Reporter und Delegierte
Parteitag der KP Chinas zeigt mehr Offenheit und Transparenz
Die amerikanische Journalistin Sarah Wendt war überrascht, auf dem laufenden Parteitag in Beijing eine medien-freundliche Umgebung vorzufinden. Sie steht im Gegensatz zur wahrgenommenen "medien-feindlichen" Atmosphäre in ihrer Heimat Washington D.C.
Delegierten-Passage des 19. Parteitags der KP Chinas
Donnerstag war der zweite Tag des 19. Parteitags der Kommunistischen Partei Chinas. Wendt und ihre Kollegen sind früh an der Großen Halle des Volkes angekommen. Die Halle überblickt den Tian'anmen-Platz im Herzen Beijings.
Bereits zum zweiten Mal an zwei aufeinander folgenden Tagen traf sich eine Gruppe von 20 Delegierten mit der Presse an der "Delegierten-Passage" der Halle. Sie beantworteten Fragen interessierter Reporter.
"Es gibt freien Zugang und Offenheit auf dem Parteitag. In den Vereinigten Staaten hingegen ist die Regierung verschlossen. Sie wollen keine Medienaufmerksamkeit oder Kritik", sagte sie.
"Die Delegierten-Passage ist ein guter Weg, vorab Interviews mit den Delegierten zu führen, bevor man zu längeren Diskussionen übergeht", sagte Wendt.
Die Delegierten-Passage ist eine neue Einrichtung des 19. Parteitags der KP Chinas. Sie beruht auf Erfahrungen der jährlichen Tagungen des Nationalen Volkskongresses der vergangenen Jahre. Dabei treffen sich Minister mit der Presse, um Fragen zu beantworten.
Etwa 2300 Delegierte haben sich zum Parteitag der KP Chinas versammelt. Er findet alle fünf Jahre statt. Die Zahl der Journalisten, die über das überaus wichtige politische Ereignis berichtet, ist sogar noch größer. Es sind mehr als 3000.
"Das Ziel ist es, den Delegierten mehr Gelegenheiten zu bieten, mit den Medien zusammenzutreffen", sagte Zhang Qiang. Er ist stellvertretender Direktor des Pressezentrums.
Es wird erwartet, dass insgesamt 70 Delegierte Interviews in der Passage führen werden. Ihre Treffen mit Reportern werden vom staatlichen Fernsehen und verschiedenen Internetportalen live übertragen.
Am Donnerstag wurden unter anderem Geschichtsforscher der KP Chinas, Piloten von Flugzeugträgern, Computeringenieure, Lehrer, Reinigungskräfte, Landwirte und Anti-Korruptions-Beamte interviewt.
Die Themen umfassten Parteiführung, Umweltschutz, wissenschaftliche Innovation und persönliche Geschichten von Basisdelegierten.
Ling Jiefang ist Schriftsteller und Fünffach-Delegierter des Parteitags. Er warnte vor Nachlässigkeit im Kampf gegen Korruption.
"Wenn wir in der Geschichte Chinas zurückblicken, hat es nie eine vergleichbar große Anstrengung im Kampf gegen Korruption gegeben, wie wir sie in den zurückliegenden Jahren sehen. Es hat nie einen von der KP Chinas geführten Krieg gegen Korruption gegeben, wie wir ihn jetzt haben", sagte Ling. Er kommt aus der Provinz Henan.
"Der Kongressbericht besagt, der Kampf gegen die Korruption dürfe niemals nachlassen. Wenn es Nachlässigkeit in den Anstrengungen gibt, kann die Korruption zurückkehren. Das hätte negative Folgen", sagte er.
Neben der Passage finden Pressekonferenzen und offene Diskussionen in Delegationen mit den Reportern statt. Seit Donnerstag werden Pressekonferenzen im Pressezentrum abgehalten.
"Der Parteitag ist offener und transparenter geworden. Dies zeigt die wachsende Zuversicht der regierenden Partei eines großen Landes wie China", sagte Dong Guanpeng. Er ist Direktor des Instituts für Medien und Öffentlichkeitsarbeit an der Universität für Kommunikation Chinas.