Der Mythos des „Made in Germany“ verblasst

19.10.2017

„Ebenso wie japanische Firmen genießen auch deutsche Unternehmen einen guten Ruf in der Welt: gründlich, effizient, verlässlich und qualitätsbewusst – mit all diesen Worten werden sie oft beschrieben. Jedoch stimmen diese Vorstellungen mit der Realität nicht immer überein.“ So heißt es in einem Kommentar eines Fremdsprachenkorrespondenten der chinesischen Tageszeitung Global Times in Deutschland unter dem Psydonymen „Qingmu“.



Die Baustelle des neuen Berliner Flughafens


Als ein Beispiel wurde vor allem der viel gespottete neue Berliner Flughafen genannt. „Der neue Berliner Flughafen, für ein Aufkommen von etwa 27 Millionen Passagieren angelegt, wurde einst von offizieller Seite in Deutschland als neues Image-Projekt betrachtet“, erklärte der Autor.


Er berichtet, bei der Grundsteinlegung für den neuen Flughafen im Jahr 2006 sei die Eröffnung bis Oktober 2011 anvisiert worden. Damals seien auch die Mitglieder des Vereins der ausländischen Presse in Deutschland zu einer Tour durch den neuen Flughafen eingeladen worden, wobei das führende Management detaillierte Erklärungen zu der hochwertigen Ausstattung des Flughafens – Einrichtung „Made in Germany“– abgab, verrät der Kommentator. „Doch was darauf folgte, war eine scheinbar endlose ‚Aufschub-Seifenoper‘. Eine Reihe von qualitativen Mängeln wurden dabei aufgedeckt, wie z.B. Leitungen, deren Verlegung nicht mit den Sicherheitsstandards vereinbar war, oder einem unzureichenden Kühlsystem“, so der Artikel.


Dem „Qingmu“ zufolge besuchte vor kurzem ein Kollege von ihm wieder einmal den neuen Flughafen. Dieser war immer noch eine Baustelle, obwohl der Pressesprecher des neuen Flughafens dessen baldige Eröffnung verkündet hatte. „Auf dem Boden wächst mittlerweile überall Unkraut, die Wände sehen bereits alt aus. Das Gebäude wirkt wie eine Geisterstadt“, so der Reporter der Global Times. „Da verwundert es nicht, wenn die deutsche BILD-Zeitung lamentiert, dass es vor elf Jahren, zum Zeitpunkt der Grundsteinlegung des Berliner Flughafens, in China 140 Flughäfen gab, in der Zwischenzeit dort jedoch 60 weitere gebaut wurden“, heißt es in dem Text.


Die Affäre um manipulierte Abgaswerte bei Volkswagen gehöre für deutsche Unternehmen zu den schlimmsten Skandalen der vergangenen Jahre, so der Autor weiter. Nach diesen Ereignissen sollen viele Deutsche dem „Global Times“-Reporter gegenüber erklärt haben, dass sie keine Fahrzeuge von VW mehr kaufen wollten, oder sogar allgemein beim Kauf von deutschen Autos vorsichtig wären. Ein im Wolfsburger Sitz von VW arbeitender Ingenieur soll der „Global Times“ gesagt haben, dass in der Vergangenheit das Hauptbestreben deutscher Unternehmen in der ständigen Verbesserung der Qualität gelegen sei, während heute vor allem großformatige Internationalisierung und Profitabilität im Vordergrund stünden. Die Unternehmen würden zu wenig in Forschung und Entwicklung investieren. Die Skandale, in welche sich VW und andere deutsche Unternehmen verwickelt haben, hätten in diesem Umstand ihren zwangsläufigen Ursprung. So tische „Made in Germany“ mittlerweile nur noch alte Errungeschaften auf und verkaufe sich durch seinen alten Ruf.


Zuhause hat der Kommentator viele „Made in Germany“-Produkte, wie etwa eine Spülmaschine von Siemens, etc. Doch er hat den Eindruck, dass diese nicht sonderlich besser als „Made in China“ oder „Made in Japan“ sind. Der Kundenservice sei sogar deutlich schlechter: sehr oft würden Telefonanrufe nicht beantwortet, bei Postsendungen müsse man zehn oder mehr Tage auf Rückmeldung warten.


Der Autor meint, das sinkende Image von „Made in Germany“ unter den Chinesen habe auch mit den Übertreibungen in der Vergangenheit zu tun. So hätten sich auch die Geschichten über das von den Deutschen erbaute Kanalisationssystem von Qingdao oder die Zhongshan-Eisenbrücke über den Gelben Fluss in Lanzhou letztendlich als Mythen erwiesen, heißt es im Artikel.

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Quelle: german.china.org.cn

Schlagworte: Made in Germany,Berliner Flughafen,VW, China