China aktuell – Wohin steuern die BRICS-Länder? Video
Das Gespräch führten die China.org.cn-Redakteure Felix Lehmann und Tian Siyue
Lehmann: Willkommen bei unserer heutigen Sendung. Vom 3. bis zum 5. September findet in Xiamen das BRICS-Treffen statt. Die Küstenstadt in der Provinz Fujian war ja schon immer eine bedeutende Stadt für den Handel, nicht wahr?
Tian: Das stimmt, und 1980 wurde die berühmte Handelsstadt von dem früheren chinesischen Staatsoberhaupt Deng Xiaoping zu einer der ersten Sonderwirtschaftszonen des Landes aufgewertet.
Lehmann: Seitdem geht für die Stadt bergauf. Heute leben dort 3,9 Millionen Menschen. Übrigens war Chinas Staatspräsident Xi Jinping von 1999 bis 2002 Gouverneur der Provinz Fujian, zu der auch Xiamen gehört. Vorher war er in Xiamen Vizebürgermeister. Aber zurück zum Thema: Worum geht es eigentlich bei dem Treffen?
Tian: Die Abkürzung BRICS steht für Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Seit 2009 treffen sich diese Länder, um wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit zu koordinieren. Diese Treffen bilden ein wichtiges Forum für aufstrebende Schwellenländer. BRICS machten im Jahr 2016 laut Weltbank mehr als 22 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung aus, das ist ungefähr doppelt so viel wie im Vergleich zu 2006. Das hohe Wachstum macht diese Staaten zu wichtigen Akteuren in der Weltwirtschaftspolitik.
Lehmann: Stimmt, ohne sie geht nämlich fast nichts mehr auf den Weltmärkten. In China wuchs die Wirtschaft im ersten Halbjahr laut dem chinesischen Statistikbüro um 6,9 Prozent und hat die Prognose der Regierung sogar noch übertroffen. Und das chinesische Wachstum wirkt sich auch auf andere Länder im asiatisch-pazifischen Raum positiv aus. Doch wenn die amerikanische Regierung unter Donald Trump China weiter mit Sanktionen droht, schadet dies am Ende natürlich allen.
Tian: Wie sieht es eigentlich mit Chinas Nachbarn Indien aus? Wo steht die indische Wirtschaft?
Lehmann: Indien ist mittlerweile eine der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt und belegt den siebten Platz unter den Ländern mit dem höchsten Bruttoinlandsprodukt. Zwischen 2005 und 2015 wuchs das Bruttoinlandsprodukt um knapp 8,4 Prozent, wie die Weltbank ermittelte. China und Indien haben gemeinsam, dass es beide Länder trotz einer hohen Bevölkerung geschafft haben, ein beachtliches Wirtschaftswachstum zu erzielen. Der IWF schätzt, dass Indien in diesem Jahr mit 7,2 Prozent das am schnellsten wachsende BRICS-Land sein wird, gefolgt von China mit einem voraussichtlichen Wachstum von 6,5 Prozent. Doch es gab vor Kurzem auch Spannungen zwischen Indien und China. Was war denn da los?
Tian: Indien hat seine Truppen auf chinesisches Territorium in der Grenzregion Dong Lang (Doklam) entsandt. Das indische Außenministerium hat aber am Montag durch die Medien bekanntgegeben, seine Truppen aus dieser Region abzuziehen.
Lehmann: Ja. Scheinbar weiß die indische Seite auch wie wichtig es ist, die Konflikte unter Kontrolle zu bekommen. Aber schauen wir uns nun ein anderes Land an: In Brasilien kriselt es ein wenig.
Tian: Der amtierende Präsident Michel Temer, seine Vorgängerin Dilma Rousseff und deren Vorgänger Lula da Silva stehen wegen Korruptionsvorwürfen in der Kritik. Trotzdem sind 2017 Anzeichen zu erkennen, dass sich die brasilianische Wirtschaft von der schweren Krise seit Mitte 2014 allmählich wieder erholt. Wie steht es um Russland und Südafrika?
Lehmann: Russland hat mit den europäischen Sanktionen zu kämpfen und ist gleichzeitig noch in den Krieg in Syrien verwickelt. Doch die russische Wirtschaft wächst wieder in diesem Jahr, wenn auch gering. In Südafrika ist die Lage komplizierter: Die Währung steckt in der Krise und im Frühjahr stuften die Ratingagenturen die Bonität des Landes herab.
Tian: Das Bild ist also wenig einheitlich. Was haben die BRICS-Länder denn bisher erreicht?
Lehmann: Beim letzten Treffen 2016 im indischen Goa einigten sich die Länder auf engere wirtschaftliche und technische Kooperation. Aber die soll nicht nur den Mitgliedsländern zugute kommen, sondern auch Ländern wie Bangladesch, Myanmar, Sri Lanka, Bhutan und Nepal, die ebenfalls zu dem Treffen geladen wurden. Das ist der "BRICS-Plus"-Ansatz, der von Chinas Außenminister Wang Yi vorgestellt wurde.
Tian: Es geht also um mehr Abstimmung unter den Schwellenländern. Dieses Jahr stehen auch andere Themen auf dem Programm, zum Beispiel der Kampf gegen den Terror, Global Governance und finanzielle Zusammenarbeit. Das wichtigste Thema ist sicherlich der Kampf gegen den Protektionismus. Auf dem Treffen der BRICS-Handelsminister Anfang August dieses Jahres hat Zhong Shan, Handelsminister von China, schon mal den Tonfall vorgegeben: Protektionismus, wie er zurzeit leider von manchen Staaten praktiziert wird, soll entschieden bekämpft werden.
Lehmann: Denn letztlich führt ja nur mehr Handel zu mehr Wohlstand.
Tian: Das haben die BRICS-Länder auch verstanden und sich darauf geeinigt, den Handel untereinander auszuweiten.
Lehmann: Das klingt ja auch vernünftig, wenn man bedenkt, dass Donald Trump immer wieder neue Maßnahmen gegen China ergreift. Durch Strafzölle und Importbeschränkungen landen die USA letztlich auf der Verliererstraße. In Deutschland sieht man das anders: Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, eine Rückkehr in die Welt vor der Zeit der Globalisierung sei unmöglich. Abschottung, Protektionismus und Nationalismus würden am Ende niemandem helfen.
Tian: Hoffen wir, dass die BRICS-Länder die richtigen Weichenstellungen vornehmen. Fürs Erste müssen die Schwellenländer Geschlossenheit zeigen und enger zusammenarbeiten. Denn in der globalisierten Welt ist man nur zusammen stark, also erwarten wir gute Nachrichten!
Lehmann: Vielen Dank fürs Zuschauen. Bis zum nächsten Mal auf China.org.cn.