Reich der Superlative: Chinas Milliardäre im Hurun-Report
Es geht um Zahlen, um Superlative und um Geld. Viel Geld. Chinesische Internetnutzer diskutieren leidenschaftlich die Errungenschaften des Landes, die sich im Vermögen der Staatsbürger widerspiegeln. Mit der Veröffentlichung der aktuellen Hurun-Reichenliste wurden Einblicke in das Leben am oberen Ende der chinesischen Gesellschaft gewährt. Unzählige Videoblogs kommentierten die erstaunlichen Ausmaße des Reichtums in China, mitunter Dragon TV:
„Beijing hat erstmals New York mit der Anzahl der Dollar-Milliardäre überholt. Insgesamt gibt es nun Hundert Milliardäre in der chinesischen Hauptstadt, während in New York nur 95 leben. Damit ist Beijing die weltweit stärkste Milliardärs-Hauptstadt. Unter den Städten mit den meisten Milliardären weltweit belegt die Volksrepublik China die Hälfte der Top-Ten. Darunter befinden sich Beijing, Hongkong, Shanghai, Shenzhen und Hangzhou."
Woher kommen diese Zahlen? Die Reichenliste geht auf den Briten Rupert Hoogewerf zurück – sein chinesischer Name lautet Hurun – der seit 1999 regelmäßig das Vermögen chinesischer Staatsbürger berechnen lässt. Während in den vergangenen Jahren bereits ein sprunghafter Anstieg im Wohlstand der chinesischen Bürger verzeichnet werden konnte, sind die Superlative in der aktuellen Ausgabe so evident wie nie zuvor: Von den 2.188 Dollar-Milliardären in 68 Ländern auf der ganzen Welt sind 568 Chinesen. Auch damit schlägt China erstmals die USA. Der reichste chinesische Milliardär ist der 61-Jahre alte Wang Jianlin, der Vorsitzende der Dalian Wanda Group, mächtigster Immobilienentwickler Chinas und inzwischen größter Kino-Betreiber weltweit. Wang steht auf der Liste an der 21. Stelle mit einem Privatvermögen von 26 Milliarden US-Dollar.
Diese Zahlen rufen unter den Internetnutzern eine ganze Bandbreite an Emotionen hervor. Auf einem Finanzforum schreibt BGG55:
„Wenngleich sich die chinesische Wirtschaft etwas abgekühlt hat, schaffen es immer mehr Bürger bis an die Spitze des Wohlstands. Hurun beweist, dass wir uns heute gegenüber der ganzen Welt behaupten können. Besonders wichtig ist, dass China die höchste Anzahl an Milliardären unter 40 Jahren aufweisen kann, nämlich insgesamt 28."
Online-Diskussionen untermalen zudem die Tatsache, dass ein Großteil es aus eigener Kraft zum Ultra-Wohlstand geschafft hat, nämlich fast 70 Prozent der chinesischen Reichen. Diese Self-Made-Milliardäre stützen sich nicht mehr ausschließlich auf die traditionellen Wege zum Reichtum wie die Immobilienbranche, sondern sind häufig in den neuen Technologien zu verordnen. Ein Blogger kommentiert:
„Hurun zeigt, dass gegenwärtig immer mehr chinesische Milliardäre durch Technologie und Medien zum Wohlstand gelangen – allein durch eigene Bemühungen. Dies kann man als Erfolg der chinesischen Gesellschaft werten, die Innovationen und Hightech fördert. Unsere Zukunft liegt in der Wissenschaft, in Start-Ups und in der Entwicklung des Internets."
Diese Beweglichkeit der Gesellschaft hat auch zur Überwindung der traditionell von Männern dominierten obersten Spitze beigetragen: So gibt es im weltweiten Vergleich in China die größte Anzahl an weiblichen Self-Made-Milliardären, nämlich 93 von insgesamt 124.
Andere Netizens machen auf die Kehrseite des Reichtums aufmerksam – und bekommen dabei prominente Unterstützung von Akademikern wie Zeng Xiangquan, dem Vorsitzenden der Labor and Human Affairs Academy an der Volksuniversität in Beijing (Renmin Daxue). Zeng warnt vor den Entwicklungen, die durch die wachsende Kluft zwischen arm und reich in China hervorgerufen werden könnten: Aktuell verfügt das reichste ein Prozent der Bevölkerung über gut ein Drittel des gesamtchinesischen Besitztums, während das Viertel am unteren Ende der Bevölkerung nur ein Prozent davon inne hat. Die Lage könnte zudem wesentlich drastischer sein, als die Zahlen vermuten lassen. So betonte Hoogewerf in einem CNN-Interview, ein immenser Bestandteil des chinesischen Wohlstands liege im Verborgenen. Die Statistiken beruhten lediglich auf den wenigen bekannten Fällen der sich öffentlich bekennenden Reichen und müssten daher als Spitze des Eisbergs aufgefasst werden.