Rote Umschläge – eine Festtagstradition im Wandel der Zeit

07.02.2018

Ob Hochzeit, Geburtstagsfeier oder Neujahrsfest – zu feierlichen Anlässen bekommen Kinder und junge Erwachsene in China rote Umschläge, auf Chinesisch: 红包 (Hóngbāo), geschenkt. Die rote Farbe steht für Glück und Wohlstand. Wer also einen Umschlag in die Hand gedrückt bekommt, darf sich glücklich schätzen, darin steckt nämlich Geld.

Wie viel Geld, das weiß der Empfänger nicht genau, denn direkt hineinzuschauen, das Geld gar vor den Augen des Überbringers zu zählen, ist unhöflich. Auf jeden Fall sollte man das flache Päckchen mit beiden Händen annehmen und sich brav bedanken. Doch auch beim Befüllen der Umschläge gibt es einige Regeln zu beachten.

Üblicherweise werden druckfrische Banknoten verschenkt. Abgegriffene Scheine oder Münzen gelten als schlechter Stil. So sieht man vor wichtigen Feiertagen lange Schlangen vor den Banken. Die Leute wollen ihre alten Scheine gegen neue Yuan Noten eintauschen. Doch welcher Geldbetrag pro Umschlag ist eigentlich angemessen?

Vermeiden sollte man alle Beträge mit der Ziffer Vier. Die Vier, auf Chinesisch 四 (sì) klingt nämlich ähnlich wie 死 (sǐ) zu Deutsch: „Tod". Und so eine düstere Assoziation möchte man zu fröhlichen Feiertagen natürlich nicht heraufbeschwören. Gut dagegen sind Beträge mit einer Acht, 80 oder 800 Yuan RMB. Die Acht bringt in China traditionell Glück. Liebende schenken sich auch gerne 520 Yuan RMB, denn Fünf, Zwei, Null, das klingt auf Chinesisch ein bisschen wie „wǒ ài nǐ" – „Ich liebe dich".

Nun geht in China schon seit einigen Jahren der Trend zum elektronischen Bezahlen. Apps wie WeChat und Alipay haben das Bargeld so gut wie überflüssig gemacht. Ob im Supermarkt, Restaurant oder Taxi. Der Geldtransfer wird über die App abgewickelt. Und wie hat sich das auf die traditionellen roten Umschläge ausgewirkt?

Seit 2014 kann man auch mit WeChat Hongbaos verschicken, die App Alipay zog kurz darauf nach. Anstatt von einer Hand in die andere, wandert der rote Umschlag auf diese Weise von einem Handydisplay aufs andere. So virtuell die Versandart, so real ist das Geld – das landet auf dem Konto des Beschenkten. Allein während des chinesischen Neujahrsfests 2017 verschickten die Nutzer 46 Milliarden digitale Hongbaos an Freunde, Bekannte und Verwandte über WeChat. Der Empfänger hat 24 Stunden Zeit, um ihn anzuklicken und somit zu öffnen, sonst verfällt er. Schneller muss man sein, wenn ein roter Umschlag in einem Gruppenchat auftaucht. Dann heißt es „Schnapp dir den Hongbao", denn der Geldbetrag im roten Päckchen wird zu ungleichen Teilen unter denen aufgeteilt, die am schnellsten draufklicken. Viel Gewinn macht man damit übrigens nicht. Denn zumindest unter Freunden werden die, die sich einen Hongbao geschnappt haben, recht bald ihrerseits einen neuen roten Umschlag an die Gruppe schicken... und der Wettlauf beginnt von vorne.

So hat sich das Verschenken von roten Umschlägen in den letzten Jahren nicht nur digitalisiert, sondern auch zu einer spaßigen Methode entwickelt, seine Freunde das ganze Jahr über mit kleinen Aufmerksamkeiten zu bedenken. Den roten Umschlag zum Anfassen wird der digitale Hongbao jedoch nicht komplett verdrängen können. Viele Chinesen sind sich einig: Viel zu schön ist die Tradition, hübsche Umschläge im Laden auszusuchen, sie zu füllen und eigenhändig zu überreichen.

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Quelle: CRI

Schlagworte: Rote Umschläge,Tradition