Seidenstraßen-Initiative

“Von China lernen” Exklusiv

14.05.2017

Von Dr. Michael Borchmann, Wiesbaden

"Am Mittwoch (26.04.) trifft Außenminister Gabriel den chinesischen Außenminister Wang im Rahmen des ,Strategischen außen- und sicherheitspolitischen Dialogs‘ zwischen China und Deutschland in der Villa Borsig. Im Mittelpunkt der Gespräche stehen neben den deutsch-chinesischen Beziehungen auch Wirtschaftsthemen und aktuelle Fragen der internationalen Politik". Dies vermeldete die Pressestelle des deutschen Auswärtigen Amtes am 24. April. Verbunden hat Außenminister WANG Yi seinen Berlin-Besuch zugleich mit einem Meinungsaustausch mit der deutschen Bundeskanzlerin. Und zu dessen Inhalt vermeldeten Agenturen u.a., dass Kanzlerin Merkel die von Staatspräsident Xi Jinping vorgeschlagene "Ein Gürtel, eine Straße"-Initiative (im Deutschen auch kurz "Seidenstraßen-Initiative" genannt) unterstütze. Aufgrund eigener anderweitiger Termine werde sie die Bundeswirtschaftsministerin beauftragen, um Mitte Mai an dem "Belt and Road Forum for International Cooperation" teilzunehmen. Sie, die Kanzlerin, wünsche diesem Forum viel Erfolg.


Ein Zug aus Kasachstan fährt mit einer Ladung von 720 Tonnen Weizen in die China-Kasachstan-Logistikstation in Lianyungang ein. (Foto vom 5. Februar 2017, Xinhua/ Li Xiang).

Dieses Forum, angesetzt in Beijing am 14. und 15. Mai, kann man ohne Zögern als herausragendes internationales Großereignis in der Volksrepublik im Jahre 2017 bezeichnen. Bereits vor einigen Wochen teilte die Nachrichtenagentur Xinhua mit, dass Staatspräsident Xi Jinping persönlich an der Eröffnungszeremonie teilnehmen und die Rolle des Gastgebers für die Gespräche übernehmen werde, zu denen man 29 Staats- und Regierungschefs weltweit erwarte. Und in der Liste der Zusagen sind in der Tat herausragende Namen, etwa von Argentiniens Staatschef Macri in Südamerika über die Schweizer Präsidentin Leuthard, den russischen Präsidenten Putin oder die Präsidenten Nazarbayev (Kasachstan) und Mirziyoyev (Usbekistan), den kenianischen Präsidenten Kenyatta oder Staatschef Erdogan aus der Türkei bis hin zu den Präsidenten aus Südostasien wie etwa aus Indonesien, den Philippinen oder auch Vietnam. Auch in den EU-Mitgliedstaaten und in den Beitrittskandidatenländern hat manch eine Regierung den Stellenwert des Forums in Beijing erkannt und wird durch den jeweiligen Regierungschef vertreten sein, nämlich Tschechien, Griechenland, Ungarn, Polen, Italien, Spanien oder auch Serbien.

Was hat es nun mit der genannten Seidenstraßen-Initiative, über die in Beijing verhandelt werden wird, auf sich? Jedem ein wenig historisch gebildeten Menschen in Europa sind die alten Wege der Seidenstraße in etwa geläufig, ein Netz von Karawanenstraße, das eine Route von Westeuropa nach Ostasien und umgekehrt bildete. Erste Berichte über diese Seidenstraße stammen bereits aus der griechisch-römischen Antike oder in China aus der Zeit der Han-Dynastie, auch der legendäre Marco Polo soll auf ihr von Venedig nach Asien gezogen sein. Die Idee, die Initiative einer neuen Seidenstraße erblickte im November 2013 das Licht der Weltöffentlichkeit. In einer Zeit, in der die internationale Politik vor allem Krisenbewältigungen im Fokus hatte, wartete Staatschef Xi Jinping im September 2013 mit einem globalen Vorschlag auf, durch ein umfassendes Infrastrukturprogramm die schwächelnde Weltwirtschaft zu beleben, kriselnde Länder innerlich zu stabilisieren und überhaupt die Nationen noch näher miteinander zu verbinden. In einer Rede an der Naserbayev-Universität in Astana kündigte Präsident Xi unter dem Stichwort "Seidenstraßen-Initiative" ein großangelegtes Infrastrukturprogramm an. Ein deutsches Politik-Journal bezeichnete diese Initiative als nichts Geringeres als die größte Initiative der Volksrepublik in der internationalen Arena seit ihrer Gründung im Jahre 1949: "Im Rahmen dieser Initiative möchte das Land in den kommenden Jahrzehnten neben einer 'maritimen Seidenstraße' auch einen Wirtschaftsgürtel entlang der 'ländlichen Seidenstraße' Richtung Westen aufbauen...... Er soll die Wirtschaftsräume Chinas und der EU verbinden und könnte perspektivisch auch die europäisch-asiatischen Wirtschaftsbeziehungen neu definieren." Und das chinesische Handelsministerium beschreibt als Zielrichtung der Initiative, aufgrund der bilateralen und multilateralen Systeme sowie der bestehenden regionalen Kooperationsplattformen und mit Hilfe der historischen Bezeichnung "Seidenstraße” die Kooperationspartnerschaft mit Ländern entlang der Seidenstraße zu entwickeln und eine Interessengemeinschaft, Schicksalsgemeinschaft und Verantwortungsgemeinschaft mit politischem Vertrauen, wirtschaftlicher Integration und kultureller Toleranz aufzubauen. Die Initiative ist günstig für die wirtschaftliche Diversifizierung, politische Stabilisierung und den Aufbau einer multipolaren Weltordnung.

