Libysche Kampfhubschrauber feuerten gestern auf eine Rebelleneinheit, die sich nach Tripolis entlang der Mittelmeerküste bewegt, und Gaddafi-treue Truppen lieferten sich am Boden intensive Gefechte mit den rivalisierenden Kämpfern.

Die Oppositionskräfte stießen letzte Woche erstmals aus der von den Rebellen gehaltenen östlichen Hälfte Libyens nach Westen vor und haben sich ihren Weg nach Tripolis gebahnt. Auf dem Weg sicherten sie sich die Kontrolle über zwei wichtige Ölhäfen in Brega und Ras Lanouf, und drangen weiter nach Westen vor, wobei sie mit Feuer von Kampfhubschraubern und Bodentruppen konfrontiert wurden.

Erbitterte Bodenkämpfe ereigneten sich rund um die Frontlinie zwischen zwei etwa 50 Kilometer voneinander entfernten Städten, Ras Lanouf und Bin Jawad im Westen. Gaddafi-Loyalisten nahmen Bin Jawad wieder ein, das sich etwa 160 Kilometer östlich von Gaddafis Heimatstadt Sirte befindet, die ein entscheidendes Schlachtfeld werden könnte.

Ein Kampfjet attackierte auch eine kleine Militärbasis bei Ras Lanouf und zerstörte drei Hangars. Gaddafis Kräfte beschossen Rebellenstellungen in Ras Lanouf mit Raketen und Artillerie. Krankenwagen rasten zur Stadt und Rebellen bewegten Lastwagen, um Raketenwerfer zu den Frontlinien zu bringen.

In Tripolis, der Zwei-Millionen-Stadt, die am festesten in Gaddafis Griff zu sein scheint, erlebten die Einwohner ein geräuschvolles Erwachen, als noch vor Sonnenaufgang eine ungewöhnlich heftige und anhaltende Schießerei begann, die mindestens zwei Stunden anhielt. Das Gewehrfeuer wurde auch rund um das sich weit ausbreitende Bab al-Aziziya Militärcamp gehört, wo Gaddafi lebt. Das gab Anlass zu Vermutung, dass es einen internen Kampf unter den Truppen gegeben haben könnte, die Gaddafi innerhalb der festungsgleichen Kasernen verteidigen. Wo Gaddafi sich nun aufhält, blieb unbekannt.

Im von Rebellen gehaltenen Misrata, dass 200 Kilometer östlich von Tripolis liegt, gaben Einwohner an, die Stadt sei gestern am späten Morgen von Pro-Gaddafi-Kräften angegriffen worden. Das Zentrum habe unter dem Feuer von Mörsern und Panzern gelegen.

Der Volksaufstand in Libyen, der am 15. Februar begann, hat sich zu einem Bürgerkrieg entwickelt, der noch länger anhalten könnte. Die Rebellen, die von übergelaufenen Armeeeinheiten und Waffen, die sie aus Depots beschlagnahmt haben, unterstützt werden, gehen in die Offensive, um den seit 41 Jahren regierenden Gaddafi zum Aufgeben zu bringen.

Die USA haben Militäreinheiten näher an die libysche Küste verlegt, um ihre Forderung an Gaddafi, sofort zurückzutreten, mit militärischen Muskelspielen zu untermauern. Washington hat sich jedoch zurückhaltend gegenüber der Idee des Einrichtens einer vieldiskutierten "No Fly"-Zone über dem Land geäußert.