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14. 11. 2008 | Druckversion | Artikel versenden| Kontakt |
von Oliver Zwahlen, aus Guangzhou
Bei der Konferenz "Megacities, Megachallenge" in Guangzhou debattierten drei Wissenschaftler über die Probleme des schnellen Städtewachstums und präsentierten einem interessierten Publikum die Resultate ihrer Grundlagenforschung.
Große und vor allem rasch anwachsende Städte sind für die Verwaltung eine riesige Herausforderung. In diesem Punkt waren sich die drei Experten einig bei der Podiumsdiskussion, welche die Deutschen Forschungsgemeinschaft am Mittwochvormittag in Guangzhou veranstaltet hatte. Eine besondere Gefahr gehe dabei von einem Verlust der Regierungsfähigkeit aus, die dazu führt, dass mehr und mehr informelle Prozesse stattfinden. Gemeint sind damit Verwaltungsmaßnahmen, die im Wesentlichen auf einer Nichtregierungsebene ablaufen. Diese Prozesse zu verstehen hat sich die Forschungsgemeinschaft, die aus insgesamt rund hundert Wissenschaftlern besteht, vorgenommen.
Dass sich die Forschungsgemeinschaft ausgerechnet Guangzhou auseinandersetzt, hat durchaus seinen Grund: Es gibt wenige Städte auf der Welt, die ein rascheres Bevölkerungswachstum aufweisen als die südchinesische Hafenstadt. Deswegen ist sie, gemeinsam mit Dakar, der Hauptstadt von Bangladesch, ins Zentrum des sechsjährigen Grundlagenforschungsprogramms gestellt worden, "in dem es darum geht zu verstehen, wie die Wechselwirkungen funktionieren zwischen der Globalisierung und dem lokalen Informalismus", wie Frauke Krass, Leiterin des Forschungsschwerpunkts erklärt. Guangzhou und Dakar hätten sie unter den möglichen Städten deswegen ausgewählt, weil sie gewissermaßen die beiden Extreme darstellen: "Auf der einen Seite haben wir eine starke staatliche Kontrolle und eine hohe Wirtschaftsdynamik, während dies auf der anderen Seite in einem viel weniger hohen Maß der Fall ist."
Bei der Diskussionen mit dem interessierten Fachpublikum standen dann auch die konkreten Probleme der Verstädterung in Guangzhou im Vordergrund. Ein beträchtlicher Teil der Einwanderer sind Wanderarbeiter, erklärt Zhou Daming. Der Professor der Ethnologie aus der Sun-Yat-sen Universität in Guangzhou hat speziell zu den Migrationsbewegungen in der Stadt geforscht. Doch gebe es auch andere Gruppen. So etwa Intellektuelle, welche in die Städte ziehen oder die so genannten "Investitionseinwanderer" wie Taxifahrer oder Besitzer von kleinen Läden und Restaurants. Zuletzt gebe es auch eine politisch bedingte Migration wegen Umsiedlungsprojekten. Für all diese vielen zusätzlichen Menschen müsse eine Infrastruktur geschaffen werden, insbesondere in den Bereichen Transport, Medizin und Lebensmittel. Dies werde dadurch zusätzlich erschwert, weil die verschiedenen Einwanderungsgruppen durchaus unterschiedliche Bedürfnisse an die Stadtplanung haben.
Ein Urban Village in Beijing |
Auch kamen bei der Diskussion die schlechten Lebensbedingungen in den so genannten Urban Villages zur Sprache. Das sind Wohneinheiten, die oft sehr günstig sind, aber kaum Komfort bieten. Ähnliche Probleme habe es in den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts auch in Spanien und in Italien gegeben, erklärt Volker Kreibich, Professor an der Universität in Dortmund. Auch in diesen beiden Ländern haben sich solche wilden Siedlungen gebildet, die später aber in moderne Wohnviertel verwandelt werden konnten. Dabei sei dies im Falle von Spanien über eine staatliche Lenkung mit starker Partizipation der Bevölkerung gegangen, während die Gebiete in Italien über die Nachfrage nach und nach erschlossen wurden. "Wichtig war aber in beiden Fällen, dass die Wohnungen im Privatbesitz waren", so Kreibich. So hätten Leute investiert und mit der Vermietung von aufgestockten Wohnungen auch zusätzliches Einkommen generieren können.
Diese Probleme mit der schlechten Wohnsituation erkennt auch Zhou Daming. "Viele sehen diese Wohnungen als problematisch an. Aber sie haben auch Vorteile. So bieten sie den Leuten einen günstigen Wohnraum." Und letztlich seien es gerade diese Wohnungen, welche die notwendigen billigen Löhne ermöglichen, um die Region im Perlflussdelta auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig bleiben zu lassen.
Ein weiteres Problem spricht Krabicht an: "Rund zwei Millionen Menschen wohnen sehr eng, entweder in Fabrikunterkünften oder in den Urban Villages. Was passiert, wenn die alle mehr Wohnraum fordern?" Zhou erklärte darauf: Dieses Problem löse sich teilweise durch die höheren Preise, die dann entstehen.
Die Gespräche haben viele wichtige Fragen aufgeworfen. Sie zu lösen wird Aufgabe der Politik sein. Ihren Einfluss darauf sehen aber alle Teilnehmer als eher klein an. "Für uns ist wichtig, dass wir zunächst die Grundlagen gemeinsam verstehen können. Die Kontakte zur Verwaltung müssen die chinesischen Kollegen haben", erklärt Kraas. "Wir arbeiten Papiere aus, welche der lokalen Regierung bei der Entscheidung helfen", sagt Zhou.
Quelle: german.china.org.cn
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