Kommentar zu den chinesisch-deutschen Beziehungen 2015
Von Mei Zhaorong
Blickt man auf die chinesisch-deutschen Beziehungen im Jahr 2015 zurück, so darf man eine Besonderheit der chinesisch-europäischen Beziehungen nicht übersehen, nämlich, das Wetteifern der drei europäischen Länder Großbritannien, Frankreich und Deutschland um große Verträge bei projektbezogenen Kooperationen mit China, wobei Deutschland mit seinem besonderem Gewicht eine wesentliche Rolle spielt.
Am 26. November fand der fünfte Chinesisch-Deutsche Mediendialog in Berlin statt. Vertreter und Experten von Regierungsbehörden und Medien beider Länder diskutierten in der gemeinsamen Veranstaltung des Presseamts des chinesischen Staatsrat und des deutschen Auswärtigen Amtes über Themen wie Medienerfahrungen und Zusammenarbeit im Bereich der neuen Medien.
Angesichts der Tatsache, dass der Großbritannien-Besuch von Xi Jinping im Oktober von überaus großen Erfolgen gekrönt war, wobei beide Seiten den Aufbau einer umfassenden strategischen Partnerschaft auf globaler Ebene erklärten, somit ein „goldenes Zeitalter" für ein dauerhaftes, offenes Verhältnis zum beiderseitigen Vorteil einläuteten, zogen manche Medien den Schluss, dass die chinesisch-britischen Beziehungen nun „eine führende Rolle" in den chinesisch-europäischen Beziehungen übernommen hätten. Doch es hängt davon ab, wie man die sogenannte „führende Rolle" versteht und was diese Definition beinhaltet. Meinte man damit, die in Großbritanniens Chinapolitik im vergangenen Jahr neu auftretende „Entideologisierung", – da Großbritannien trotz Drucks seitens der USA als erster westlicher Staat Gründungsmitglied der AIIB werden wollte und zudem erklärte, Großbritannien wolle der stärkste Unterstützer und der beste Partner Chinas im Westen werden – so kommt diese Rolle tatsächlich Großbritannien zu. Wenn man aber den Umfang und die Intensität der bilateralen wirtschaftlichen und technologischen Zusammenarbeit als Kriterien nimmt, so behält Deutschland den ersten Platz unter den drei Ländern. 2014 betrug das Handelsvolumen zwischen China und Deutschland 17,77 Milliarden US-Dollar, das entsprach dem gesamten Handel von Großbritannien, Frankreich und Italien mit China. Deutschland ist zudem jenes Land in Europa, das an den Direktinvestitionen in China und am Technologietransfer am stärksten beteiligt ist. Auch die Entwicklung der Beziehungen beider Länder im Jahr 2015 zeigt, dass Deutschland Chinas wichtigster europäischer Partner in den Bereichen Wirtschaft, Handel und Technologie geblieben ist.
Chinas Ministerpräsident Li Keqiang und Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einem gemeinsamen Besuch der Universität Hefei (Provinz Anhui) am 30. Oktober.
Es ist bekannt, dass die chinesisch-deutschen Beziehungen während des offiziellen Deutschlandbesuchs von Xi Jinping im März 2014 zu einer umfassenden strategischen Partnerschaft aufgestuft wurden. Im Oktober desselben Jahres besuchte auch Chinas Ministerpräsident Li Keqiang Deutschland und leitete dort die dritte Runde der chinesisch-deutschen Regierungskonsultationen. Dabei wurde ein Aktionsrahmen der chinesisch-deutschen Zusammenarbeit mit 110 Kooperationsinitiativen und -projekten veröffentlicht, der die Richtung für die zukünftige Zusammenarbeit zwischen China und Deutschland weisen soll.
Vor diesem Hintergrund sollte 2015 ein Jahr sein, in dem die Ergebnisse der beiden Besuche in Deutschland umgesetzt werden sollten, um die umfassende strategische Partnerschaft weiter zu vertiefen und erweitern. Welche Fortschritte wurden nun dabei erzielt, und wie zeichneten sich die chinesisch-deutschen Beziehungen 2015 aus?