Dieses große Projekt ist zugleich für die EU, für Deutschland eine Chance, auf einem Zug mitzufahren, der nicht zuletzt starke Impulse für die in den meisten EU-Mitgliedstaaten arg stagnierende Wirtschaft verspricht. Immerhin gibt es von EU-Seite aus Aktivitäten für Gemeinsamkeiten. Die Ende Juni 2015 auf dem EU-China Gipfel gemeinsam beschlossene und im Januar 2016 etablierte EU-China Konnektivitätsplattform soll das europäische Infrastrukturprogramm mit der Seidenstraßen-Initiative koordinieren. Und auf einer Konferenz im deutschen Auswärtigen Amt im Februar 2016 führte Staatssekretär Markus Ederer aus: "Eurasien ist ein Gebilde der Superlative. Es verfügt über die größte Landmasse des Planeten, ist mit 4,7 Milliarden Einwohnern die Heimat von 2/3 der Menschheit – und nun auch ein 'massiver Raum' für Kooperation. Die EU habe Strategien erarbeitet, 'Konnektivität' auszubauen, darunter die EU-Nachbarschaftspolitik, die Zentralasienstrategie und die EU-Russland-Strategie. Die chinesische Seidenstraßen-Initiative ist komplementär hierzu." Leider gibt es aber auch noch immer wieder wenig konstruktive Zwischentöne. So soll es im Brüsseler Apparat ein Missbehagen darüber geben, dass namentlich die ost- und südosteuropäischen Mitgliedstaaten besonders intensiv eine Kooperation im Gefüge der Seidenstraßen-Initiative suchen. Und nach einer Meldung der Agentur Reuters verstieg sich ein EU-Diplomat zu der abfälligen Bemerkung: "China sucht die Vorherrschaft und weniger den beiderseitigen Vorteil." Lassen wir hierzu als Entgegnung die britische Botschafterin in Beijing, Frau Barbara Woodward, zu Worte kommen: "Wir freuen uns schon sehr auf das Ein Gürtel und eine Straße-Forum… und wir freuen uns darauf, dass das Vereinigte Königreich einen entscheidenden und konkreten Beitrag zur Verwirklichung der Ein Gürtel und eine Straße-Initiative leistet". Botschafterin Woodward weiter: "Wir können eine große Chance für die realistische Kooperation von Großbritannien und China sehen." Und ganz allgemein kommen mir gegenüber den Zauderern und Zögerern im Brüsseler Apparat die Worte in den Sinn, die Österreichs Ex-Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel vor einigen Monaten in einem Gastkommentar der Neuen Zürcher Zeitung über die Notwendigkeit einer Kooperation der EU mit China in Sachen Friedenssicherung, Klimawandel und Terrorbekämpfung gebraucht hat, die wir aber ohne weiteres auch auf die Seidenstraßen-Initiative anwenden können: "Chinesen denken langfristiger...... Hier kann Eurpa von China lernen." Überschrieben ist der Kommentar mit dem Titel: "Von China lernen!".

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Quelle: german.china.org.cn

Schlagworte: Seidenstraßen-Initiative,Forum