Chinesische Firmen kommen und stellen US-Bürger ein
Jesus Flores aus einem Rustbelt-Ort in Illinois ist 59 Jahre alt und verlor vor 18 Jahren seine Arbeit, mit der Geburt seines ersten Kindes.
Mit der zusätzlichen Belastung für ein weiteres Leben sorgen zu müssen, war er außer sich vor Sorge, wie er seine Familie ernähren wird.
Zu Jesus Glück kam die Antwort auf sein Problem in Form eines chinesischen Automobilherstellers. Nur kurz nachdem er seine Arbeit verloren hatte, eröffnete Wanxiang eine Fabrik in der Nähe seines Hauses. Seitdem ist Jesus dort angestellt.
„Meine Tochter besucht nun die Hochschule. Und es ist meiner Arbeit bei Wanxiang zu verdanken, dass sie die Möglichkeit dazu hat“, sagt er.
Wanxiang hat viele Unternehmen akquiriert, die kurz vor der Insolvenz standen, erklärt Gary Wetzel, Vorstandsvorsitzender bei Wanxiang America. Tatsächlich „wären die Menschen ohne Wanxiang immer noch ohne Arbeit“.
Obwohl gewisse Parteien auf dem Capitol Hill China und den Verlust von Arbeitsplätzen in Diskussionen in Zusammenhang bringen, könnte die Realität nicht unterschiedlicher aussehen. Chinesische Unternehmen eröffnen neue Produktionsstätten und stellen US-Bürger an – ein Szenario, das in der Rhetorik mancher US-Politiker fehlt.
Laut der Beratungsfirma Rhodium Group mit Sitz in New York hätten chinesische Investitionen in den USA in 2015 zum ersten Mal die US-amerikanischen Investitionen in China übertroffen.
Im Jahr 2016 beliefen sich diese auf eine Rekordsumme von 45,6 Milliarden US-Dollar, das ist dreimal so viel wie noch in 2015. Durch chinesische Investitionen sind rund 104.000 neue Arbeitsstellen in den Vereinigten Staaten entstanden.
Im Kreis Lancaster im Bundesstaat South Carolina wird erwartet, dass die chinesische Keer Group Ende des Jahres die zweite Bauphase an der Baumwollspinnerei abschließt. Die erste Phase des Projekts wurde in 2015 gestartet und schaffte 300 lokale Arbeitsplätze.
Das Unternehmen zeigt sich zuversichtlich, bis Ende des Jahres 2017 mindestens 500 Arbeitsstellen vor Ort bieten zu können.
„Seit 2011 haben chinesische Firmen 850 Millionen US-Dollar investiert, was zu 2000 neuen Arbeitsplätzen geführt hat. Auf unseren kleinen Staat hatte das großen Einfluss“, beschreibt Amy Thomson, Leiterin Internationale Strategie und Handel im Handelsministerium von South Carolina.
South Carolina war einst das Epizentrum der US-amerikanischen Textilindustrie. Seitdem die Produzenten nach immer billigeren Materialien und Arbeitskräften suchen, wurde die Textilherstellung ab den 1980er Jahren nach Lateinamerika und Asien verlagert.
„Interessant, dass die Herstellung aus China zurückkehrt, und dann noch mit gut bezahlten Arbeitsplätzen. Wir sind sehr dankbar“, so Amy.
John Ling, Präsident des Council of American States in China, der den Keer-Deal aushandelte, war erstaunt, wie schnell chinesische Unternehmen ihre Geschäfte in den USA aufnehmen konnten.
„Als ich im Jahr 2005 nach China geschickt wurde, um das erste amerikanische Staatsamt für das Akquirieren von chinesischen Investitionsprojekten in den USA aufzubauen, hielten mich die Leute für verrückt“, erinnert er sich.
Bis heute hat er chinesische Greenfield-Investitionsprojekte im Wert von über zwei Milliarden US-Dollar ausgehandelt und in den Südosten der USA geholt, die Tausende neue Arbeitsstellen schafften.
„Immer mehr US-amerikanische Bundesstaaten verstärken ihre Rekrutierungsbemühungen, um das nächste chinesische Herstellungsprojekt zu landen. Ich glaube, das würde einer gesunden, bilateralen Wirtschaftsbeziehung in Zukunft mehr Spielraum geben“, so Ling.
Die Produktionskosten zwischen beiden Ländern nähern sich immer weiter an, daher rechnet die Rhodium Group damit, dass die chinesischen Investitionen in den USA bis 2020 bei 200 Milliarden US-Dollar liegen könnten.
Zhu Shanqing, Präsident der Keer Group, gesteht, dass die Überbrückung der kulturellen Unterschiede die größten Schwierigkeiten bereitet, im Denken und Handeln bestünden deutliche Unterschiede.
Wenn chinesische Unternehmen Milliarden von US-Dollar in den USA investierten, bauten sie sogleich auch Kreise in den USA auf, die China besser verstehen, so Stephen Orlins, Präsident des Komitees für USA-China Beziehungen. Im 21. Jahrhundert werde dieses am Aufbau einer konstruktiven USA-China Beziehung arbeiten, erklärte er abschließend.