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28. 06. 2010 | Druckversion | Artikel versenden| Kontakt |
Da Chinas Regierung ein breites Instrumentarium für Wirtschaftseingriffe besitzt, gelang es ihr, eine Rezession in der Volksrepublik zu vermeiden.
Die Auseinandersetzungen während des G20-Gipfels zwischen den Vereinigten Staaten und Europa über "Konjunkturprogramme" kontra "Defizitabbau" demonstrieren überzeugend die Überlegenheit des chinesischen Systems der makroökonomischen Regulation. China steht keinerlei ähnlichen Dilemmata gegenüber. Es hat im ersten Quartal 2010 zeitgleich das wohl weltweit größte Konjunkturpaket durchgeführt und erzielte hiermit ein 12-prozentiges Wachstum des Bruttoinlandsproduktes. Das laufende Budgetdefizit Chinas blieb mit 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im nachhaltigen Bereich. Zugleich haben aber die Vereinigten Staaten sowie Großbritannien ein Defizit von 10 Prozent ihres jeweiligen Bruttoinlandprodukts verzeichnen müssen. China nähert sich somit dem Niveau anderer europäischer Volkswirtschaften an. Die Volksrepublik musste sich daher nicht für die Fortführung von steuerlichen Maßnahmen zur Stimulierung der Wirtschaft oder der Platzierung der Priorität der Haushaltskonsolidierung entscheiden.
Ein Studium der Lehre von Chinas politischem Erfolg ist aber notwendig, da die Welt nun im bestem Fall einer nur langsamen Erholung oder im schlimmsten Fall der Gefahr einer erneuten Rezession durch die Kombination der Staatschuldenkrise der Eurozone sowie einer konstanten Kreditfinanzierung des Wachstums in den Vereinigten Staaten gegenübersteht. Am vergangenen Freitag wurde bekannt, dass die Wirtschaft der Vereinigten Staaten im ersten Quartal 2010 mit 2,7 Prozent auf das Jahr hochgerechnet gewachsen war, anstatt der ursprünglich angekündigten 3,2 Prozent.
Investitionsrückgänge. Um zu verstehen, warum Chinas wirtschaftliche Planung so erfolgreich ist, ist es notwendig zu wissen, was wirklich – entgegen der Mythen – während der internationalen "Großen Rezession" geschehen ist. Die folgende Tabelle zeigt die Veränderungen der Bestandteile des Bruttoinlandsproduktes der Mitgliedsstaaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die im Wesentlichen aus entwickelten Volkswirtschaften besteht. Sie deckt den Zeitraum von Beginn der internationalen Rezession im ersten Quartal 2008 bis zu den neuesten verfügbaren Daten ab. Während dieses Zeitraumes fiel das Bruttoinlandsprodukt dieser Länder um 850 Milliarden Euro. Allerdings können davon 800 Milliarden Euro oder 96 Prozent mit einem Rückgang der Investitionen begründet werden. Im Gegensatz hierzu betrug der Rückgang der persönlichen Konsumausgaben lediglich 200 Milliarden Euro, die staatlichen Konsumausgaben stiegen um 186 Milliarden Euro und die Handelsbilanz verbesserte sich um 180 Milliarden Euro. Die große Rezession wird also von einem massiven Rückgang der Investitionen dominiert. China hat keinerlei Investitionsrückgänge zu verzeichnen. Im Gegenteil zeigen hier jüngste Zahlen, dass Chinas städtische Anlageinvestitionen, welche für eine überwältigende Mehrheit der Investition des Landes stehen, jedes Jahr um mehr als 25 Prozent steigt. Da China keinen nennenswerten Rückgang der Investitionen zu verzeichnen hatte, konnte das Bruttoinlandsprodukt rasch expandieren. Der Grund dafür, dass China kaum Investitionsrückgänge zu verzeichnen hatte, ist derselbe Grund dafür, dass es auch kein bedeutendes Budgetdefizit aufweist. China hat einen großen staatlichen Unternehmenssektor, welcher etwa die Hälfte der wirtschaftlichen Investitionen umfasst. Diese Unternehmen funktionieren in einem Marktsystem, welches nicht Gegenstand der unmittelbaren Kontrolle durch die Regierung ist.
