„Alles hängt von der Erreichbarkeit und den Kosten ab“ Exklusiv

25.02.2018

Von Elke Lütke-Entrup, Beijing


Während es noch vor zwei Jahrzehnten in China nur einige tausend Skifahrer gab, wächst derzeit die Beliebtheit des Wintersports im Reich der Mitte rasant. Laut Angaben der chinesischen Tourismusakademie soll sich die Zahl von heute 170 Millionen chinesischen Wintertouristen bis zum Jahr 2022 auf 340 Millionen verdoppelt haben. In den nächsten vier Jahren sollen Hunderte neuer Skipisten und Eislaufplätze gebaut werden. Josef Strobl (43), von allen nur liebevoll „Pepi“ genannt, ehemaliger österreichischer Skirennläufer und siebenfacher Weltcupsieger, investiert in die Rennläuferausbildung in China. China.org.cn hat mit ihm gesprochen.


Pepi Strobl 

 

China.org.cn: Herr Strobl, warum investieren Sie gerade in China und nicht ein einem anderen Land?

Pepi Strobl: In China steckte der Ski- beziehungsweise Wintersport lange Jahre in den Kinderschuhen, doch diese Zeit ist seit einigen Jahren vorbei. Jetzt fängt er an zu boomen. Wir haben uns Zukunftsmärkte angesehen und dabei China als obersten Wachstumsmarkt – noch vor anderen Wachstumsmärkten wie Kasachstan und Georgien – ausgewählt. Durch die Olympischen Winterspiele in Beijing im Jahr 2022 wird der Wintersport in China einen zusätzlichen Schub erhalten.


Wie haben sich der Wintersport in China und die Skiorte in den vergangenen Jahren entwickelt?

Die Hardware, also Skilifte, die Präparation der Skipisten und die Hotels sind in den Skiorten, die ich besucht habe, bereits auf westlichem Standard. Dazu gehören zum Beispiel das Wanlong Ski Resort, das Genting Resort Secret Garden und das Duolemeidi Ski Resort in Chongli in Zhangjiakou in der Provinz Hebei und das Wanke Songua Lake Resort in der Provinz Jilin. Allerdings reicht die Software, also das Wissen, noch nicht aus, um die Skigebiete gewinnbringend und zielorientiert zu betreiben. Die Entwicklung in Gebieten mit großen Investoren im Hintergrund ist enorm. Den Herausforderungen, denen die chinesischen Skigebietsbetreiber derzeit gegenüberstehen, standen wir in den 1980er Jahren in den Alpen auch gegenüber: Die kompletten Serviceeinrichtungen müssen noch ausgebaut, beziehungsweise modernisiert werden, Mitarbeiter geschult und der Skiservice aufgebaut oder verbessert werden. Auch in den Bereichen Sicherheit und Rettungsmanagement fehlen derzeit fachkundige Mitarbeiter, und es gibt nur wenige Ski- und Snowboardlehrer mit gefestigtem Fahrkönnen.


Eine präparierte Skipist in Chongli


Wie unterscheidet sich die Rennläuferausbildung in China von der in Österreich?

Es gibt noch keine funktionierende Skirennläuferausbildung in China, weil der Sport bisher ein Schattendasein führte und nicht von klein auf gefördert wurde. Es braucht Talentsichtungen und Schulungen ab einem Alter von zirka sieben bis acht Jahren. Die besten Rennläufer kommen in die Kaderschmiede. So ein System ist in China noch nicht vorhanden. Es gibt bis dato noch kein Auswahlverfahren beziehungsweise eine Struktur wie Vereine, Bezirkskader, Landeskader und Nationalkader, weil es noch zu wenige ambitionierte Rennläufer gibt, der Rennlauf für den Durchschnittsverdiener unerschwinglich ist und der Kauf der teuren Rennlaufausrüstung nicht finanziell gefördert wird. Es gibt zwar Rennläufer aus der Oberschicht, allerdings haben diese nicht den gleichen Ehrgeiz und den Erfolgswillen wie Rennläufer aus der Unterschicht, die unbedingt den Erfolg wollen und den Sport nicht nur zum Zeitvertreib ausüben. Es gibt meines Wissens auch keine Schulen, in welchen der alpine sowie der nordische Rennsport gezielt gefördert werden.

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Quelle: german.china.org.cn

Schlagworte: Pepi Strobl,China,Wintersport,Olympia