In Nanjing gibt es mehr Wahldemokratie nun auch in den Dörfern: Seit April werden in 806 Dörfern in Nanjing direkte Wahlen von Parteisekretären veranstaltet.

Zhu Yongxiang, ein 72-jähriger chinesischer Kommunist, hat Anfang des Monats seine Stimme für die Wahl des Chefs der Kommunistischen Partei bei der ersten direkten Wahl in seinem Dorf Houcong abgegeben. "Das ist echte Demokratie. Die Stimmen der Parteimitglieder entscheiden, wer die Wahl gewinnt, und nicht mehr Nominierungen und Ernennungen", so Zhu, ein Dorfbewohner, der seit 50 Jahren in der KP Chinas ist.

Er hat Chen Jiagui für die Position als Parteisekretär im Dorf Houcong in Nanjing, der Hauptstadt der ostchinesischen Provinz Jiangsu, gewählt. Chen gewann gegen seinen Konkurrenten mit 121 zu 32 Stimmen bei der Wahl, die von 200 Parteimitgliedern beobachtet wurde, von denen einige frisch von der Feldarbeit, noch mit Erde an den Schuhen, zur Wahl gekommen waren.

Von April bis Juni wurden ähnliche direkte Wahlen in 806 Dörfern in Nanjing veranstaltet, wo KP-Komitees in 363 Nachbarschaften in städtischen Gebieten vergangenes Jahr direkte Wahlen probeweise einführten. "Die KP Chinas ist seit über 60 Jahren an der Macht, seit das Neue China 1949 gegründet wurde. Jedoch hat das langjährige Wahlmodell soziale Konflikte und Spannungen zwischen der Öffentlichkeit und den Nachbarschaftskomitees ausgelöst", so Professor Shao Jianguo von der Parteischule des KP-Komitees der Stadt Nanjing. Er stellte heraus, dass bei dieser Wahlmethode ernannte Beamte die "Macht" von den hohen Tieren bekommen, und konsequenterweise kümmern sich dadurch die Beamten mehr um ihre Vorgesetzten als um die Bürger. Durch die nun eingeführten direkten Wahlen in den Dörfern ist Nanjing zur ersten und einzigen chinesischen Stadt geworden, die die direkten Wahlen von Nachbarschaftskomitees sowohl auf städtische als auch auf ländliche Gebiete großräumig ausgeweitet hat, so der Professor.

Die KP Chinas hatte die Stadt für die probeweise erste direkte Wahl 2004 ausgewählt, ein Schritt, der als bedeutend für die Förderung der Demokratie innerhalb der Partei angesehen wird, so Cai Xia, Professor an der Parteischule des Zentralkomitees der KP Chinas. Man erwarte, dass damit die Demokratie in der chinesischen Gesellschaft gefördert werde. "Eine demokratische Reform innerhalb der Partei ist wichtig für die Basis der Partei, denn sie bringt für solche Leute mehr Herausforderungen, die Dorfparteisekretäre werden", so Shao.

Die frisch gewählten Parteichefs in den 806 Dörfern mit einer Bevölkerung von 2,7 Millionen Menschen sollen noch im Juni ihr Amt aufnehmen. Chen Jiagui, der neue Parteichef im Dorf Houcong, setzte sich gegen vier andere Kandidaten durch, unter denen Gemeindebeamte und Hochschulabsolventen waren. Eigentlich hatte Chen in den vergangenen zehn Jahren als ernannter Parteichef in dem Dorf gearbeitet. Er hat sich riesig gefreut, die Position bei der Wahl zu bekommen. "Diesmal war der Sieg schwieriger zu erreichen. Ich möchte versuchen, jeder Wahlstimme gerecht zu werden", so er.

Die Dorfbewohner sagen, Chen, der selbst Bäume anpflanzt, habe sie dazu gebracht, die Baumplantagen zu entwickeln, die zu einem wichtigen Wirtschaftszweig geworden sind und das Einkommen der Bauern gesteigert haben. "Die Parteisekretäre, die vergangenes Jahr in städtischen Wohngegenden gewählt wurden, haben ihre Arbeit gut gemacht. Sie haben Bürgern geholfen, Probleme im Alltagsleben zu lösen, beispielsweise wurden Straßenlichter und Straßen repariert", so Wang Qi, Direktor der Organisationsabteilung des Nanjinger KP-Komitees. Die Parteimitglieder hofften, dass die Dorfwahlen dazu beitragen, die ländliche Wirtschaft zu fördern und das Einkommen der Bauern zu erhöhen. Wang fährt fort, dass Nanjinger Komitee habe Wahlprozeduren aufgrund der Erfahrungen von früheren Wahlen entworfen. "Die Wahlen müssen nach Regeln verlaufen. Es gibt beispielsweise Wahlverfahren für die Stimmenwerbung und Qualifikationstests für Kandidaten", so er.