Angesichts der internationalen Finanzkrise können diese staatlichen Unternehmen im Einklang mit der Konjunkturpolitik der Regierung die Investitionen erhöhen. Gleichzeitig befinden sich auch Chinas größte Banken im Besitz der Regierung. Die Regierung ist daher in der Lage, diesen Banken aufzutragen, die Kreditvergabe an Unternehmen in antizyklischer Weise zu steigern. Durch ihren direkten Zugriff auf große Teile des wirtschaftlichen Investmentmechanismus war es China auch möglich, ein großangelegtes Konjunkturpaket zu starten und gleichzeitig einen Einbruch der Investitionen zu verhindern. Das Wirtschaftswachstum stützt den privaten Sektor. Gleichzeitig verursachte das Wirtschaftswachstum aber auch zusätzliche Steuereinnahmen, wodurch China kein nennenswertes Budgetdefizit zu verzeichnen hat. Somit stiegen Chinas Steuereinnahmen im Jahre 2009 um 11,9 Prozent, während die der Vereinigten Staaten, Großbritanniens sowie die anderer Länder aufgrund der Rezession kollabierten.
Vergleichen wir, was währenddessen in den Vereinigten Staaten und in Europa abgespielt hat. Diese haben keinen nennenswerten staatlichen Unternehmenssektor aufzuweisen. Als also die Investitionsausgaben zu kollabieren begannen, hatten die Regierungen keinerlei Möglichkeiten, zu invertieren. Vor der Wirtschaftskrise befanden sich alle Großbanken in den Vereinigten Staaten und in Europa in Privatbesitz und alles, was die Regierungen dort also tun konnten, war an die Banken zu appellieren, die Kreditvergaben nicht einzuschränken. Die Aufforderungen der Regierungen wurden von den Banken ignoriert und die Rezession durch den folgenden Rückgang der Kreditvergaben zusätzlich verschlimmert. Die Folge war, dass die massive Rezession zu einem Einbruch der Steuereinnahmen und hierdurch zu einem enormen Haushaltsdefizit geführt hat.
Neue Rezession möglich. Angesichts des Abfalls der Investitionen ist alles, was die amerikanischen wie auch die europäischen Regierungen unternehmen konnten um zu versuchen die Investitionsrückgänge zu kompensieren, ihr Budgetdefizit rasch zu auszuweiten und die Unternehmen durch eine erhöhte Regierungs- und Konsumnachfrage zu Investitionen zu bewegen. Diese Versuche, den Rückgang der Investitionen durch die indirekte Methode des fließenden Budgetrückgangs aufzuhalten, waren aber relativ unwirksam, weshalb die wirtschaftliche Erholung auch entsprechend schwach war. Der hieraus resultierende Einbruch der Steuereinnahmen führte zu Haushaltsdefiziten, was nun dazu geführt hat, dass die europäischen Regierungen Schritte einleiten, um diese drastisch zu reduzieren. Während diese Defizite uneffektiv bei der Aufhaltung des Investitionsrückgangs waren und diese auch ebenso nicht reduzieren konnten, wird dies zu einer Kürzung der Regierungs- sowie Haushaltsausgaben führen und Europa, wie Präsident Barack Obama warnte, in eine weitere Rezession stürzen. Aufgrund der Konzentration von Chinas Wirtschaftspolitik auf die Aufrechterhaltung der Investitionen konnte es ein schnelles Wirtschaftswachstum ohne ein nennenswertes Haushaltsdefizit erzielen. Da es Europa und die Vereinigten Staaten ablehnten, sich der Frage der Rückgang der Investitionen zu widmen, erlebten sie sowohl eine Rezession wie auch riesige Budgetdefizite.
Die richtige Lösung wurde bereits vor langer Zeit von Keynes entworfen, als dieser sagte: "Eine umfassende Sozialisierung der Investition ist das einzige Mittel, um sich der Vollbeschäftigung anzunähern." China hat dies befolgt. Warum waren hier also die Vereinigten Staaten wie auch Europa nicht im Stande, Chinas erfolgreicher Wirtschaftspolitik oder Keynes Rezept zu folgen? Die Antwort befindet sich in den unterschiedlichen Wirtschaftsstrukturen dieser Länder. Den Vereinigten Staaten und Europa fehlt der große staatliche Unternehmenssektor wie auch die staatlichen Banken, die erst Chinas Konjunkturpaket möglich machten. Auch wenn die Vereinigten Staaten und Europa gewünscht hätten, eine Politik zu verfolgen, um die Investitionen zu halten und eine Rezession zu vermeiden, wäre dies aufgrund der fehlenden Instrumente nicht möglich gewesen. Wenn die chinesische Regierung also sagt, dass China der Finanzkrise aufgrund ihrer überlegenen wirtschaftlichen Struktur entkommen ist, ist dies kurz gesagt die buchstäbliche Wahrheit.
Quelle: China Daily
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