In China fehlt es nicht an großen Ideen und Zielen. Berühmt sind Chinas Kampagnen und die Mobilisierung ganzer Volksmassen. Chinas Regierung ist bekannt dafür, Großprojekte zu initialisieren, mit denen sich das ganze Volk identifizieren kann, wie der Bau des "Dreischluchten Staudamms" oder die Eisenbahnstrecke nach Tibet. Solche Projekte stehen für die Wandlung Chinas in einen modernen Industriestaat.

Doch trotz der Realisierung solcher Großprojekte bleibt die Herausforderung auch scheinbar kleinere, aber nicht weniger zentrale Gesetze und Richtlinien auf lokaler Ebene umzusetzen.

Die Festnahme von unzähligen Mitgliedern des organisierten Verbrechens in verschiedenen Provinzen während der letzten Wochen, bleibt da eher eine Ausnahme, wie auch Experten bestätigen.

"Wir können die Fortschritte, welche die chinesische Regierung in den letzten Jahren gemacht hat, nicht leugnen, doch die Macht der Banden zu brechen, war ein solch außergewöhnliches Beispiel der Vollzugsgewalt, dass es schwer sein dürfte, so etwas zu wiederholen," sagte Zhou Hanhua, Vorsitzender der Departements für Verfassungsrecht der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften. "Es ist nicht ungewöhnlich zu sehen, wie die Lokalregierungen dabei scheitern, Gesetze aus Beijing umzusetzen."

Ministerpräsident Wen Jiabao versuchte bereits 2006, das Problem anzugehen, als er in seinen Regierungsbericht die "Umsetzung der Administrative" aufnahm. Präsident Hu Jintao betonte in einem Artikel, der in der Januar Ausgabe der Qiushi-Magazin erschien, die Dringlichkeit der korrekten Umsetzung von Gesetzen und Richtlinien. Immer wieder unternahm die Regierung Versuche, das Problem anzugehen. Bis jetzt mit geringem Erfolg.

"Häufig versanden Gesetze, bevor sie umgesetzt werden. Manchmal erreichen sie noch nicht einmal die Mauern von Zhongnanhai, dem Regierungsviertel in Beijing",erklärt Zhou weiter.

Ein Beispiel für die Schwäche der Regierung ist der ständige Versuch, die Preise am Immobilienmarkt und die immer größer werdende Immobilienblase effektiv zu bekämpfen. Der Gesetzesplan sah vor, die Finanzen besser zu kontrollieren und die Kredite für Drittwohnungen deutlich zu erschweren. Die meisten Lokalregierungen blieben von den Maßnahmen Beijings jedoch ungerührt. Ein Grund hierfür ist, dass die direkten Einnahmen und das BIP der Provinzen durch die Umsetzung dieser Gesetze sinken würden. Ein hohes BIP und ein positives Wirtschaftswachstum sind für viele Kader jedoch der Garant für eine Fahrkarte nach Beijing und wer möchte diese Chance schon ausschlagen?

So resultiert der Interessenkonflikt zwischen zentralen- und lokalen Belangen häufig in einer Unterordnung der Gesetze und Richtlinien unter das BIP.

Die anhaltende Korruption leistet ebenfalls ihren Beitrag, wenn es um die schwache Umsetzung von Gesetzen geht.. Die Sicherheit in Kohleminen soll schon seit Jahren verbessert werden. Nur allzu gerne lassen die Sicherheitsinspektor sich aber durch die Kohlemineninhaber bestechen und übersehen bereitwillig einige Mängel. Erwirtschaftet die Kohlemine viel Geld, profitiert davon auch die Provinzregierung, die als Folge gerne mal ein Auge zudrückt.

"Die Bevölkerung unterstützt häufig Gesetze der Zentralregierung. Die mangelnde oder falsche Umsetzung von Gesetzen, führt aber nicht selten zu ihrer baldigen Abschaffung. Die Wurzel des Problems liegt in unserem politischen System und das lässt sich nicht in Kürze reformieren." verdeutlicht Zhou die Problematik.

Zhou sieht eine Lösung in der Rationalisierung der Beziehung zwischen der zentralen und der lokalen Regierung sowie der Regierung und der Bevölkerung. Wie diese Verbesserung aber genau aussehen soll, ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt. Zumindest nicht außerhalb der Grenzen von Zhongnanhais.