Lagarde: G20 kann mit starken Maßnahmen „Falle niedrigen Wachstums" bekämpfen
Die Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, hat am Donnerstag einen Artikel mit dem Titel „Wir brauchen starke Maßnahmen zur Vermeidung der Falle niedrigen Wachstums" veröffentlicht. Sie analysierte darin die Situation der globalen Wirtschaft vor dem G20-Gipfel im chinesischen Hangzhou und nannte Vorschläge und Anregungen für eine Verbesserung der Lage.
Lagarde schrieb in ihrem Bericht, das globale Wachstum des Bruttoinlandsprodukts liege bereits fünf Jahre in Folge unter 3,7 Prozent, dem Durchschnittswert von 1990 bis 2007. Um die Falle eines niedrigen Wachstums zu vermeiden, müssten stärkere Maßnahmen ergriffen werden.
Erstens solle die Nachfrage unterstützt werden. Dies sollten vor allem Volkswirtschaften mit schwacher Produktion verfolgen. In den letzten Jahren sei diese Aufgabe bereits an die meisten Zentralbanken weitergegeben worden. Mit dem größeren Druck der Geldpolitik hätten mehrere Zentralbanken jedoch bereits oder fast die reale Untergrenze des politischen Zinssatzes erreicht. Dies bedeute, dass die Fiskalpolitik eine größere Rolle spielen müsse. Anläßlich des historischen Tiefs des Zinssatzes gebe es mit einem ausreichenden Finanzraum eine optimale Chance zur Erhöhung öffentlicher Investitionen und der Optimierung der Infrastruktur.
Zweitens müssten strukturelle Reformen durchgeführt werden. In diesem Bereich hätten sich einige Länder noch nicht genug eingesetzt. Vor zwei Jahren hätten die Mitgliedsstaaten der G20 Reformen zugesagt, die in den folgenden fünf Jahren ein Wachstum ihres gesamten BIP um zwei Prozent ermöglichen könnten. Jüngsten Bewertungen zufolge sei bislang jedoch nur die Hälfte des geplanten Ausmaßes erreicht worden. Aus diesem Grund sollten noch mehr Reformen durchgeführt werden. Gemäß der Forschung des IWF seien die Reformen am effektivsten, wenn die konkreten Gegebenheiten, das Entwicklungsniveau und die Lage der ökonomischen Periode der verschiedenen Länder berücksichtigt würden.
Drittens müsse der Handel wiederbelebt werden. Dies solle durch die Senkung von Handelskosten und die Beseitigung von provisorischen Handelsbarrikaden geschehen. Die Leiden eines Landes seien leicht auf den Handel zurückführen. Mit einer Eindämmung des freien Handels könne allerdings der Motor zerstört werden, der der Welt in den letzten Jahrzehnten beispiellosen Wohlstand gebracht habe. Politikmacher müssten auf verschiedene Art und Weise die von diesen negativen Auswirkungen betroffenen Menschen unterstützen. Dies könne unter anderem durch Umschulungen, fachliche Ausbildungen sowie Hilfe bei Berufsänderungen und regionale Freizügigkeit geschehen.
Nicht zuletzt müssten politische Maßnahmen gewährleisten, dass die Vorteile des Wachstums alle Leute begünstigten. Einkommensschwache Menschen sollten von Steuereinnahmen und Sozialhilfe profitieren. Viele aufstrebende Volkswirtschaften müssten ein noch vollständigeres Netz der sozialen Sicherheit etablieren. Investitionen in die Bildung könnten die Produktivität erhöhen und die Perspektive von einkommensschwachen Personen verbessern, so Lagarde in ihrem Bericht.