Stadt der Zukunft
Der vernetzte Organismus Exklusiv
Menschen wollen mobil sein. Das Foto zeigt Jianguomen in Beijing bei Nacht.
Bundeskanzlerin Merkel und der chinesische Ministerpräsident Li Keqiang haben im Mai 2013 eine deutsch-chinesische Urbanisierungspartnerschaft vereinbart. Inwiefern können deutsche Urbanisierungserfahrungen in China weiterhelfen?
Ich denke, dass hier eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe gefragt ist. In den vergangenen 20 Jahren hat China eine höchst beeindruckende Entwicklung vorgemacht. Das technische Wissen ist sehr hoch, ebenso das Selbstbewusstsein innerhalb Chinas sowie die Technikakzeptanz. China ist in weiten Bereichen sehr schnell und modern. In anderen Sektoren kann China sehr wohl von den Erfahrungen in Europa profitieren. Urbane Mobilität scheint mir eines der Kernthemen zu sein, an dem Deutschland und China gemeinsam arbeiten werden.
Was ist architektonisch in China möglich, was in Deutschland nicht möglich ist und umgekehrt?
In China erscheint alles möglich. Die Maßstäbe in Architektur und Stadtentwicklung sind vollkommen andere. Ein Planer in Deutschland kann davon ausgehen, dass sein Projekt über mehrere Generationen existieren wird. Ein Hochhaus in China wird schon mal mit einer Lebensspanne von 10 bis 15 Jahren kalkuliert. Danach kann es abgerissen und neu gebaut werden.
Gelungene Urbanisierung Nachbarschaft ist wichtig. Das Foto zeigt eine alte Gasse im Stadtzentrum von Beijing.
Wo in China gibt es ein Musterbeispiel für gelungene Urbanisierung?
Ich kenne in China eine Reihe von sehr lebenswerten Städten wie Chengdu und Shenzhen. In Beijing fühle ich mich auch sehr wohl. Es ist eine Frage des Geschmackes: Ich persönlich will mich in meiner Nachbarschaft verbunden fühlen. Ein reichhaltiger, dichter urbaner Mix mit einem vielfältigen Angebot, die Möglichkeit zu Fuß zu gehen, zu Radeln oder ein ordentliches öffentliches Verkehrsnetz sind für mich ausschlaggebende Kriterien.
Falk Kagelmacher (l.) und der ehemalige, stellvertretende Bauminister Qiu Baoxing.
Zur Person:
Falk Kagelmacher, Architekt und Urban Designer, studierte in Braunschweig, Hongkong und Zürich. Er verbrachte insgesamt etwa 14 Jahre in China. Mehr als sieben Jahre lang war er als Berater für nachhaltige Stadtentwicklung beim China Ministry of Housing and Urban Rural Development (MoHURD) und der dazugehörigen Planungsbehörde China Academy of Urban Planning and Design (CAUPD) fest angestellt.