuwaitische Investitionsbehörde. Daneben bieten diverse Private Equity Fonds wie Kohleberg Kravis Roberts, TPG Capital und die Carlyle Gruppe. "Staatsfonds hatten früher aus politischen und wirtschaftlichen Gründen große Schwierigkeiten, in gewissen Wirtschaftszweigen anderer Länder zu investieren", sagt Yang Ruilong, Vorsitzender des Wirtschaftsinstituts der Beijinger Volksuniversität, "doch nun werden solche Geschäfte immer einfacher, da die kapitalhungrigen Branchen ebenfalls mehr und mehr in den wirtschaftlichen Abschwung geraten."

Der chinesische Staatsfonds befinde sich Berichten zufolge auch in Verhandlungen, um bis zu 50 Prozent der CITIC Capital Holdings Ltd zu kaufen. Diese ist eine der führenden auf China fokussierten Investitionsgesellschaften und verwaltet Anlagen im Wert von mehr als 1,6 Milliarden US-Dollar (rund 1,25 Milliarden Euro). Branchenexperten zufolge seien die Gespräche zwischen CIC und CITIC Pacific, dem Mutterunternehmen von CITIC Capital Holdings Ltd, bereits seit mehreren Monaten im Gange. Im kommenden Jahr will das Unternehmen CITIC Capital, welches auch einen 70 Millionen US-Dollar (rund 55 Millionen Euro) schweren weltweiten Hedge-Fonds und ein paar Asien-Immobilienfonds betreibt, vermehrt in Japan investieren. "Es ist verständlich, dass CIC beim Investieren in ausländische Finanzinstitutionen derzeit äußerst zögerlich vorgeht, doch statt nichts zu tun wird die Gesellschaft wahrscheinlich eine sorgfältige ausgewählte, konservative Investitionsstrategie fahren und anderweitige ausländische Investitionsmöglichkeiten in Betracht ziehen", meint Jing Ulrich, leitende Direktorin und Vorsitzende der Abteilung für chinesische Firmen der Bank JP Morgan.

Auch im heimischen Markt aktiv. Der chinesische Staatsfonds kauft in der Zwischenzeit Aktien auf den chinesischen Märkten. Das Unternehmen Central Huijin Investment Co, eine Tochtergesellschaft der CIC, begann im September, als die chinesischen Aktienmärkte auf Negativrekorde sanken, mit aggressiven Akquisitionen. Ziel waren damals vor allem Bankaktien wie die der Bank of China, der China Construction Bank und der Industrial & Commercial Bank of China. So konnte die chinesische Investitionsgesellschaft die heimischen Aktienmärkte, welche seit Jahresbeginn 2008 um 65 Prozent einbrachen, stützen. Der Staatsfonds untergräbt mit solchen Aktionen jedoch seine eigentliche Aufgabe, als Kapitalquelle für chinesische Unternehmen zu dienen. "CIC könnte durchaus Investitionsmöglichkeiten auf dem heimischen Markt nutzen, da die lokalen Bewertungen der Aktien inzwischen ein großes zukünftiges Gewinnpotential aufweisen. Auch wenn gewisse Risiken bezüglich Verlusten bestehen, muss dennoch bedacht werden, dass die Aktienmärkte der Realwirtschaft normalerweise um Monate voraus reagieren und sich eine Erholung entsprechend früh bemerkbar machen wird", so Frau Ulrich.

Aus Fehlern lernen. Die nationale Investitionsgesellschaft lernt von seinen verlustreichen Geschäften letztes Jahr und erneuert ihr Personal. So wechselte der Fonds beispielsweise den Vorsitzenden seiner Abteilung für alternative Investitionen, welcher sich um ausländische Direktinvestitionen, Immobilienfonds und Private Equity Fonds kümmert, aus. Denn letztes Jahr verlor CIC beispielsweise einen beträchtlichen Anteil einer 3,2 Milliarden US-Dollar (rund 2,5 Milliarden Euro) Investition in den Private Equity Fonds JC Flowers. Auslöser hierfür waren hohe Wertverluste von Aktien der zweitgrößten deutschen Hypothekenfirma, der Hypo Real Estate (HRE). Im Juni 2008 kaufte JC Flowers diese Aktien im Wert von damals rund 450 Euro. Auch das Schicksal eines 5,4 Milliarden US-Dollar (rund 4,2 Milliarden Euro) großen Aktienpaketes des Reserve Primary Fund, einem US-Amerikanischen Geldmarktfonds welcher Lehman Brothers Aktien und Obligationen im Wert von 785 Millionen US-Dollar (rund 613 Millionen Euro) besaß, liegt im Dunkeln, da der Fonds letztes Jahr Konkurs ging und seine Gelder derzeit noch eingefroren sind.

Zhou Yuan, ehemaliger Geschäftsführer des Chinageschäftes der UBS, ist der neue Vorsitzende der Abteilung für alternative Investitionen. Weitere 30 gestandene Finanzfachleute mit internationalem Hintergrund wurden ebenfalls im vergangenen Jahr rekrutiert. Inzwischen hat etwa die Hälft aller CIC-Angestellten bereits im Ausland gearbeitet, wie die Gesellschaft selbst angibt. Als weitere Maßnahme hat der Staatsfonds eine Abteilung für Vermögensverteilung und Strategieplanung, welche dessen Portfolio optimieren soll, ins Leben gerufen.

Zu Beginn fuhr der Fonds noch eine aggressive Auslandinvestitionsstrategie: er investierte 15 Prozent seines Kapitals in sichere, festverzinsliche Anleihen, zwischen 35 und 40 Prozent wurden zum Kauf ausländischer Unternehmen verwendet und der Rest floss in alternative Investitionen, unter anderem auch in Private Equity Fonds. Im April letzten Jahres verkündete CIC-Präsident Gao Xiqing noch stolz, der Staatsfonds hätte 80 bis 90 Milliarden US-Dollar (64-72 Milliarden Euro) für Auslandinvestitionen zu Verfügung. Doch die Unruhen auf den globalen Finanzmärkten zeigte, wie verletzlich diese Summe CIC machte. "Wir passen unser Portfolio derzeit an und es wird große Änderungen unserer Anlagen geben, in verschiedensten Aspekten", gab eine Quelle von CIC an. Wang Shuilin, Vorsitzender Pressesprecher der Gesellschaft, verkündete in einem Forum letzten Monat, dass CIC seine Hausaufgaben gemacht hätte und nun bereit sei, seine Auslandinvestitionen zu diversifizieren und längerfristig auszurichten. So könne der Eigenwert des Fonds maximiert werden.

Quelle: China Daily

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