Chinesische Tongqi

Ehefrauen in Scheinehen treten langsam an die Öffentlichkeit

27.04.2016

In einer Falle gefangen: 14 Millionen Frauen in China sind mit homosexuellen Männern verheiratet.

„Mindestens 14 Millionen heterosexuelle Frauen in China sind derzeit, oder waren, in falschen Ehen mit homosexuellen Männern gefangen”, erklärt Zhang Beichuan, emeritierter Professor vom Medizinischen Institut der Universität Qingdao und richtungsweisender Forscher über Homosexuelle, Bisexuelle und Transgender, auf der China Daily Website. Das Phänomen der Tongqi (Ehefrauen von männlichen Homosexuellen) stehe seit Jahrzehnten wegen der chinesischen traditionellen kulturellen Bräuche im Schatten, die Erwachsene unter den starken Druck setzen, bis zu einem bestimmten Alter verheiratet zu sein, so Zhang. Allerdings ist in den beiden vergangenen Jahren diese Gruppe von Menschen ins Licht der Öffentlichkeit gerückt und hat eine öffentliche Diskussion ausgelöst, da immer mehr Opfer über ihre Situation sprechen. Die öffentlichen Rufe der Tongqi über ihr Leid repräsentieren die Entwicklung der Gesellschaft und das Bewusstsein der Frauen für Gleichberechtigung. Es erreicht auch die physische und psychische Grenze, die Ehefrauen, die mit homosexuellen Männern verheiratet sind, ertragen können”, so Zhang.

Viele Frauen wurden in diese Beziehungen von ihren homosexuellen Partnern irregeleitet, da letztere einfach die Scheinehe als Puffer zwischen ihnen selbst und ihrer Familie oder auch dem sozialen Druck brauchten. Fei Yan (Pseudonym), eine 41-jährige Büroangestellte in Changsha in der zentralchinesischen Provinz Hunan, sagte, ihre unwissentliche Eheschließung mit einem homosexuellen Mann habe zu einem Leben in Leid geführt. „Bevor er es mir gestanden hat, hatte ich keine Ahnung, was zwischen uns passiert war”, erzählt Fei. Das Paar hat zwei Kinder – das ältere ist mittlerweile zehn Jahre alt – und ihr Mann und sie selbst hatten gute Jobs. Dem Schein nach war es eine glückliche Mittelklasse-Familie. “Aber wenn wir allein waren, wollte er nicht zu mir kommen oder mich berühren. Ich dachte, ich hätte etwas falsch gemacht. Das war ein schwerer Schlag für mich in den vergangenen zehn Jahren”, so Fei.

Zhang's Studien zufolge sind rund 80 Prozent der schätzungsweise zwanzig Millionen homosexuellen Männer in China derzeit in einer Scheinehe. „Es ist sehr unmoralisch, eine unschuldige Frau absichtlich und hastig in eine Scheinehe zu treiben“, meint der Professor. Als Moderator einer Tongqi-Gruppe auf QQ, einer Instant-Chat-Plattform, hat Ru Meng (Pseudonym) nach zwei Jahre langer Forschung über solche Scheinehen zwei Gründe für dieses Phänomen gefunden. Erstens werden Homosexuelle in China immer noch stark stigmatisiert. Daher wird die Ehe von homosexuellen Männern als Schutzschild genutzt. Zweitens tendieren homosexuelle Männer unter dem Druck der Kindespflicht dazu, Frauen zu finden und Kinder zu bekommen, damit sie das Familienvermögen erben. Ein Online-Bericht mit dem Titel Das Leid chinesischer Tongqi hat Wut und Sympathie gegenüber Homosexuellen und ihren Frauen ausgelöst. „Trotzdem ist es schwierig für diese Ehefrauen, aus der Ehe auszubrechen“, so Ru Meng.

Viele Frauen entscheiden sich, nach der Heirat ihren Job zu kündigen und Vollzeit-Hausfrauen zu werden, womit sie finanziell von ihren Ehemännern abhängig werden. Sobald die Ehefrau die Wahrheit entdeckt, mag sie beschließen, die Scheinehe aufrechtzuerhalten, um ihren Kindern eine stabile Familie zu geben. “Ich wollte nicht, dass meine Kinder ohne Vater aufwachsen. Aber ich wollte auch nicht, dass sie in einer dysfunktionellen Familie aufwachsen“, so Fei. Manch eine Frau findet den Mut zur Scheidung, aber Scheidung wird immer noch aufgrund tief verwurzelter Bräuche als Schande angesehen.

“Das Recht in China trägt wenig dazu bei, dass diesen Frauen geholfen wird, wenn sie während des Scheidungsprozesses Schadensersatzansprüche geltend zu machen versuchen“, erklärt Professor Zhang. “Ein Mangel an sexueller Aufklärung an chinesischen Schulen hat zu der Tragödie der Tongqi und der feindseligen sozialen Haltung gegenüber Homosexuellen beigetragen“, so Zhang weiter. Homosexuelle schämen sich normalerweise für ihre sexuelle Orientierung, daher verschweigen sie sie, damit sie nicht als "Monster" angesehen werden. “Homosexuelle Beziehungen sollten von mehr Menschen toleriert und respektiert werden. Auch das Klischee über gleichgeschlechtliche Heirat sollte verringert werden, so dass die Tragödie der Tongqi endlich ein Ende hat“, so Zhang.

Diesen Artikel DruckenMerkenSendenFeedback

Quelle: german.china.org.cn

Schlagworte: China,Frauen,homosexuell,Männer,Ehe