Eine Frauenärztin ermutigt Mütter zum Stillen Exklusiv
Von Yang Shaomin, Beijing
Am 10. Mai 1990 beschloss das chinesische Gesundheitsministerium, den 20. Mai als nationalen „Tag des Stillens“ einzuführen. Die Regierung lancierte auch eine Kampagne für das Stillen, um mehr Aufmerksamkeit für dieses Thema zu erzeugen. Seither haben zahlreiche Werbe- und Beratungsveranstaltungen stattgefunden. Zum diesjährigen „Nationalen Tag des Stillens“ interviewte China.org die Gynäkologin Dr. Gao Yajun von der Haidian-Bezirkklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Im Gespräch mit dem Journalisten äußerte sie ihren Standpunkt und ihre Vorschläge zum Thema Stillen.
Gao Yajun (2.v.r.) und Dr. Jack Newman (Mitte) bei einer Veranstaltung von La Leche Liga
Muttermilch – viel mehr als ein Sattmacher
Auf die Frage über Vorteile des Stillens sagte die Spezialistin für Brusterkrankungen: „Muttermilch enthält eine Vielzahl von wichtigen Nährstoffen. Für den Säugling sollte sie bis zum sechsten Lebensmonat die einzige Quelle der Ernährung sein. Danach kann das Baby dann zusätzliche Nahrung erhalten. Auch wenn der Säugling nicht mehr voll gestillt wird, ist die Muttermilch immer noch sehr wichtig fürsein Immunsystem. Muttermilch dient nicht nur der Ernährung, sie schützt den Nachwuchs bei einer Infektion auch vor Krankheitserregern: Schädliche Keime des Babys gelangen in den Körper der Mutter, wo entsprechende Antikörper gebildet werden. Diese nimmt das Baby wiederum mit jeder Mahlzeit auf. So wird das Immunsystem gestärkt und angeregt und die Genesung kann auch viel schneller erfolgen. Außerdem haben der Säugling und seine Mutter beim Stillenden engsten Körperkontakt, was die Mutter-Kind-Bindung unterstützt. Die innige Beziehung zur Mutter spielt eine wesentliche Rolle bei der emotionalen Entwicklung des Kindes. Daher schlagen die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Amerikanische Akademie für Pädiatrie (AAP) jeweils eine Stillzeit von zwei Jahren bzw. mindestens 12 Monaten vor.“
Die Natur hat das Stillen vorgesehen, trotzdem muss man es erlernen
Gao Yajun schlägt Schwangeren und Stillenden vor, sich genau zu informieren: „Obwohl das Stillen eine natürliche und einfache Sache sein sollte, ist es aber auch eine Fertigkeit, für deren Erlernen etwas Wissen und Übung nötig sind. Internet und Bücher bieten einen guten Zugang zu Informationen, wie zum Beispiel die Webseiten von La Leche Liga oder vom Shanghai-Förderungszentrum für das Stillen. Je besser man informiert ist, desto überzeugter ist man, vor allem wenn sich Probleme ergeben. Man lässt sich dann auch nicht mehr so leicht von falschen Ideen aus der Familie oder der Gesellschaft beeinflussen.“
Die Gynäkologin empfiehlt auch einen umfassenden Gesundheitscheck für Frauen mit Kinderwunsch. Unter anderem müssen besonders Brusttumore ausgeschlossen werden. Bei Brustdrüsenknoten muss deren Wachstum intensiv beobachtet werden. Neugeborenen sollte nicht vorschnell die Milchflasche gereicht werden, es sei denn, ein Facharzt kommt zu dem Ergebnis, dass zusätzliche Nahrung notwendig ist.
Beratung und Unterstützung – ihr Engagement bei der Förderung des Stillens
Als der Journalist fragte, welche Fehler man beim Stillen machen könne, lachte die Frauenärztin: „Es gibt eine ganze Menge! Ich nenne nur zwei Beispiele: Viele haben Angst, das Baby würde verhungern, weil die Mutter nicht gleich nach der Entbindung die ausreichende Menge an Milch produzieren kann. Voreilig wird dem Neugeborenen Flaschenmilch gegeben. Davon ist absolut abzuraten. Wichtig ist, dass man das Baby so oft wie möglich an die Brust anlegt, um die Milchproduktion anzuregen. Übrigens denken viele, wenn man bestimmte Medikamente einnimmt, muss man mit dem Stillen aufhören, weil Wirkstoffe in die Muttermilch übergehen könnten. Aber für die meisten Erkrankungen gibt es ein geeignetes Präparat, das Stillende nehmen dürfen. Allerdings ist Vorsicht geboten. Man soll sich immer vom Arzt beraten lassen“, so die Fachfrau.
Nicht nur im Beruf gibt Dr. Gao stillenden Müttern Beratung. Sie engagiert sich auch in gemeinnütziger Arbeit rund um das Thema Stillen. Aktiv nimmt sie an Veranstaltungen der La Leche Liga teil, wo sie Vorträge hält, Fragen beantwortet und stillende Mütter betreut. Stolz erzählte sie: „Es ist eine große Ehre für mich, dass ich einen Beitrag zur Förderung des Stillens leisten kann. Es macht mir auch Spaß.“