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06. 12. 2010 Druckversion | Artikel versenden| Kontakt

WikiLeaks verliert seine wichtigste Einnahmequelle

Schlagwörter: WikiLeaks PayPal

Die Organisation WikiLeaks ist in Schwierigkeiten: PayPal hat deren Konto mit der Begründung gesperrt, dass die umstrittene Enthüllungswebseite in illegale Aktivitäten verstrickt sei. Damit verliert WikiLeaks seine Hauptquelle für Spendengelder. Gleichzeitig versuchen Regierungen und Hacker die Webseite zu stoppen, und ein ehemaliger Kollege will ein Konkurrenzprodukt aufbauen.

Durch die Veröffentlichung von hunderttausenden Depeschen von US-Diplomaten brachte WikiLeaks die Firmen unter Druck, welche mit der Enthüllungsseite Geschäfte machen. Eine der ersten, die nachgab, ist das Internetfinanzinstitut PayPal. Seit Samstag ist es nicht mehr möglich, mittels PayPal Spendengelder an WikiLeaks zu überweisen. Wer dies versucht, bekommt eine Fehlermeldung: "Der Empfänger ist derzeit nicht in der Lage, Geld zu erhalten", heißt es nach einem Versuch. PayPal schrieb im Firmenblog, dass man sich entschlossen habe, das Konto von WikiLeaks zu schließen, weil die Seite den Nutzungsbestimmungen der Internetbank widersprochen habe. "Darin heißt es, dass unsere Überweisungen für keine Aktivitäten benutzt werden dürfen, welche zu illegalem Handeln ermutigen oder dieses erleichtern." Diese kurze Nachricht war am Freitag online gestellt worden. Die Sprecherin von PayPal wollte am Samstag keinen weiteren Kommentar zum Fall abgeben und verwies auf den Beitrag im offiziellen Firmenblog.

WikiLeaks bestätigte sein jüngstes Problem in seinem Twitter-Account: "PayPal schließt WikiLeaks auf Druck der US-Regierung aus." WikiLeaks hatte den USA und anderen ausländischen Staaten eine große Peinlichkeit beschert, indem die Seite eine ganze Reihe von ungeschminkt ehrlichen Depeschen von US-Diplomaten veröffentlicht hatte.

PayPal ist eine Tochterfirma der US-amerikanischen Internetverkaufsplattform EBay und bietet online Finanztransaktionen an. Dies ist eine von mehreren Arten, wie WikiLeaks Spendengelder sammelt. Und bisher war dies der vermutlich sicherste und einfachste Weg, die Organisation zu unterstützen. Die anderen Möglichkeiten, WikiLeaks Spenden zukommen zu lassen, sind laut der Webseite, Bargeld an ein Postfach in Australien zu schicken oder die Spende an ein Konto in der Schweiz, Deutschland oder Island zu überweisen. Ebenfalls ist die Spende noch immer über einen "Kreditkartenpartner" in der Schweiz möglich.

Das PayPal Konto vom deutschen WikiLeaks verweist auf eine Stiftung, welche die Organisation mit Geld versorgt. Die Wau Holland Stiftung, die nach einem deutschen Hacker benannt ist, bestätigte am Samstag in einer Meldung auf Twitter, dass auch ihr PayPal-Konto gesperrt worden sei, da die Stiftung "WikiLeaks finanziell unterstütze". Der Präsident der Stiftung, Winfried Motzkus, war anfangs vergangene Woche in der Zeitung Neue Westfälische aus Bielefeld mit der Aussage zitiert worden, dass die Stiftung für WikiLeaks rund 750.000 Euro (rund eine Million US-Dollar) gesammelt habe. Damit könnten die Ausgaben der Organisation gedeckt werden.

Die jüngsten Veröffentlichungen von WikiLeaks haben der deutschen Stiftung, die sich als einer der wichtigsten finanziellen Unterstützer der Enthüllungsorganisation bezeichnete, einen Boom verschafft. Sie schreibt auf ihrer Webseite, dass "die große und in dieser Art einzigartige Menge von Spenden dazu geführt hat, dass sich das Ausstellen von Spendenbescheinigungen verzögert hat." Solche Bescheinigungen erlauben in Deutschland, Spenden von den Steuern abzuziehen. Fragen an die Stiftung und an Motzkus wurden vor Redaktionsschluss nicht beantwortet.

