Das chinesische Gesundheitswesen kann kaum mit der alternden Gesellschaft mithalten, viele Betrüger nutzen das schamlos aus.

In den letzten Tagen macht eine Meldung die Runde, die nachdenklich stimmt: In Sichuan hat ein 73-jähriger trotz schwerer Krankheit professionelle medizinische Behandlung abgelehnt, weil er von Heilmitteln überzeugt war, die ihm Verkaufsvertreter regelmäßig an der Tür verkauft hatten. Nach seinem Tod hat man in der Wohnung kistenweise fragwürdige Heilmittel gefunden.

Bei schwerer Krankheit nicht ins Krankenhaus, sondern auf irgendwelche Mittelchen schwören, wie kommt es dazu? Hersteller von sogenannten alternativen Heilmitteln haben alle eine ähnliche Masche: Unter dem Deckmantel „medizinischer Aufklärung” werden vor allem älteren Menschen die angeblichen Wunderwirkungen irgendwelcher Mittelchen angepriesen. Solche Betrugsversuche gibt es immer häufiger, deswegen fordern immer mehr Leute: Der betrügerische Verkauf von angeblichen Heilmitteln und medizinischen Geräten oder andere Betrügereien müssen strenger geahndet werden, es muss eine behördliche Informationsplattform und mehr gesundheitliche Aufklärung geben, damit ältere Menschen nicht auf Pseudowissenschaften und Pseudomedizin reinfallen.

Warum ist das Krankenhaus für einige ältere Menschen nicht die erste Wahl? Die Antwort ist wahrscheinlich nicht so einfach. Unter Senioren sind verschiedene Krankheiten verbreitet, 80 bis 90 Prozent haben ein erhöhtes Risiko für Bluthochdruck, Diabetes und Gefäßerkrankungen, viele leiden auch an Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Gliederschmerzen und anderen weniger schweren Krankheiten, die sie durch die Einnahme von Medikamenten in den Griff kriegen wollen. Der Weg zum Arzt, die Untersuchung, verschriebene Medikamente – das hilft, aber nach einer Zeit kehren Beschwerden oft wieder. Die eigenen Kinder wollen irgendwann nichts mehr von den Beschwerden hören, auch der Arzt verliert irgendwann die Geduld. Verkaufsvertreter für Heilmittel und medizinische Geräte haben dieses „Aufmerksamkeitsdefizit” für sich entdeckt, sie hören zu und vermitteln ein Gefühl von Vertrauenswürdigkeit.

Im chinesischen Gesundheitswesen hat es im letzten Jahr 7,9 Milliarden Behandlungen gegeben. Diese enorme Anzahl bedeutet, dass jede Behandlung nicht besonders lange dauern kann. Manche Ärzte heben nicht mal den Blick, für wenige Minuten mit dem Arzt muss man oft stundenlang anstehen. Im letzten Jahr ist der ältere Teil der Bevölkerung auf über 230 Millionen gewachsen, ein Drittel davon ist gesund, die anderen zwei Drittel haben irgendwelche Beschwerden. Die Lebenserwartung wird zwar immer höher, aber der Bedarf an medizinischer Betreuung und Behandlung im gehobenen Alter wächst auch immer weiter. Untersuchungen zeigen, dass Senioren etwa drei bis fünfmal so viel medizinische Versorgung benötigen wie Jugendliche und so die größte Gruppe im Gesundheitswesen ausmachen. Das chinesische Gesundheitswesen hält mit der alternden Bevölkerung allerdings nicht mit, der Bedarf an medizinischer Versorgung ist überhaupt nicht gedeckt, was die Gesellschaft im Moment vor große Herausforderungen stellt.

„Ein Arzt für jede Krankheit“, „Behandlung für alle Senioren”– das sind große Zielvorgaben des 19. Parteitags, damit alle bis ins hohe Alter zufrieden sind. Oberste Priorität haben Maßnahmen, die Lücken in der Gesundheitsversorgung von Senioren schließen. Die häufigsten Beschwerden bei Senioren sind altersbedingt – Vorbeugung, Behandlung und Pflege sollten allerdings nicht nur auf die Beschwerden selbst abzielen, sondern interdisziplinär sein und verschiedene Aspekte berücksichtigen, unter anderem Physiologie, Psychologie und die Lebensumstände der Patienten. Das bedeutet, dass Reformen verschiedene Bereiche der Gesundheitsversorgung integrieren müssen; die Behandlung muss umfassender werden; es müssen mehr Ressourcen für die Versorgung von Senioren zur Verfügung gestellt werden. Es muss eine behördliche Informationsplattform geben; ein interdisziplinäres Gesundheitswesen aufgebaut; entsprechende Versicherungen und Leistungen eingeführt werden; Allgemeinmediziner und Hausärzte, denen ältere Menschen vertrauen.

Jeder wird irgendwann alt. Eine alternde Gesellschaft muss sich entsprechend reformieren und vorbereiten. Der 19. Parteitag hat entsprechende Zielvorgaben definiert, um die Gesundheitsversorgung von Senioren zu verbessern. Die Familie, Kinder, die ganze Gesellschaft muss daran mitwirken, für Senioren sorgen, Reformen vorantreiben und so allen einen angenehmen Lebensabend ermöglichen.