Experte: China könnte UNCLOS verlassen
Sollte die bevorstehende Entscheidung des Schiedsgerichts in Den Haag die Souveränität Chinas verletzen, könnte Beijing in Erwägung ziehen, die UN-Konvention zum Seerecht (UNCLOS) zu verlassen, sagte ein Experte.
Die Entscheidung des Schiedsgerichts zum Streit im Südchinesischen Meer wird am Dienstag bekannt gegeben. He Zhou, Professor am Zentrum für Kommunikationsforschung an der Stadtuniversität von Hongkong, sagte am Freitag gegenüber China Daily, dass wahrscheinlich einige Ländern UNCLOS manipulieren, um so Chinas Souveränität und nationalen Interessen zu schaden. China sei seit vielen Jahren ein starker Befürworter von UNCLOS. Jedoch können die Bestimmungen des Übereinkommens von anderen Staaten aus politischen Gründen ausgenutzt werden, erklärte er.
Die 1982 unterzeichnete Konvention trat 1994 in Kraft. Derzeit sind ihr 167 Staaten und die Europäische Union beigetreten. Die Vereinigten Staaten haben das Abkommen nicht ratifiziert. Die UNCLOS schließt historische Rechte nicht aus, wenn diese dem Abkommen vorausgehen und kontinuierlich beansprucht wurden. Fragen der territorialen Souveränität werden vom Abkommen grundsätzlich nicht tangiert.
China macht geltend, dass es in dem Fall im Wesentlichen um die Souveränität und die maritime Abgrenzung geht und dass deswegen das Gericht für den Fall nicht zuständig ist. Es wäre denkbar, dass China aus dem Abkommen austreten wird, wenn das Schiedsgericht Chinas territoriale Souveränität untergräbt, sagte He weiter. Laut einer Online-Umfrage auf der Website des in Hongkong ansässigen Senders Phoenix TV stimmten im März 92,8 Prozent der 19.950 Teilnehmer dafür, dass China UNCLOS verlässt.
Myron Nordquist, stellvertretender Direktor am Zentrum für Ozeanrecht und Politik an der Rechtsschule der Virginia Universität, sagte gegenüber China Daily, dass die Schlichtung einen schlechten Präzedenzfall hinsichtlich der gerichtlichen Zuständigkeit geschaffen hat. „Es ist unmöglich, die Wirksamkeit von Artikel 298 des Seerechtsübereinkommens zu gewährleisten", sagte er. In dem Paragrafen geht es darum, dass bei einem Streit um Seegrenzen ein obligatorisches Schiedsverfahren ausgeschlossen ist.
Wu Shicun, Präsident des Nationalen Instituts für Studien zum Südchinesischen Meer, glaubt hingegen, dass es nicht wahrscheinlich ist, dass China UNCLOS verlässt. Aber China habe gute Gründe, die Entscheidung des Gerichts abzulehnen, erklärte er.