Obwohl WikiLeaks verspricht, die Welt transparenter zu machen, ist sehr wenig über die Funktionsweise der Organisation bekannt, die hinter der Seite steckt. Sie hat keinen Hauptsitz, keine oder fast keine bezahlten Angestellten und auch ihre Finanzen sind unklar. Der Vizepräsident von Wau Holland, Hendrik Heye Fulda, sagte im vergangenen Monat zur Süddeutschen Zeitung, dass WikiLeaks ein jährliches Budget von rund 200.000 Dollar habe. Fulda konnte am Samstag nicht erreicht werden.

Unterdessen hat der frühere Sprecher von WikiLeaks, Daniel Domscheit-Berg, angekündigt, dass er selbst eine weitere, transparentere Plattform schaffen will. Diese Seite werde die technische Infrastruktur bereitstellen, um anonyme Beiträge veröffentlichen zu können. Sie erlaubt den Informanten, selbst auszusuchen, wie und von wem die Informationen veröffentlicht werden. Der 32-jährige Domscheit-Berg, der auch den Namen Daniel Schmitt benutzt, sagte, dass er plane, demnächst ein Buch über seine Zeit mit Assange zu veröffentlichen.

Am Freitag war WikiLeaks gezwungen worden, seinen Host zu wechseln, da Regierungen und Hacker versuchten, die Organisation ihres direkten Zugangs zur Öffentlichkeit zu berauben. Die im Manchester (New Hampshire) beheimatete Firma EveryDNS hatte am späten Donnerstagabend aufgehört, den Traffic auf die Webseite WikiLeaks weiterzuleiten. Hackerangriffe hätten sonst auch den Rest des Netzwerkes gefährdet, so die Begründung. Doch auch wenn wikileaks.org am Samstag nicht erreichbar war, so konnte die Enthüllungsorganisation doch ein neues Heim finden: Die deutsche Seite wikileaks.de und die Schweizer Domain wikileaks.ch waren weiterhin erreichbar.

Die Schweizer Domain leitet der Verkehr auf einen Server in Frankreich weiter, wo der politische Druck schnell wuchs. Am Freitag sagte daher der Industrieminister Eric Besson, dass es inakzeptabel sei, eine Webseite zu hosten, welche "das Geheimnis der diplomatischen Beziehungen verletzt." Der Webhoster OVH bestätigte, dass er seit Donnerstagmorgen WikiLeaks auf seinen Servern hat. Zuvor habe ihn ein Klient um einen "hervorragenden Server mit Schutz gegen Angriffe" gebeten. Es sei nun an den Gerichten zu entscheiden, ob es legal ist, die Seite auf französischen Boden zu beherbergen, fügte OVH hinzu.

Reporter ohne Grenzen, eine Organisation, welche sich für Medienfreiheit einsetzt, verurteilte am Samstag die persönlichen Angriffe auf Assange sowie „die Sperrungen, die Hackerangriffe und den politischen Druck“. Reporter ohne Grenze bezeichnete dies als den ersten „Versuch der internationalen Gemeinschaft, eine Webseite zu zensieren, welche sich dem Prinzip der Transparenz verschrieben hat.“

WikiLeaks wurde diese Woche mehrmals von sogenannten Denial-of-service-Attacken heimgesucht. Bei dieser sehr einfachen Art des Hackens werden so lange große Mengen an Datenpakete an eine Webseite geschickt, bis diese unter der Last zusammenbricht und für Besucher nicht mehr zugänglich ist. Die Täter zu bestimmen ist bei solchen Angriffen schwierig. Sie Störungen begannen am Sonntag, kurz bevor WikiLeaks die diplomatischen Depeschen veröffentlichte. Um mit der Verkehrsflut klarzukommen, ist WikiLeaks auf ein Hosting-Angebot von Amazon.com umgestiegen. Doch nachdem US-Kongress-Abgeordnete begannen, nach den Beziehungen zwischen Amazon und WikiLeaks zu fragen, entschloss sich am Mittwoch der Onlinebuchhändler, die Seite von seinem Server zu entfernen.

Quelle: China Daily

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