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22. 03. 2011 Druckversion | Artikel versenden| Kontakt

Inflation

"Teure Lebensmittel sind Folge von anderen Preissteigerungen" Exklusiv

Schlagwörter: Yi Xianrong Lebensmittelpreise Preissteigerungen Verbraucherpreisindex Inflation

von Oliver Zwahlen und Zhuang Fanfan, Beijing

Professor Yi Xianrong, Ökonom bei der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften, sprach mit China.org.cn über die Gründe für die hohe Inflation in China und über die besonders stark angestiegenen Lebensmittelpreise.

Yi Xianrong

China.org.cn: Herr Professor Yi, wieso steigen derzeit die Lebensmittelpreise in China so stark an?

Yi Xianrong: Es steigen ja nicht nur die Lebensmittelpreise, sondern auch die Lohnkosten, die Mieten, die Herstellerpreise. Höhere Preise für Lebensmittel liegen somit im allgemeinen Trend. Allerdings ist die Lage heute anders als früher: In der Vergangenheit beschränkten sich Preissteigerungen meistens auf eine Region, wo es lokale Engpässe gab. Nun steigen die Preise aber im ganzen Land.

Die Wohnungspreise werden unter anderem durch Spekulationen in die Höhe getrieben. Gibt es dieses Phänomen auch bei den Lebensmitteln?

Natürlich gibt es auch hier Spekulationen. Und Sie dürfen nicht glauben, dass da nicht auch staatseigene Betriebe mitmachen. Diese können sogar von einem Wissensvorsprung profitieren. Schließlich müssen alle ihren Profit maximieren. Generell kann man jedoch sagen, dass die Regierung versucht, Spekulationen zu verhindern. Daher ist auch die Auswirkung auf den Preis nicht besonders groß.

Wie sieht es mit der Dürre aus?

Auch dieser Faktor ist vernachlässigbar. In einem so großen Land wie China gab es schon immer Katastrophen, und es wird sie wohl auch immer geben. Dieses Jahr ist die Dürre im Norden, das letzte Mal war sie im Süden. Auf das ganze Land hochgerechnet gleicht sich das jeweils mehr oder weniger aus. Die gesamte landwirtschaftliche Produktion ist in den vergangenen Jahren sogar gestiegen. Es handelt sich also nicht um einen Engpass beim Angebot. Nein, die höheren Lebensmittelpreise sind auf andere gestiegene Preise zurückzuführen.

Werfen wir einen Blick in die Zukunft? Wird die Inflation weiter steigen?

Das hängt von den Maßnahmen ab, welche die Zentralbank ergreift. Sie steckt da in einer Zwickmühle: Nur mit kräftigen Schritten ließe sich die Teuerung schnell senken. Doch bei solchen Schritten bestünde die Gefahr, das Wirtschaftswachstum abzuwürgen. Meiner Meinung nach agiert die Zentralbank eher etwas zögerlich. Ich erwarte deswegen, dass die Teuerung noch eine Weile bei rund fünf Prozent verbleibt und gegen August wieder sinkt.

Was würde passieren, wenn die Maßnahmen nicht greifen und die Inflation weiter steigt?

China hat die Macht, die Teuerung zu kontrollieren. Zudem wäre eine Inflation von sechs bis sieben Prozent für Ostchina kein großes Problem. Nur weniger Leute wären da wirklich schwer betroffen. Dies wären vor allem Sicherheitsleute, Reinigungspersonal und niedrige Angestellte. Das Problem ist ein anderes: Wir haben derzeit in China einen Zinssatz von rund drei Prozent. Die chinesischen Sparer haben insgesamt Bankeinlagen in der Höhe von 300 Billionen Yuan. Bei einer siebenprozentigen Teuerung hätten wir also negative Realzinsen in der Höhe von vier Prozent, wodurch 800 Milliarden Yuan verloren gehen würden.

Das chinesische Statistikamt ist wegen einer Veränderung in der Zusammensetzung des Warenkorbs von westlichen Medien kritisiert worden. Ist da etwas dran?

Der Warenkorb ist tatsächlich falsch zusammengesetzt. Ich habe das schon 2004 kritisiert. Das Problem ist, dass der Warenkorb seit 1993 nie maßgeblich verändert wurde, obwohl es bei der Konsumstruktur seither einen massiven Wandel gab. Lebensmittel nehmen eine viel zu große Rolle ein, während die Wohnkosten zu wenig berücksichtigt wurden. Hier gab es den Versuch, den Warenkorb an die heutigen Realitäten anzupassen. Doch dieser Schritt war nicht konsequent genug gegangen worden. Lebensmittel tragen noch immer 33,6 Prozent des Warenkorbs bei, obgleich es eigentlich nicht mehr als fünf Prozent sein dürften. Diese Art zu rechnen ist unverantwortlich.

Würde nicht auch eine Aufwertung des Yuans helfen, die Inflation zu senken?

Manche Leute vertreten tatsächlich diese Ansicht. Die Wechselrate sollte auf einer Höhe liegen, die der Wirtschaft beider Seiten hilft. Es ist daher auszuschließen, dass die chinesische Regierung dem Druck aus den USA nachgeben wird. Ehrlich gesagt wissen wir nicht genau, wie sich ein höherer Wechselkurs auf die chinesische Wirtschaft auswirken würde. Klar ist jedoch: Wenn das Resultat schlecht ist, gibt es keine Möglichkeit mehr, die Situation rückgängig zu machen.

Quelle: german.china.org.cn

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